Sharpes Gefecht
der dabei erwischt worden war, wie er Geld aus der Armenkasse in Guarda gestohlen hat. Man hat ihn dafür zum Tod am Strick verurteilt, doch seine Kompanie hat bei Talavera so tapfer gekämpft, dass die alte Hakennase ihn hat laufen lassen.«
Donaju deutete mit dem Messer auf das Dorf jenseits des Horizonts im Osten. »Haben Sie deswegen den ganzen Tag da unten gekämpft?«, fragte er.
Sharpe schüttelte den Kopf. »Da sind wir einfach nur reingeraten«, sagte er schlicht.
»Aber Sie haben einen Adler erobert, Sharpe!«, protestierte Tarrant. »Was müssen Sie denn sonst noch tun, um Ihre Tapferkeit zu beweisen?«
»Jede Menge, Sir.« Sharpe zuckte unwillkürlich zusammen, als ein stechender Schmerz durch seine wunde Schulter schoss. »Ich bin nicht reich, Sir. Also kann ich mir keine Captainstelle kaufen, geschweige denn den Rang eines Majors. Ich muss mir das verdienen. Und ein Soldat ist immer nur so gut wie die letzte Schlacht, die er gefochten hat, Sir, und meine letzte Schlacht war San Isidro. Ich muss diesen Makel auslöschen.«
Donaju legte wieder die Stirn in Falten. »Das war meine einzige Schlacht bis jetzt«, sagte er mehr zu sich selbst als zu den anderen am Tisch.
Tarrant wollte Sharpes Pessimismus nicht einfach so hinnehmen. »Wollen Sie uns damit etwa sagen, dass Sie irgendeine lächerliche Heldentat vollbringen müssen, Sharpe, um das zu überleben?«
»Ja, Sir. Genau das, Sir. Falls Sie morgen also irgendeinen furchtbar gefährlichen Botengang zu vergeben haben, dann melde ich mich schon mal freiwillig.«
»Grundgütiger, Mann!« Tarrant war regelrecht angewidert. »Grundgütiger! Ich soll Sie in den Tod schicken? Das kann ich nicht!«
Sharpe lächelte. »Was haben Sie vor siebzehn Jahren gemacht, Sir?«
Tarrant dachte kurz nach. »Vierundneunzig? Hm …« Er zählte etwas an den Fingern ab. »Da war ich noch in der Schule. Ich habe Horaz in einem düsteren Schulzimmer unter den Mauern von Stirling Castle übersetzt und jedes Mal Prügel bekommen, wenn ich einen Fehler gemacht habe.«
»Ich habe damals gegen die Franzosen gekämpft, Sir«, sagte Sharpe. »Und seitdem habe ich immer weiter gekämpft. Also machen Sie sich um mich keine Sorgen.«
»Trotzdem, Sharpe, trotzdem.« Tarrant runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Mögen Sie Nieren?«
»Ich liebe sie, Sir.«
»Dann gehört das Ihnen.« Tarrant schob Sharpe seinen Teller hin. »Sie müssen Ihre Kräfte sammeln, Sharpe. Wie es aussieht, werden Sie sie noch brauchen.« Er drehte sich um und schaute zu dem roten Lichtschein, der die Nacht über den französischen Lagern erhellte. »Es sei denn natürlich, sie greifen nicht an«, sagte er wehmütig.
»Freiwillig gehen die Bastarde nicht mehr weg, Sir. Wir werden sie schon vertreiben müssen«, sagte Sharpe. »Das heute war nur ein kleineres Gefecht. Die richtige Schlacht hat noch gar nicht begonnen. Also ja, Sir, die Froschfresser werden wieder zurückkommen.«
Sie schliefen neben den Munitionswagen. Sharpe wachte einmal auf, als ein kleiner Schauer die Glut des Lagerfeuers zischen ließ. Dann schlief er weiter bis eine Stunde vor Sonnenaufgang. Als er aufwachte, sah er Nebel auf dem Plateau und die verschwommenen grauen Schatten von Soldaten, die sich um ihre Feuer kümmerten. Sharpe teilte sich mit Major Tarrant einen Kessel mit heißem Rasierwasser, dann zog er seine Jacke an, schnappte sich seine Waffen und ging nach Westen auf der Suche nach einem Kavallerieregiment. Er fand ein Husarenlager der King’s German Legion und tauschte ein halbes Pint Rum gegen ein Schärfen seines Säbels. Der deutsche Waffenschmied beugte sich über den Schleifstein, und die Funken flogen, und als er fertig war, glitzerte Sharpes schwerer Säbel im Licht der aufgehenden Sonne. Vorsichtig steckte Sharpe den Säbel in die Scheide und ging langsam zu dem Munitionswagen zurück.
Die Sonne schien durch eine Rauchwolke, die von den französischen Kochfeuern aufstieg. Der Feind am Ostufer begrüßte den neuen Tag mit Musketenfeuer, das zwischen den Häusern von Fuentes de Oñoro widerhallte, aber rasch wieder verstummte, als das Feuer erwidert wurde. Auf dem britischen Plateau schnitten die Kanoniere neue Lunten zurecht und legten die Kartätschen bereit, doch die französische Infanterie blieb bei den Bäumen in der Ferne, sodass die Briten ihre Geschosse nicht zum Einsatz bringen konnten. Eine große Truppe französischer Kavallerie ritt über die sumpfige Ebene gen Süden. Reiter der
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