Sharpes Flucht
rechten Oberschenkel, sein Gewehr war ihm ins Heidekraut gefallen. »Lasst ihn!«, brüllte Sharpe zwei junge Männer an, die ihrem Kameraden helfen wollten. »Weiter feuern! Vorwärts! Vorwärts!«
Der Lärm des großen Angriffs im Norden war jetzt zu voller Lautstärke angeschwollen, und dann feuerten die beiden Artilleriegeschütze, die Sharpes Angriff unterstützten, gleichzeitig, und er sah eine Granate, die direkt an der Kante des Felsens explodierte. Ein Franzose schien sich langsam aufzurappeln. Sein blauer Rock färbte sich rot, ehe er wieder zu Boden sackte.
»Genau zielen!«, schrie Sharpe seine Männer an. Im Eifer des Gefechts war die Versuchung groß, einfach loszuballern und Munition zu verschwenden, und er war jetzt nahe genug, um die kauernden Feinde zu erkennen. Hagmann feuerte, dann nahm er ein geladenes Gewehr von dem jungen Perkins entgegen und feuerte erneut. Noch mehr Rauch der Musketen wallte von den Felsen auf. Gott, waren die dickköpfig! Die Schützen rannten weitere zehn Schritte vorwärts, knieten nieder, feuerten und luden nach. Wieder wurde ein Cazador getroffen, diesmal in die Schulter, und der Mann stolperte an der Seite des Vorsprungs hinunter. Eine Kugel traf Sharpes Tschako und warf ihn zurück, sodass er ihm am Riemen um den Hals baumelte. Harper feuerte sein Baker-Gewehr ab, dann schnallte er in Erwartung des Befehls, die Felsen zu stürmen, die siebenläufige schwere Salvenbüchse ab. Sharpe drehte sich um und entdeckte Vicente, der ihm dicht auf den Fersen war.
»Lassen Sie mich eine Salve abfeuern«, bat der Portugiese.
»Schützen«, bellte Sharpe, »runter, runter!«
Die Schützen legten sich flach. Vicente brachte seine Männer zum Halt. »Legt an!« In der portugiesischen Armee wurden Befehle auf Englisch erteilt, eine Konzession, die man für die zahlreichen britischen Offiziere machte. Sharpe drängte sich in ihre Reihen.
»Feuer!«, brüllte Vicente, und die Salve krachte auf den Vorsprung nieder und spuckte Rauch aus, gerade als auch die beiden Kanonen feuerten und die Felsnase sich jäh in eine wirbelnde Hölle aus Kugeln, Granatsplittern und Blut verwandelte.
»Angriff!«, rief Sharpe und rannte voraus. Zu seiner Linken sah er Ensign Iliffe mit gezogenem Säbel. Die Portugiesen brüllten, während sie vorstießen, ihre Worte waren nicht zu verstehen, aber sie waren voller Hass auf die Franzosen. Sie alle begannen zu rennen. Es herrschte jetzt purer Zorn, Zorn und Hass und Schrecken und Wut, und als die Franzosen feuerten, stieg Rauch zwischen den Felsen auf, und hinter Sharpe schrie ein Mann. Er entdeckte Harper neben sich, der große Mann rannte schwerfällig, und sie waren nur noch zehn Schritte von den nächstliegenden Felsen entfernt, als sich plötzlich ein Dutzend Franzosen mit einem Offizier in ihrer Mitte erhoben und ihre Musketen präsentierten.
Harper hielt die Salvenbüchse tief auf seiner Hüfte, aber instinktiv betätigte er den Abzug, und die sieben Ladungen knallten in die Reihe der Franzosen und bliesen ein Loch in das Zentrum ihrer kurzen Linie. Der Offizier war schwer getroffen worden, er fiel hintüber, die anderen aber schienen sich mehr vor dem Lärm der Waffe zu erschrecken als vor ihren Geschossen, denn auf einmal drehten sie sich um und rannten. Ein oder zwei schossen erst, aber keine Kugel kam Sharpe, der zwischen die Felsen sprang, auch nur nahe. Er sah, dass die Voltigeure genug hatten. Sie stürmten über die steilen Kanten des Vorsprungs hinweg, während der verwundete französische Offizier, der von Harpers Kugel getroffen worden war, ihnen zuschrie, sie sollten bleiben und weiterkämpfen.
Sharpe brachte den Mann mit einem Schlag seines Degens zum Schweigen. Cazadores und Schützen und Rotröcke strömten nun auf die Spitze des Vorsprungs und versuchten verzweifelt, die Franzosen zu schnappen, bevor sie entwischten. Einige der Feinde waren langsam und schrien, sobald die Bajonette sie trafen. Ein Feldwebel, der glaubte, eine Flucht sei unmöglich, drehte sich um und schwang sein eigenes Bajonett Harper entgegen, der es mit der siebenläufigen Salvenbüchse beiseiteschlug und dann dem Mann seine Faust gegen den Kiefer drosch. Der Franzose fiel nach hinten, als sei er von der Kugel eines Neunpfünders getroffen worden. Harper machte ihm vollends den Garaus, indem er ihm den Kolben des Gewehrs auf die Stirn donnerte.
Eine Horde Franzosen befand sich noch immer auf der Felsnase, einige gefangen von der Angst vor der steilen
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