SHANNICE STARR (German Edition)
Konsequenzen, oder ich verlasse meinen Grund und Boden und stecke mir dabei noch harte Dollars in die Tasche. Wenn Gwendoline nicht wäre, wüsste ich genau, was ich täte.«
»Deine Frau und dein Sohn gehören zu dir. Du musst Gwen überzeugen, dass es für eure Zukunft das Beste ist, wenn ihr Etherwoods Angebot annehmt. Schlagt nicht die Hand aus, die euch zur Hilfe gereicht wird.«
»Ich weiß nicht mehr, was ich denken oder tun sollte. Aber ich werde mit Gwen reden. Noch einmal. Und noch zehnmal, wenn es erforderlich sein sollte. Letztendlich ist es ihre Entscheidung. Denn was auch geschehen sollte, ich werde sie niemals verlassen …«
Er stand auf, knöpfte sich den Mantel zu und ging zur Saloontür. Einmal noch drehte er sich um. Tiefe Traurigkeit stand in seinen Augen.
»Warum können diese Verbrecher uns das nur antun? Und warum schaut das Gesetz einfach darüber hinweg?«
Frank Gilliam öffnete die Schwingtüren und verschwand in der Kälte des jungen Morgens.
Shannice hatte genug gehört von ihrer Position aus am oberen Ende der Treppe. Auf ihren Wollsocken, die Stiefel in der Hand, schlich sie zurück zu ihrem Zimmer, dessen Tür sie nur aufgeschlossen und vom Flur her wieder zugezogen hatte, um den Anschein zu erwecken, sie hätte sich zurückgezogen. So leise es ging, drehte sie nun den Knauf und drückte die Tür nach innen. Ein verhaltenes Knarren ließ sich jedoch nicht verhindern. Nachdenklich legte Shannice sich aufs Bett und ließ den Inhalt des Gesprächs Revue passieren.
Darum ging es also: Erpressung und Mord! Der Schein dieser idyllischen Town trog gewaltig. Shannices Verstand arbeitete auf Hochtouren. Die Instinkte, die sie während ihrer ziellosen Wanderschaft als Ausgestoßene ausgeprägt hatte, wollten ihr gesamtes Denken überlagern. Da war zum einen diese harmlose Farmerfamilie, die von Unbekannten bedroht wurde. Zum anderen gab es einen Marshal, der die Hände in den Schoß legte und den Dingen ihren Lauf ließ. Mit ihm war wohl in dieser Situation nicht zu rechnen. Andererseits machte Shannice sich Gedanken über diesen Mayor mit Namen Etherwood. Wie passte er in das Ränkespiel? Was erhoffte er sich von dem Erwerb einer mehr oder minder wertlosen Farm? War es nur reine Gutmütigkeit, die diesen Mann veranlasst hatte, Frank ein mehr als großzügiges Angebot zu unterbreiten? Vielleicht hatte dessen Frau Gwendoline tatsächlich recht, und der Mayor spekulierte auf etwas ganz anderes. – Aber worauf?
Die Beantwortung dieser Frage würde alle weiteren Zweifel aus der Welt schaffen. Dessen war sie sich sicher. Es kam jetzt nur darauf an, die beteiligten Parteien einzugrenzen, ihre Motive zu ergründen und schließlich den einen Schuldigen festzunageln, der wie ein Puppenspieler die Marionetten dieses Dramas tanzen ließ.
Shannice hatte keine Eile. Der Weg, der vor ihr lag, war noch unbestimmt. Die Richtung, in die sie ihr Leben lenken wollte, offen. Hier bot sich vielleicht die Gelegenheit, ein wenig von dem Unrecht, das in der Welt herrschte, wieder gutzumachen. Shannices eigentliche Motivation lag in einer Grauzone, einem Bereich verirrter Gefühle und vager Vorstellungen.
Dass sie bei allem Grübeln erneut die Schläfrigkeit übermannte, war ihr nur recht.
Nachdem sie erneut erwachte und die erste Benommenheit abgeschüttelt hatte, zündete Shannice sich als erstes einen Zigarillo an. Ihr Hungergefühl hatte sich gelegt, und so würde sie das Frühstück ausfallen lassen. Wahrscheinlich war es auch schon zu spät dafür, eine Vermutung, die sich mit einem Blick auf die Standuhr im Saloon bestätigte. Mehr als drei Stunden waren seit der Unterhaltung zwischen Elliot und Frank vergangen. Hoch an der Zeit also, mit ihren privaten Nachforschungen zu beginnen.
»Immer noch hungrig, Ma’am?«
Das war der Barkeeper. Shannice blickte sah ihn an und stieß dabei genussvoll den Zigarilloqualm in seine Richtung aus.
»Hat sich erledigt. Ich komme aber am Abend wieder auf einen Teller Texas Stew herein.« Sie wandte sich zum Gehen und ließ Elliot mit leicht säuerlichem Gesicht zurück.
»Haben Sie eigentlich auch einen Namen, Miss?«
Das klang jetzt schon ein wenig provozierend. Shannice blieb vor der Tür stehen und blickte in die Runde. Ein halbes Dutzend Leute war anwesend. An einem Dreiertisch wurde gepokert, zwei weitere Männer lasen Zeitung, und ein ziemlich abgebrannt wirkender Typ saß allein mit einer Whiskyflasche und einem Glas in der hintersten Ecke
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