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Sharpes Trafalgar

Titel: Sharpes Trafalgar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ihrem Heck die Verfolger ständig zu verspotten schien.
    »Was wird Chase tun, wenn wir sie nicht schnappen?«, wollte Grace in dieser Nacht von Sharpe wissen.
    »Er wird nach England segeln«, sagte er. Vermutlich nach Plymouth, dachte er, und er versuchte sich vorzustellen, wie er an einem feuchten Herbstnachmittag auf einem Kai gezwungen sein würde, zuzusehen, wie Lady Grace in einem gemieteten Kutschwagen davonfuhr.
    »Ich würde dir schreiben«, sagte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen, »wenn ich die Adresse wüsste.«
    »Shorncliffe, in Kent. Die Kasernen.« Er konnte seine melancholischen Gefühle nicht verbergen. Die stupiden Träume einer lächerlichen Liebe verblassten zur grimmigen Realität, genauso wie Chases Hoffnungen, die Revenant zu schnappen.
    Grace lag neben ihm, blickte zur Decke und lauschte dem Prasseln des Regens gegen das Oberlicht der Kabine. Sie war bekleidet, denn es war fast an der Zeit, aus seiner Kabine zu schlüpfen und zu ihrer eigenen zu gehen, und Sharpe sah die alte Traurigkeit in ihren Augen. »Da ist etwas«, sagte sie leise, »das ist dir noch nicht gesagt habe.«
    »Das heißt, dass du es mir jetzt sagen wirst?«
    »Ich habe es dir bisher verschwiegen, weil du ohnehin nichts daran ändern kannst.«
    Er wartete.
    »Ich bin schwanger«, sagte sie schließlich.
    Er drückte ihre Hand und schwieg. Er hatte eine Ahnung gehabt, das zu hören, doch jetzt überraschte es ihn.
    »Bist du ärgerlich?«, fragte sie nervös.
    »Ich bin glücklich«, sagte er und legte eine Hand auf ihren Bauch. Es stimmte, er war mit Freude erfüllt, obwohl er wusste, dass dieses Glück keine Zukunft hatte.
    »Das Kind ist deins«, sagte sie.
    »Bist du dir sicher?«
    »Ich weiß es. Vielleicht liegt es am Laudanum, aber ...« Sie verstummte und zuckte mit den Schultern. »Es ist deins. Aber William wird annehmen, es sei von ihm.«
    »Nicht, wenn er nicht kann ...«
    »Er wird das denken, was ich ihm sage«, unterbrach sie ihn heftig, dann schmiegte sie den Kopf an Sharpes Schulter und begann zu weinen. »Es ist deins, Richard, und ich würde alles dafür geben, damit das Kind dich kennen lernt.«
    Aber sie würden bald zu Hause sein und ihrer Wege gehen, und Sharpe würde das Kind nie sehen, denn es war unehelich, und es würde keine Zukunft für ihn mit Grace geben. Ihre Liebe war dem Untergang geweiht.
    Und am nächsten Morgen änderte sich alles.
 
    Es war ein kühler, feuchter Tag. Der Wind wehte aus Nordnordwest, sodass die Pucelle hart am Wind segelte. Regenschleier peitschten über die See, Regen sprühte übers Deck und tropfte von den Segeln. Das Wasser war grün und grau, vom Wind gepeitscht und von Schaum gekrönt. Die Offiziere auf dem Achterdeck trugen dickes Ölzeug, und Sharpe fror zum ersten Mal, seit er in Indien war. Das Schiff kämpfte, bockte und schlingerte in der See und dem Wind, und manchmal krängte es. Sieben Seeleute bemannten das doppelte Steuerrad, und es bedurfte all ihrer Kraft, um den Naturgewalten zu trotzen.
    »Ein Hauch von Herbst in der Luft«, sagte Chase zu Sharpes Begrüßung. Chase hatte seinen Zweispitz mit einem Überzug aus geteertem Segeltuch bedeckt und mit einem Riemen unter dem Kinn befestigt. »Haben Sie gefrühstückt?«
    »Das habe ich, Sir.« Es war kein großes Frühstück gewesen, denn die Lebensmittelvorräte auf der Pucelle wurden knapp und die Offiziere wie die Männer erhielten nur knappe Rationen von Rindfleisch, Biskuits und schottischem Kaffee, der wie eine schale Mischung aus geröstetem Brot und heißem Wasser, gesüßt mit Zucker, schmeckte.
    »Wir holen auf«, sagte Chase und nickte zu der fernen Revenant hin, die offensichtlich ebenso schwer gegen die See kämpfte wie die Pucelle und so weit nordwärts stieß, wie ihr Steuermann es schaffen konnte. Die Pucelle versuchte die Lücke zu schließen wie immer, wenn die Schiffe kreuzten, doch kurz nach dem zweiten Glasen der Vormittagswache drehte der Wind nach Südsüdwest, und die Revenant musste nicht länger gegen den Wind ankämpfen, sondern konnte den rauen Wind nutzen und ihre Führung halten. Dann, eine halbe Stunde später, drehte sie unerwartet nach Osten ab, was bedeutete, dass sie Kurs auf die Straße von Gibraltar statt auf Cadiz nahm.
    »Steuerbord! Steuerbord!«, brüllte Chase dem Steuermann zu.
    Haskell rannte aufs Achterdeck, als die sieben Männer am Steuerrad drehten. Matrosen versuchten hastig, die Rahen zu brassen. Die Segel flatterten, und Regen spritzte übers

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