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Sharpes Trafalgar

Titel: Sharpes Trafalgar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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wollte.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich will nicht dein Mitleid, Richard. Du solltest nie Mitleid für die Privilegierten verschwenden. Ich rede nur, um herauszufinden, warum ich hier mit dir zusammen bin.«
    »Und warum sind Sie es?«
    »Weil ich einsam bin«, antwortete sie, »und unglücklich, und weil du mich faszinierst.« Sie streckte die Hand aus und berührte sanft die Narbe auf seiner rechten Wange. »Du bist ein schrecklich gut aussehender Mann, Richard Sharpe, aber wenn ich dich in einer Londoner Straße sehen würde, dann würde ich mich sehr vor deinem Gesicht fürchten.«
    »Böse und gefährlich«, sagte Sharpe, »das bin ich.«
    »Und ich bin hier«, fuhr Lady Grace fort, »weil ein Kitzel darin ist, Sehnsüchte nach Dingen zu befriedigen, die wir nicht tun sollten. Das, was Captain Cromwell als unsere niedrigen Instinkte bezeichnet, nehme ich an, und ich nehme ebenfalls an, es wird mit Tränen enden, aber das schließt den Spaß nicht aus.« Sie schaute ihm in die Augen. »Du wirkst manchmal sehr grausam. Bist du grausam?«
    »Nein«, sagte Sharpe. »Vielleicht bin ich das zu den Feinden des Königs. Vielleicht auch zu meinen Feinden, aber nur, wenn sie so stark sind wie ich. Ich bin ein Soldat, kein Schläger.«
    Sie berührte wieder die Narbe. »Richard Sharpe, mein furchtloser Soldat.«
    »Ich hatte Angst vor Ihnen«, gab Sharpe zu. »Vom ersten Moment an.«
    »Angst?« Sie wirkte echt verwirrt. »Ich dachte, du verachtest mich. Du hast mich so grimmig angeblickt.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich Sie nicht verachte«, sagte Sharpe in gespieltem Ernst, »aber von dem Moment an, an dem ich Sie sah, wollte ich in Ihrer Nähe sein.«
    Sie lachte. »Sie können hier bei mir sein«, sagte sie, »aber nur in schönen Nächten. Ich komme hierher, wenn ich nicht schlafen kann. William schläft in der Heckkabine«, erklärte sie, »und ich schlafe auf dem Sofa in der Tageskabine. Mein Mädchen benutzt dort ein Rollbett.«
    »Sie schlafen nicht mit ihm?«, wagte Sharpe zu fragen.
    »Ich muss mit ihm zu Bett gehen«, gab sie zu, »doch er nimmt jede Nacht Laudanum, denn er behauptet, sonst nicht einschlafen zu können. Er nimmt zu viel davon, und dann schläft er wie ein Schwein. Wenn er eingeschlafen ist, gehe ich in die Tageskabine.« Sie schauderte. »Und die Droge macht ihn gereizt und übellaunig, bevor er zu schnarchen anfängt.«
    »Ich habe eine Kabine«, sagte Sharpe.
    Sie sah ihn an, ernst, und Sharpe befürchtete, er hätte sie beleidigt, doch dann lächelte sie. »Für dich allein?«
    Er nickte. »Sie wird Ihnen gefallen. Sie ist sieben mal sechs Fuß groß, mit Wänden aus feuchtem Holz und klammem Segeltuch.«
    »Und du schaukelst dort in deiner einsamen Hängematte?«, fragte sie, immer noch lächelnd.
    »Die Hängematte können Sie vergessen«, sagte Sharpe. »Ich habe ein richtiges Bett mit einer feuchten Matratze.«
    Sie seufzte. »Vor einem knappen halben Jahr bot mir ein Mann einen Palast mit Wänden aus geschnitztem Elfenbein, einen Garten mit Springbrunnen und einen Pavillon mit einem Bett aus Gold an. Er war ein Prinz, und sehr diskret.«
    »Und Sie?«, fragte Sharpe, plötzlich eifersüchtig auf den Mann. »Waren Sie diskret?«
    »Ich habe ihn abblitzen lassen.«
    »Darin sind Sie gut.«
    »Und am Morgen«, sagte sie, »werde ich wieder gut darin sein müssen.«
    »Ja, Mylady, das werden Sie.«
    Sie lächelte, erkannte dankbar an, dass er für die notwendige Täuschung Verständnis hatte. »Aber es wird nicht leicht sein, in den nächsten drei Stunden.«
    »Vier, wahrscheinlicher.«
    »Und ich habe das Schiff erkunden wollen«, sagte sie. »Alles, was ich bisher gesehen habe, ist das Achterdeck und die Kapitänskajüte.«
    Er nahm ihre Hand. »Es wird unten stockfinster sein.«
    »Das wird vermutlich gut für uns sein«, sagte sie ernst. Sie zog ihre Hand aus seiner. »Du gehst zuerst«, sagte sie, »und ich werde folgen. Ich treffe dich auf dem Hauptdeck.«
    Und so ging er nach unten, und sie folgte ihm. Er wartete auf dem Hauptdeck, und dann führte er sie zu seinem Quartier, wo sie ihren Verdacht gegen Pohlmann und Cromwell vergaßen.
    Die beiden haben vermutlich Backgammon gespielt, dachte Sharpe im Morgengrauen, als er erstaunt und wieder allein in seinem Bett lag, verwundert über sein Glück und in der Hoffnung, dass diese Reise nie enden würde.
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2011

KAPITEL 4
 
    Zwei Morgen später wurde ein

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