Sharpes Gold (German Edition)
nichts anderes im Sinn haben, als Sie zu töten.« Er schwieg und schnappte nach Luft, doch Sharpe unterbrach ihn.
»Und die Männer, die Captain Hardy umgebracht haben?«
Kearsey schien im Sattel zusammenzusinken. Er starrte Sharpe an.
»Was?«
»El Católico hat ihn umgebracht. Hat ihm ein Messer in den Rücken gestoßen. Er ist unter einem Misthaufen im Dorf vergraben.« Teresa hatte ihm während der Nacht alles erzählt. »Er hat El Católico dabei erwischt, als der das Gold umgelagert hat. Wie es scheint, hat er Protest erhoben. Deshalb hat man ihn umgebracht. Wie meinten Sie, Sir?«
Kearsey schüttelte den Kopf. »Woher wissen Sie das?«
Einen Augenblick dachte Sharpe daran, es ihm zu sagen. Dann aber erinnerte er sich, dass niemand außerhalb der Kompanie wusste, dass Teresa nicht länger seine Gefangene war. »Man hat es mir verraten, Sir.«
Kearsey war nicht gewillt, so leicht aufzugeben. Er schüttelte den Kopf, als wolle er einen bösen Traum vertreiben. »Aber Sie haben das Gold gestohlen!«
»Ich habe auf Befehl gehandelt, Sir.«
»Wessen Befehl? Ich bin der ranghöhere Offizier!«
Plötzlich empfand Sharpe Mitleid mit dem Major. Kearsey hatte das Gold entdeckt, hatte Wellington davon erzählt und hatte nie von den Plänen des Generals erfahren. Sharpe tastete in seiner Tasche herum, fand das gefaltete Stück Papier und hoffte, dass der Regen nicht dort eingedrungen war. Er war eingedrungen, aber die Schrift war nach wie vor leserlich. Er überreichte Kearsey das Papier.
»Da, Sir.«
Kearsey las, und sein Ärger wuchs. »Das besagt gar nichts!«
»Es handelt sich um eine Anweisung an alle Offiziere, mich zu unterstützen, Sir. An alle.«
Aber Kearsey hatte nicht zugehört. Er wedelte Sharpe mit dem feuchten Stück Papier vor dem Gesicht herum. »Da steht nichts von dem Gold! Nichts! Sie könnten das hier genauso gut seit Monaten mit sich herumtragen!«
Sharpe lachte. »Das Gold durfte natürlich nicht erwähnt werden, Sir. Ich meine, nehmen wir einmal an, die Spanier bekämen meine Befehle zu Gesicht, nehmen wir an, sie kämen darauf, was der General mit dem Gold vorhat.«
Kearsey sah ihn an. »Sie wissen, was er vorhat?«
Sharpe nickte. »Es wird nicht nach Cádiz gebracht, Sir.« Er sagte das so behutsam wie möglich. Kearseys Reaktion war krass. Einige Sekunden lang saß er reglos da, die Augen fest zugekniffen, dann zerriss er mit zahlreichen heftigen Gesten das Papier in kleine Fetzen.
»Gottverdammt, Sharpe!«
»Was ist?« Sharpe hatte versucht, das Papier zu retten, war jedoch zu spät gekommen.
Kearsey wurde unversehens bewusst, dass er geflucht hatte. Auf seinem Gesicht kämpften Reue und Wut gegeneinander an. Die Wut siegte. »Ich habe mich abgerackert. Gott weiß, wie ich mich abgerackert habe, dafür zu sorgen, dass Spanier und Briten zusammenarbeiten. Und das ist nun der Dank!« Er hielt die Papierfetzen hoch und zerstreute sie dann mit einem plötzlichen Ruck im Wind. »Wir haben also Befehl, das Gold zu stehlen, Sharpe?«
»Jawohl, Sir. Kurz gesagt, Sir.«
»Das können wir doch nicht machen«, flehte Kearsey.
»Auf wessen Seite stehen Sie?«, fragte Sharpe, ohne weiterhin Rücksicht zu nehmen.
Einen Augenblick glaubte er, Kearseys Wut würde erneut aufflammen, würde sich in einem Schlag äußern, der gegen den Schützen gerichtet war, aber Kearsey beherrschte sich, und als er fortfuhr, waren seine Worte leise und maßvoll.
»Wir haben etwas, das sich Ehre nennt, Sharpe. Sie ist unsere geheime Stärke, unsere Ehre. Wir sind Soldaten, Sie und ich. Wir können keine Reichtümer erwarten, keine Würde, keine ständigen Siege. Wir werden vermutlich in der Schlacht sterben oder auf einer Fieberstation, und niemand wird sich unserer erinnern. Daher bleibt uns nichts als unsere Ehre. Verstehen Sie mich?«
Es war seltsam, dort in der zunehmenden Sonnenwärme zu stehen und den Worten zu lauschen, die Kearsey sich aus dem Kern seiner Seele riss. Er hatte wohl, dachte Sharpe, irgendwann in seinem Leben eine Enttäuschung erlitten. Vielleicht war er einsam, ausgestoßen von der Offiziersmesse, oder vielleicht war der kleine Mann einmal von einer Frau abgewiesen worden, die er geliebt hatte, und hatte nun, während er mit seiner Ehre alt wurde, eine Aufgabe gefunden, die er liebte. Kearsey liebte Spanien und die Spanier. Er liebte die Aufgabe, allein hinter der feindlichen Front umherzureiten wie ein Christ, der in einer Welt der Ketzer und Verfolgungen den Glauben
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