SHANNICE STARR (German Edition)
halte – und weshalb .« Ein wenig gemäßigter fügte er hinzu: »Haben sich Ihre Anstrengungen wenigstens gelohnt?« Es klang nicht nach einer Frage, hinter der wirkliches Interesse steckte. Allenfalls war es der bemühte Versuch, Konversation zu betreiben.
»Das können Sie so und so sehen«, ächzte Montana. »Etwas Konkretes bekommen Sie aus dem Reverend nicht raus. Der Mann ist genauso vieldeutig wie das Wort Gottes.«
»Ich verstehe«, meinte Ambrose Stevenson. »Ich rate Ihnen – was auch immer Sie vorhaben sollten –, Ihre Pläne in eine weite Zukunft zu verschieben. Am besten reden Sie noch nicht einmal, denn das kann schon zu anstrengend für Sie sein. Außerdem sitzt unser Sheriff den Halunken im Nacken. Kein Grund also, irgendetwas zu überstürzen.«
Rick Montana rollte sich im Bett von einer Seite auf die andere, sodass er nun dem Doktor direkt ins Gesicht sehen konnte.
»Zerbrechen Sie sich nicht meinen Kopf! Ich schnappe mir das Lumpengesindel, das die Postkutsche ausgeraubt und drei Menschen getötet hat. Und wenn ich dazu aus der Hölle auferstehen müsste …!« In seine Augen war ein loderndes, hasserfülltes Glitzern getreten.
»Das werden Sie auch müssen«, erwiderte Stevenson trocken, »dafür kann ich Ihnen Brief und Siegel ausstellen. Überlegen Sie gut, wie Sie sich entscheiden, Mister Montana. In einigen Fällen kann auch ich nicht mehr helfen …«
Der Arzt wandte sich zum Gehen, um seinem Patienten die dringend erforderliche Ruhe zu gönnen.
Rick Montana schloss die Augen. Ruhe aber fand er nicht. In seinem Kopf stiegen finstere Gedankenbilder auf. Sie handelten von Gewalt, Blut und Tod!
Der Säbel stach gleich einer Lanze vor; der Tunnel war an dieser Stelle zu schmal und zu niedrig, um auszuholen. Und Shannice hatte geahnt, was geschehen würde. Sie warf sich zur Seite gegen die Stollenwand, ließ den Kerl ins Leere laufen und verpasste ihm einen wenig kraftvollen Tritt in den Rücken. Der Schwarzgewandete fing seinen Schwung ab und schlug mit der Rechten nach Shannice. Krachend landete sein Handrücken am Kinn der Cheyenne. Und schon stieß er wieder vor, sodass die Klingenspitze Funken sprühend gegen den Fels stach und daran abglitt. Alle Kraft legte Shannice in ihren nächsten Schlag und rammte ihrem Gegner die geballte Faust in die Rippen. Gleichzeitig tauchte sie unter seinem Säbelarm hinweg und war nun wieder auf der Seite des Gangs, die zurück ins Labyrinth führte. Einen Schuss abzugeben wagte sie nicht, da sie einen Querschläger fürchtete und den Angreifer, der immer in Bewegung schien, nicht vor die Mündung bekam.
Ich komme nicht an ihm vorbei!, hetzten sich Shannices Gedanken. Es bleibt nur ein Ausweg, bevor er mich tatsächlich noch mit seiner Klinge erwischt …
»Jetzt lernst du Slaine, den Schlächter kennen«, prophezeite der Mann mit der Maske düster. Er verharrte vor Shannice, bereit, im Bruchteil eines Augenblicks zu reagieren und erneut zuzustoßen. Fast gegen ihren Willen drückte die Indianerin ab, sah noch, wie ihr Gegenüber mit nahezu übermenschlicher Geschwindigkeit der Kugel auswich und in derselben Bewegung vorstürzte.
Mit einem leisen Aufschrei sprang Shannice nach hinten, schoss aufs Neue und hörte lediglich das Sirren der Kugel, die wirkungslos über ihren Gegner hinwegpfiff. Dafür zischte die Säbelklinge heran und stieß seitlich durch ihren Mantel. Reflexartig warf sich Shannice mit ihrem ganzen Gewicht auf die Hiebwaffe, schlug sie zu Boden und riss auch den Schwarzgekleideten mit sich. Der versuchte seinen Sturz zu kontrollieren und in eine Seitwärtsrolle zu verwandeln, konnte allerdings nicht mehr verhindern, dass der Griff von Shannices Remington wuchtig gegen seine Stirn krachte. Benommen fiel Slaine gegen die Tunnelwand. Shannice stieß sich von ihm ab, gewann einen Meter Abstand und flüchtete den Stollen in jene Richtung entlang, aus der sie gekommen war. Sie blickte weder zurück, noch verschwendete sie einen Gedanken daran, dem Schlächter ein paar Kugeln zu verpassen. Ihr Instinkt trieb sie dazu, irgendwo Unterschlupf zu suchen. Für eine langwierige Auseinandersetzung fühlte sie sich einfach noch nicht stark genug.
Sekunden darauf dröhnte der vielfach als Echo widerhallende Wutschrei Slaines hinter ihr her. Doch da war Shannice schon untergetaucht.
Wie von Furien gehetzt war Shannice den Tunnelgang entlanggelaufen und fand sich schließlich an jener Gabelung wieder, von der drei
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