Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
Vom Netzwerk:
wirkungsvollen russischen Hubschrauber abschießen. Sogar die hervorragenden MiG-Piloten waren wehrlos gegen die leicht zu bedienenden und handlichen Stinger. Wenn sie den Vorteil von Luftangriffen nicht mehr nutzen könnten, wären die Russen und ihre afghanischen Verbündeten gezwungen, am Boden gegen die Mudjahedin-Einheiten zu kämpfen – wo sie hoffnungslos unterlegen sein würden.
    Zyniker unter den Afghanen glaubten, dass die Amerikaner in den ersten sieben Jahren dieses Krieges keine Stinger geliefert hatten, weil sie die Russen so zwingen wollten, sich zu verausgaben. Als man die Stinger schließlich herausrückte, hofften die Amerikaner, dass die Russen nun eine Niederlage erleiden würden, die sie so viele Menschen und Ressourcen kosten würde, dass das gesamte sowjetische Imperium zusammenbrechen würde.
    Und ob die Zyniker nun recht hatten oder nicht: Das tödliche Spiel verlief tatsächlich genau so. Als die Stinger-Raketen wenige Monate nach unserem Einsatz in Afghanistan geliefert wurden, brachten sie die Wende. Die Russen waren von dem Kampf, den sie gegen Millionen afghanische Dorfbewohner führen mussten, so geschwächt, dass ihr monströses Caligula-Reich in sich zusammenbrach. Der Plan funktionierte, und er kostete eine Million Afghanen das Leben. Ein Drittel der Bevölkerung musste sein Heimatland verlassen. Eine der größten Fluchtbewegungen in der Geschichte der Menschheit fand statt: dreieinhalb Millionen Menschen, die über den Khyber-Pass nach Peshawar zogen, eine weitere Million, die in den Iran, nach Indien und in die muslimischen Republiken der Sowjetunion flüchteten. Fünfzigtausend Männer, Frauen und Kinder verloren Gliedmaßen durch Landminen. Und Afghanistan verlor sein Herz und seine Seele.
    Und nun blickte ich, ein gesuchter Verbrecher, der für einen Mafia-Don arbeitete und sich als Amerikaner ausgab, diesen Menschen in die Augen und setzte ihnen eine Lüge über Waffen vor, die ich ihnen niemals geben konnte.
    Hajji Mohammed war jedoch von meiner Antwort so angetan, dass er uns zur Hochzeitsfeier seines jüngsten Sohnes einlud. Da Khader den alten Stammesführer nicht kränken wollte, indem er die Einladung ablehnte, und er überdies aufrichtig gerührt war, nahm er an. Nachdem man sich über den Tribut einig geworden war – Hajji Mohammed verhandelte hart und verlangte zusätzlich Khaders eigenes Pferd als persönliches Geschenk, was ihm auch bewilligt wurde –, begleiteten Khaderbhai, Nasir und ich den Führer zu seinem Khel.
    Der Rest der Truppe kampierte in einem Tal mit grünen Wiesen und reichlich frischem Wasser. Durch die erzwungene Pause konnten die Männer unsere Pferde pflegen und ausruhen lassen. Die Packtiere mussten permanent bewacht werden und konnten nun, von der schweren Last befreit, die in einer Höhle versteckt wurde, frei umherspringen. Unsere Männer freuten sich auf ein Festmahl aus vier am Spieß gerösteten Schafen, duftendem indischem Reis und Tee aus frischen grünen Blättern, das ihnen von Hajjis Dorf als Beitrag zu unserem Einsatz für den Jihad bereitet wurde. Nachdem die älteren Männer aus Hajji Mohammeds Dorf auch ihre Tributforderungen ausgehandelt und erhalten hatten, erkannten sie uns – wie alle Klanführer, denen wir unterwegs begegneten – als Kämpfer für dieselbe Sache an und boten uns ihre Hilfe an. Als Khader, Nasir und ich von unserem Lager zum Khel ritten, begleitete uns das Echo von Singen und Lachen. In den gesamten dreiundzwanzig Tagen seit unserem Aufbruch hatten wir unsere Männer nicht ein einziges Mal so unbeschwert erlebt wie jetzt.
    Hajji Mohammeds Dorf befand sich in Festvorbereitungen, als wir eintrafen. Die friedliche und einträgliche Begegnung mit unserer Truppe bewaffneter Männer trug zusätzlich zur aufgeregten Vorfreude auf das Hochzeitsfest bei. Khader beschrieb mir die aufwendigen Vorbereitungen bei afghanischen Eheschließungen, die bereits seit mehreren Monaten im Gange waren. Es hatte Besuche bei der Familie des Bräutigams und der Familie der Braut gegeben, bei denen bestimmte Höflichkeitsregeln befolgt und kleine Geschenke wie Taschentücher oder Naschwerk überreicht wurden. Die Aussteuer der Braut – prachtvoll bestickte Tücher, importierte Seide, Parfums und Schmuck – wurde öffentlich vorgeführt, damit alle sie bewundern konnten, und anschließend von der Familie des Bräutigams bis zur Hochzeit aufbewahrt. Der Bräutigam hatte seiner künftigen Braut sogar einen heimlichen Besuch

Weitere Kostenlose Bücher