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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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er prahlte mit den Gebäuden, als hätte er sie selbst entworfen.
    »Na ja, jedenfalls die höchsten Gebäude von Bombay«, korrigierte ich ihn. »Von da oben hast du eine tolle Aussicht. Das Mittagessen findet im dreiundzwanzigsten Stock statt.«
    »Da … oben?«, fragte Karla vollkommen verstört.
    »Kein Problem, Miss Karla. Gehen wir das nicht hoch, das Gebäude mit unsere Füße. Fahren wir erste Klasse, hier mit diese sehr prima und viel ausgezeichnete Fahrstuhl.«
    Prabaker deutete auf den Lastenaufzug, der in einem gelben Stahlgerüst an der äußeren Hauswand angebracht war. Karla beobachtete, wie die mit Männern und Geräten vollgepackte Ladefläche an den dicken Kabeln ruckend und rasselnd nach oben verschwand.
    »Ach ja, toll«, sagte Karla. »Jetzt fühl ich mich prima.«
    »Fühl ich mich auch sehr viel prima, Miss Karla«, erwiderte Prabaker begeistert und zerrte sie am Ärmel zum Lastenaufzug. »Los, kommen Sie, Miss Karla, nehmen wir dies prima Aufzug nächste Mal. Sind das sehr viel schöne Häuser, ja?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwie sehen sie aus wie Denkmäler für irgendwas Totes«, murmelte sie mir zu, während wir ihm folgten. »Für irgendwas Unbeliebtes … den menschlichen Geist, zum Beispiel.«
    Die Arbeiter, die den Lastenaufzug bedienten, brüllten uns barsch Sicherheitsanweisungen zu. Mit einigen anderen Männern und Frauen stiegen wir auf die wackelige Plattform, auf der bereits ein mit Werkzeug und mehreren Dosen Nieten beladener Schubkarren stand. Der Fahrstuhlführer stieß zwei schrille Pfiffe mit seiner metallenen Trillerpfeife aus und legte den Hebel für die Generatoren um. Der Motor heulte auf, und die Plattform erbebte, worauf wir rasch die Haltegriffe an den senkrechten Trägern benutzten, und der Aufzug bewegte sich ächzend nach oben. Die Plattform war an den drei offenen Seiten nur von einer gelben Rohrstange auf Hüfthöhe umgeben. Nach wenigen Sekunden befanden wir uns fünfzig, achtzig, hundert Meter über dem Erdboden.
    »Wie gefällt’s dir?«, rief ich.
    »Ich sterbe vor Angst«, schrie Karla zurück, und ihre dunklen Augen leuchteten. »Es ist super!«
    »Hast du Höhenangst?«
    »Nur in der Höhe! Ich hoffe, du hast in diesem verdammten Restaurant reserviert! Warum ist das Essen überhaupt da oben? Sollten die das Gebäude nicht erst mal fertig bauen?«
    »Im Moment arbeiten sie ganz oben. Eigentlich dürfen die Arbeiter den Aufzug nicht benutzen, weil er für Schubkarren und Baumaterial und solchen Kram reserviert ist, aber der Aufstieg ist beschwerlich, dreißig Stockwerke, und zum Teil ist er auch schwierig. Deshalb bleiben viele Leute, die in den oberen Stockwerken arbeiten, gleich oben. Sie essen, arbeiten und schlafen da. Sie haben sogar Nutztiere und Kochgelegenheiten, alles, was sie brauchen. Ziegen für Milch, Hühner für Eier – und was fehlt, wird ihnen hochgeschickt. Es ist so was wie das Basislager der Bergsteiger, die den Mount Everest besteigen.«
    »Das Himmelsdorf!«, rief sie.
    »Genau.«
    Der Aufzug hielt im dreiundzwanzigsten Stock, und wir stolperten auf eine Betonfläche, aus der Stahlrohrlianen und Drahtbüschel sprossen wie metallenes Unkraut. Der Raum wirkte wie eine riesige Höhle. Säulen unterteilten ihn in regelmäßige Einheiten, und an der flachen Betondecke zogen sich Kabel wie Kriechpflanzen entlang. Alle glatten Flächen waren von einem dunklen Grau, was die Gestalten am anderen Ende des Raums, Tiere und Menschen, verblüffend lebendig wirken ließ. Um eine Säule herum war mit Korbgeflecht und Bambus ein Bereich abgezäunt, der als Stall genutzt wurde. Auf Streu aus Stroh und Sackleinen lagerten Ziegen, Hühner, Katzen und Hunde, die in den Essensresten und Abfällen im Stall nach Nahrung suchten. Um eine andere Säule herum waren die zusammengerollten Decken und Matratzen derjenigen aufgestapelt, die hier oben schliefen. An einer dritten Säule, wo ein paar kleine Matten und etwas Spielzeug lagen, war der Bereich, in dem Kinder spielen durften.
    Als wir uns der Menschentraube am anderen Ende des Raums näherten, wurde auf sauberen Bastmatten gerade ein Festmahl aufgetischt. Eine Gruppe von Frauen teilte auf riesigen Bananenblättern, die als Teller dienten, Safranreis, Alu Palak, Kheema, Bhajee und andere Köstlichkeiten aus. Am Rand der Festtafel stand eine ganze Batterie von Petroleumkochern, auf denen weiteres Essen köchelte. Wir wuschen uns in einem Fass Wasser die Hände und setzten uns zwischen Johnny Cigar und

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