Shaos Todeswelt
Frauen.
»Am besten wäre es, wenn Sie die Hände auf den Tisch legten«, schlug Cheng vor.
»Wie Sie wollen«, sagte ich.
»Sehr schön.«
Ich saß so, dass ich auch zur Seite und leicht nach hinten schielen konnte. Chengs Helfer standen tatsächlich dort wie die Zinnsoldaten. Sie bewegten sich ebenso wenig wie die auf uns gerichteten Schusswaffen. Disziplin war für die drei Männer eben alles. Die beherrschten sie.
Suko kämpfte noch immer mit seiner Wut. Ich konnte ihn gut verstehen. Auf seinem Gesicht zeichnete sich der Schweiß ab.
»Wie geht es jetzt weiter?« fragte ich.
Cheng deutete ein Nicken an. »Diese Frage habe ich erwartet. Ich weiß, dass Sie vor Spannung fast platzen.« Er gab sich locker. »Nun ja, Sie sind doch hergekommen, um etwas herauszufinden. Das kann ich verstehen, und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Ich werde dafür sorgen, dass Sie nicht enttäuscht werden. Sic sollen erleben, wie dieses Spiel weiterläuft.«
»Und das übernehmen Sie?« fragte ich.
Cheng lächelte wieder auf seine impertinente Art. »Da überlege ich noch«, gab er zu. »Ich weiß wirklich nicht, ob ich es übernehmen soll. Wenn ich mich recht erinnere, wollten Sie das Spiel doch kennenlernen -oder nicht?«
»Dann möchte ich Sie nicht enttäuschen, meine Herren.« Wieder grinste er widerlich und arrogant.
»Sollen wir uns daran beteiligen?«
»So ist es. Sie können es sich aussuchen. Entweder Sie oder Ihr Kollege. Sie können es auch gemeinsam spielen, Sinclair. Ich bin großzügig und lasse Ihnen die Wahl.«
»Wie edel von Ihnen, Cheng.«
»Manchmal kann ich eben nicht anders«, sagte er und sonnte sich in seinem Erfolg.
Wir saßen günstig zum Bildschirm und brauchten nicht erst die Plätze zu wechseln. Ich wollte mich mit Suko absprechen. Er kam mir zuvor. »Ich werde spielen, wenn du nichts dagegen hast, John!«
»Nein, habe ich nicht.«
»Er kann ja anfangen«, sagte Cheng leichthin.
Suko warf ihm einen kurzen und eisigen Blick zu. »Denken Sie nur nicht, Cheng, dass Sie schon gewonnen haben. Im Moment sind Sie am Drücker, aber es kann sich leicht ändern.«
»Wie wollen Sie das schaffen?«
»Das behalte ich für mich.«
Cheng blickte ihn an. Seine Olaugen sahen aus, als hätten sie eine Frostschicht auf der Oberfläche bekommen. Es war ein kaltes Schimmern, das uns warnen sollte. Auch er hatte etwas von Sukos Erregung mitbekommen, dies war nicht zu übersehen. Die Sorge um Shao zeichnete sich auf dem Gesicht meines Freundes ab. Wenn ihr etwas zustieß, würde Suko durchdrehen und zu einer lebenden Kampfmaschine werden, die weder auf sich selbst noch auf andere Rücksicht nahm.
»Sie sollten sich zusammenreißen, Suko, und meine Geduld nicht auf eine zu harte Probe stellen. Verloren habe ich noch nie, und ich weiß, dass es so bleiben wird. Dabei räume ich alle Schwierigkeiten aus dem Weg.«
»Davon habe ich auch nicht gesprochen, Cheng.«
»Ich warnte Sie nur und…«
In diesem Augenblick meldete sich mein Handy. Sonst immer im falschen Augenblick, doch jetzt war ich über die Ablenkung froh, und meine Hand bewegte sich schon in Richtung dieses Apparates, aber dagegen hatte Cheng etwas.
»Lassen Sie es in Ruhe, Sinclair!« befahl er.
»Aber es könnte wichtig sein. Auch für Sie, Cheng!«
»Was für mich wichtig oder nicht wichtig ist, das bestimme ich selbst«, klärte er mich auf. »Ich will nicht, dass Sie auch nur den Versuch starten, sich aus dieser Lage zu befreien. Ich hoffe, mich deutlich genug ausgedrückt zu haben.«
»Haben Sie, Cheng.«
»Dann ist es gut.«
Ich ärgerte mich darüber. Ich war in dieser Lage noch neugieriger als sonst, aber ich wusste auch, dass einige Revolvermündungen auf uns gerichtet waren, und so ließ ich das Handy tuten.
Schließlich hörte es auf. Es war der Moment, als sich Suko und ich etwas entspannten.
Auch Cheng war zufrieden. »Es geht doch alles«, sagte er wie ein Lehrer, der zu seinen nicht eben braven Schülern spricht. »Man muss nur die Regeln einhalten.«
»Ihre Regeln«, erklärte ich.
»Im Augenblick schon. Das bin ich auch gewohnt. Und diese Regeln besagen, dass wir endlich weitermachen sollten. Ich habe zwar Zeit, doch sie ist nicht unendlich.«
»Okay, Cheng«, sagte Suko. »Ich werde spielen.«
»Sehr gut. Tun Sie das…«
Es fiel Suko nicht leicht, seine Hand auf die Maus zu legen. Ich wusste, wie es in seinem Innern aussah. Der geringste Fehler konnte eine Lage aus dem Gleichgewicht bringen, so dass sie
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