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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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»offenbar weiß Mrs Toller mehr von der Sache als irgend sonst jemand.«
    »Jawohl, und ich sage auch ganz gerne, was ich weiß.«
    »Dann, bitte, setzen Sie sich und lassen Sie es uns hören, denn ich gestehe, mehrere Punkte sind nun noch nicht ganz klar.«
    »Ich würde Ihnen längst alles auseinandergesetzt haben, hätte ich nur aus dem Keller herausgekonnt. Falls die Sache etwa vor Gericht kommen sollte, vergessen Sie nicht, dass ich mich auf Ihre Seite gestellt und es auch mit Miss Alice gut gemeint habe.
    Seit der Wiederverheiratung ihres Vaters hat sich Miss Alice zu Hause nicht mehr glücklich gefühlt. Sie sah sich immer zurückgesetzt und durfte nicht viel dreinreden, aber eigentlich schlimm erging es ihr erst, als sie sich mit Mr Frowler verlobte. Soviel ich gehört habe, besaß Miss Alice nach dem Testament ihrer Mutter gewisse Ansprüche, aber sie war viel zu sanft und gutmütig, um dieselben geltend zu machen, und ließ alles in Mr Rucastles Händen. Der wusste wohl, dass er mit ihr machen konnte, was er wollte; als jedoch die Möglichkeit eintrat, dass ein Ehemann kam und alles verlangte, was er nach dem Gesetz beanspruchen konnte, da hielt es ihr Vater an der Zeit, einen Riegel vorzuschieben. Er verlangte von ihr, sie solle ein Schriftstück ausstellen, wonach ihm die Nutznießung an ihrem Vermögen zustehe, sie möge heiraten oder nicht. Als sie das nicht tun wollte, quälte er sie so lange, bis sie ein Nervenfieber bekam, sodass sie sechs Wochen lang am Rand des Grabes schwebte. Zwar erholte sie sich endlich, aber sie war zu einem Schatten abgezehrt, und ihr schönes Haar hatte man ihr abgeschnitten. Doch das machte ihrem Bräutigam alles nichts aus, und er blieb ihr so treu wie nur einer.«
    »Durch Ihre freundlichen Mitteilungen«, sagte Holmes, »haben Sie nunmehr die Sache so weit aufgeklärt, dass ich mir das Übrige vollends denken kann. Nicht wahr, Mr Rucastle ging darauf zu seinem Einsperrungssystem über?«
    »Jawohl.«
    »Und holte Miss Hunter von London, um sich den unbequemen Mr Frowler vom Hals zu schaffen?«
    »So ist es.«
    »Allein Mr Frowler«, fuhr Holmes fort, »belagerte das Haus mit der Zähigkeit eines echten Liebhabers und verstand es, durch klingende oder anderweitige Beweisgründe Sie in sein Interesse zu ziehen – nicht wahr?«
    »Mr Frowler war ein sehr freundlicher, freigebiger Herr«, erwiderte Mrs Toller gelassen.
    »Und auf diese Weise sorgte er dafür, dass Ihr guter Mann stets reichlich zu trinken erhielt und dass die Leiter bereit stand, sobald Ihr Herr das Haus verlassen hatte.«
    »Sie haben es getroffen, Herr, gerade so ist es gegangen.«
    »Wir sind Ihnen wirklich Anerkennung schuldig, Mrs Toller«, sagte Holmes, »denn Sie haben uns über alle Punkte, die noch dunkel waren, volle Aufklärung verschafft. Da kommt ja auch der Distriktsarzt mit Mrs Rucastle; mir scheint, es wird wohl jetzt das beste sein, wir bringen Miss Hunter nach Winchester zurück, da sowohl ihr wie unser ferneres Verbleiben im Haus keinen ersichtlichen Zweck mehr hat.« –
    So klärte sich also das Geheimnis des unheimlichen Hauses mit den Blutbuchen am Tor auf. Mr Rucastle kam zwar mit dem Leben davon, blieb jedoch für immer ein gebrochener Mann, der sein Dasein lediglich der aufopfernden Pflege seiner Gattin verdankte. Sie wohnen noch immer mit ihren alten Dienstboten zusammen, welche so viel von Mr Rucastles Vergangenheit wissen, dass er sich nicht entschließen kann, sich von ihnen zu trennen. Mr Frowler und seine Braut ließen sich gleich am Tag nach ihrer Flucht in Southampton trauen; er bekleidet gegenwärtig einen Beamtenposten auf der Insel Mauritius. Was Miss Violet Hunter betrifft, so legte mein Freund Holmes zu meiner ziemlich lebhaften Enttäuschung kein Interesse mehr für sie an den Tag, sobald das Problem, dessen Gegenstand sie gebildet hatte, gelöst war; sie ist zur Zeit Vorsteherin einer Privatschule in Walsall und erzielt, soviel ich weiß, schöne Erfolge in ihrem Beruf.

S ILBERSTRAHL
    »Mir wird wohl nichts anderes übrigbleiben, Watson, als hinzugehen«, sagte Holmes eines Morgens zu mir, als wir beim Frühstück saßen.
    »So? Wohin denn?«
    »Nach Dartmoor – nach King’s Pyland.«
    Das überraschte mich nicht; im Gegenteil, ich hatte mich schon gewundert, dass er nicht längst zur Mitarbeit an dem ungewöhnlichen Fall aufgefordert worden war, der in ganz England das Tagesgespräch bildete. Mit gerunzelten Brauen, den Kopf auf die Brust gesenkt, war mein

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