Shannara VIII
sich neben Ahren nieder und lehnte sich an die Reling. »Schön, dass wir dich wieder bei uns haben. Ich hatte schon befürchtet, wir hätten dich verloren.«
»Das habe ich ebenfalls befürchtet. Mehr als einmal.«
»Du hast wirklich Glück gehabt. Wenn Hunter Predd dich nicht im richtigen Moment entdeckt hätte… Ich habe die Geschichte gehört. Wie du das alles geschafft hast. Ich hätte das bestimmt nicht hinbekommen. So weit zu fliegen, ohne Essen und ohne auszuruhen.«
Ahren Elessedil lächelte schwach und traurig. »Wenn man nur genug Angst hat, schafft man alles.«
Daraufhin verfielen sie in Schweigen, saßen Schulter an Schulter da und starrten über die gesamte Länge des Luftschiffs hinweg in die vorbeihuschenden Wolken- und Nebelfetzen. Die feuchte Luft roch nach Meer. Redden Alt Mer und die Fahrenden hatten die Reparaturen an der Jerle Shannara gestern Nacht unterbrochen, hatten die geborgenen Diapsonkristalle installiert und waren beim ersten Licht gestartet. Der Kapitän wusste, dass der Morgawr Kontrolle über die Würger ausübte, welche die Küstenregion von Parkasia bevölkerten, und er befürchtete, die Vögel, welche Ahren angegriffen hatten, könnten den Zauberer alarmieren und ihn zur Jerle Shannara führen. Eigentlich hätte das Luftschiff einen weiteren Tag Arbeit gebraucht, doch das Risiko, länger am Boden zu bleiben, wurde zu groß. Niemand widersprach seiner Entscheidung. Die Erinnerungen an den Crake-Regenwald waren bei allen noch frisch.
In der Pilotenkanzel stand Spanner Frew am Ruder und betätigte die Steuerhebel. Hin und wieder rief er einem der Fahrenden auf Deck Befehle zu, und dann übertönte seine dröhnende Stimme das Knarren der Takelage. Viele waren nicht geblieben, denen man etwas zurufen konnte, dachte Bek. Im Kopf zählte er sie ab. Zehn, er selbst eingeschlossen. Zwölf, wenn man die Flugreiter dazunahm. Zwölf waren von den über dreißig Mann geblieben, mit denen sie vor Monaten aufgebrochen waren. Nur zwölf.
Nein, berichtigte er sich, dreizehn. Wenn man Grianne mitrechnete. Die Glückszahl dreizehn.
»Wie geht es deiner Schwester?«, erkundigte sich Ahren, als hätte er Beks Gedanken gelesen.
»Ihr Zustand ist unverändert. Sie spricht nicht, sieht mich nicht, reagiert nicht, isst und trinkt nicht. Sie sitzt einfach nur da und starrt ins Leere.« Er sah den Elfen an. »Außer einmal vor zwei Nächten. In der Nacht, in der du gerettet wurdest, hat sie Quentin geheilt.«
Er erzählte Ahren die Geschichte so ausführlich wie bereits allen übrigen, und war sich dabei durchaus über eins im Klaren: Dadurch wollte er sowohl bei sich selbst als auch bei den anderen die Hoffnung wecken, dass sich Grianne erholen und dann nicht mehr die Ilse-Hexe sein würde. Sicherlich bestand in dieser Hinsicht keine sehr große Hoffnung, doch brauchte er einfach den Glauben, dass sich all die Verluste und das Leid am Ende gelohnt hatten. Ahren hörte ihm aufmerksam zu, sein junges Gesicht war ausdruckslos, nur seine Augen verrieten, wie abwesend er war, da er über etwas anderes nachdachte.
Nachdem Bek zum Ende gekommen war, sagte er leise: »Wenigstens hast du außer dir selbst noch jemanden retten können. Mir ist nicht einmal das gelungen.«
Bek kannte die Geschichte seiner Flucht von der Schwarzen Moclips. Hunter Predd hatte sie ihm erzählt. Daher wusste er, worauf der Elf anspielte.
»Was hättest du denn tun sollen?«, fragte Bek und suchte nach Worten, mit denen er die Schuldgefühle des Elfenprinzen abschwächen konnte. »Sie hatte längst den Entschluss gefasst, dort zu bleiben. Daran konntest du nichts mehr ändern.«
»Vielleicht. Ich wünschte, so wäre es gewesen. Ich wollte unbedingt fliehen, nur fort von diesem Schiff, und ich habe nicht einmal versucht, sie zum Mitkommen zu bewegen.«
Bek scharrte mit dem Stiefel über das Holz des Decks. »Also, man weiß es ja nicht. Vielleicht ist sie ebenfalls geflohen. Möglicherweise hat sie genau das getan, was sie gesagt hat. Die Flugreiter halten nach ihr Ausschau. Du darfst noch nicht aufgeben.«
Ahren starrte in die Ferne. »Sie werden sie nicht finden, Bek. Ryer Ord Star ist tot. Gestern Nacht habe ich es gespürt. Ich bin ohne Grund wachgeworden, und da wusste ich es einfach. Als sie mich fortgeschickt hat, wusste sie, was geschehen würde, aber sie wollte es mir nicht sagen, weil ich dann nicht geflogen wäre. Sie hatte Walker versprochen, dort zu bleiben, und sie wollte ihr Wort
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