Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
vorhanden. Die Ridenow-Gabe in ihrer ursprünglichen Form – also, ich glaube, sie ist ausgestorben. Lerrys sagt zwar, sie würde sehr nützlich im terranischen Imperium sein, um die Kommunikation mit Nicht-Menschen zu ermöglichen. Ist es sehr schwierig, Falken zu trainieren?«
    »Es ist bestimmt nicht leicht«, antwortete Lew. »Man braucht Zeit und Geduld. Und irgendwie musst du deinen Geist in Berührung mit dem Geist des Vogels bringen, und es ist Furcht erregend; sie sind wild und grausam. Aber ich habe es gemacht, in Arilinn, und einige der Frauen auch. Janna Lindir ist ausgezeichnet als Falken-Trainerin, und ich habe gehört, Frauen falle es leichter … Meine Pflegeschwester Linnell allerdings lernte es nie, sie hatte Angst vor den Vögeln. Ich denke, es ist ähnlich wie das Einbrechen von Pferden, das mein Vater früher machte … bevor er lahm wurde. Er versuchte, mir ein bisschen beizubringen, doch das ist lange her.« Wenn sie unbeschwert über diese Dinge plauderten, dachte Dio, war Lew wie ausgewechselt.
    Die Reservation war mit unterschiedlichem Wild, großem und kleinem, besetzt. Eine Weile später ließen sie ihre Falken fliegen. Mit Entzücken beobachtete Dio, wie ihrer hoch aufstieg, kreiste und mit langen, starken Flügelschlägen eine Schar kleiner weißer Vögel direkt über ihnen verfolgte. Lews Falke kam ihm nach, schoss herab und packte einen der kleinen Vögel. Der weiße Vogel kämpfte Mitleid erregend mit einem langen, unheimlichen Schrei. Dio hatte ihr ganzes Leben lang mit Falken gejagt; sie sah voll Interesse zu. Doch als Blutstropfen von dem sterbenden Vogel niederfielen und sie beide bespritzten, merkte sie, dass Lew mit weißem, vor Entsetzen verzerrten Gesicht nach oben starrte. Er wirkte wie gelähmt.
    »Lew, was ist denn los?«
    Mit gespannter, heiserer Stimme sagte er: »Dieser Schrei – ich kann ihn nicht ertragen …« Er warf beide Arme hoch und bedeckte seine Augen. Die künstliche Hand in dem schwarzen Handschuh schlug gegen sein Gesicht. Er fluchte, riss sie sich vom Handgelenk und warf sie zu Boden, dem Pferd unter die Füße.
    »Nein, schön ist sie nicht«, höhnte er wütend. »Wie Blut und Tod und die Schreie sterbender Kreaturen. Wenn Ihr daran Vergnügen habt, umso schlimmer für Euch, meine Lady! Habt dann auch daran Vergnügen!« Er hielt seinen scheußlich vernarbten bloßen Stumpf hoch und schüttelte ihn wie rasend gegen sie. Er wendete sein Pferd, riss mit seiner guten Hand an den Zügeln und ritt davon, als werde er von den Teufeln aller Höllen gejagt.
    Dio blickte ihm bestürzt nach. Dann ritt sie in halsbrecherischem Galopp hinterher, die Falken vergessend. Nach einiger Zeit holte sie ihn ein. Er zog mit einer Hand an den Zügeln und kämpfte darum, das Pferd zum Stehen zu bringen. Doch, wie Dio mit Entsetzen bemerkte, er verlor die Kontrolle und wurde aus dem Sattel geworfen. Er schlug schwer auf den Boden auf und blieb regungslos liegen.
    Dio glitt von ihrem Pferd und kniete neben ihm nieder. Er hatte das Bewusstsein verloren, aber als sie noch überlegte, ob sie fortreiten und Hilfe holen solle, öffnete er die Augen und sah sie an, ohne sie zu erkennen.
    »Alles in Ordnung«, sagte sie. »Das Pferd hat dich abgeworfen. Kannst du dich aufsetzen?«
    Er tat es, unbeholfen, als bereite der Stumpf ihm Schmerzen. Er bemerkte ihren Blick, zuckte zusammen und versuchte, den Stumpf in einer Falte seines Reitmantels zu verstecken. Er wandte sein Gesicht von ihr ab, und das Narbengewebe zog seinen Mund zu einer hässlichen Grimasse hoch, als wolle er weinen.
    »Götter! Es tut mir Leid, Domna, es war nicht meine Absicht …«, murmelte er fast unhörbar.
    »Was war los, Lew? Warum bist du so wütend geworden und losgerast? Was habe ich dir getan?«
    »Nichts, nichts …« Benommen schüttelte er den Kopf. »Ich – ich kann kein Blut mehr sehen, und ich ertrage den Gedanken nicht, dass irgendein kleines, hilfloses Wesen zu meinem Vergnügen sterben muss …« Seine Stimme klang erschöpft. »Ich habe mein ganzes Leben lang gejagt, ohne darüber nachzudenken, aber als ich den kleinen weißen Vogel schreien hörte und das Blut sah, kam es plötzlich wieder über mich, und ich erinnerte mich … o Avarra, sei mir gnädig, ich erinnerte mich … Dio, geh weg, im Namen der gnädigen Avarra, berühre mich nicht, Dio …«
    Wieder verzog sich sein Gesicht, und dann weinte er mit schmerzhaftem, heiserem Schluchzen. Er versuchte, das hässlich verzerrte Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher