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Sherlock Holmes und das Phantom der Oper

Sherlock Holmes und das Phantom der Oper

Titel: Sherlock Holmes und das Phantom der Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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wünschte, Sie dabeigehabt zu haben, Watson! Das war genau die Art von Unternehmung, die Ihrer unerschrockenen Seele entsprochen hätte, und da war ich nun mit einem furchtsamen Geigenspieler gestrandet, der mich mittlerweile für vollkommen übergeschnappt hielt. Unglücklicherweise muß ich jedoch sagen, daß wir Ponelles unverzichtbare Dienste benötigt hätten, selbst wenn ich den Vorteil Ihrer getreuen Gegenwart hätte genießen dürfen.
    »Aber wenn sie uns finden«, flüsterte er wütend. Ich legte einen Finger über die Lippen und übte einen Ieichten Druck auf seine Schulter aus.
    Wie ich mir gedacht hatte, brauchten wir nicht lange zu warten. Es gab nur wenige Angestellte dort, und bei diesem Wetter machten sie ihre Runden mit beträchtlicher Gleichgültigkeit und widmeten ihren Aufgaben nur die oberflächlichste Aufmerksamkeit. Die Toten, davon konnte man ausgehen, waren schließlich tot. Ich klopfte die Asche aus meiner Pfeife und steckte sie in die Tasche meines Ulsters, direkt neben die Butterbrote, die ich eigens für diese Gelegenheit mitgenommen hatte.
    Mittlerweile war es ziemlich dunkel, und der Wind hatte etwas aufgefrischt, was wenig dazu beitrug, unsere Stimmung zu heben.
    »Ich bin jetzt so weit, daß Sie mir die Krypta von Charles Garnier zeigen können«, kündigte ich an.
    »Aber wie wollen Sie sich das Grab denn jetzt noch ansehen?« erwiderte er mit einiger Schärfe. »Also, ich finde diese ganze Angelegenheit höchst ungewöhnlich.«
    »Fassen Sie sich in Geduld, mein lieber Ponelle. Das Gebäude auf der anderen Seite gehört, wie ich mir vorstelle, dem Totengräber, der mittlerweile, das möchte ich wetten, ein warmes Abendessen genießt und froh ist, diesem rauhen Abend entkommen zu sein. Sollen wir herausfinden, ob meine Annahme korrekt ist?«
    Der kleine Schuppen gehörte tatsächlich den Totengräbern, und es kostete mich keine große Mühe, das unhandliche Schloß zu knacken und meinen übellaunigen Komplizen in das kleine Gebäude hineinzuziehen. Dort fand ich, wie erwartet, eine Laterne und mehrere andere nützliche Werkzeuge, von denen eines, wie ich wußte, ganz besonders wichtig war.
    »Was haben Sie mit diesem Stemmeisen vor?« wollte Ponelle mit einem ängstlichen Blick wissen.
    »Immer nach Ihnen, mein lieber Junge.«
    Er schnaubte mit einer Mischung aus Spott und Verzweiflung und stampfte aus dem kleinen Gebäude hinaus.
    Ich folgte dem gebündelten Lichtstrahl der Laterne in Ponelles Kielwasser, während dieser mich zur Nordseite der Totenstadt leitete. Es muß etwa ein Weg von einer halben Meile gewesen sein. Wir waren bis zu den Augenbrauen mit Schlamm bespritzt, und einmal mußten wir uns flach auf den nassen Boden legen, als einer der Friedhofswächter auf seinen Runden an uns vorbeikam, nicht mehr als drei Gräberreihen von uns entfernt.
    »Hier liegt Bizet«, sagte Ponelle, der mittlerweile gegen seinen Willen von dem Abenteuer fasziniert war. »Die Gedenktafel hat Garnier selbst entworfen.« Er war der geborene Fremdenführer.
    »Das spielt jetzt keine Rolle. Zeigen Sie mir Garnier.«
    Er bedeutete mir, ihm zu folgen. Der Schöpfer von Bizets Grabstein und der Pariser Opéra lag nicht mehr als fünfzehn Schritte entfernt von dem Komponisten von Carmen in einer großen Gruft. Ein einziges Wort stand auf dem weißen Granit:

    Garnier

    Ich sah mich vorsichtig um.
    »Nun, mein lieber Ponelle, muß ich Sie bitten, Ihre Nachsicht noch ein wenig weiter zu strapazieren«, sagte ich beschwichtigend, während ich mit einer schwungvollen Geste das Stemmeisen unter meinem Mantel hervorzog. Seine Augen traten aus ihren Höhlen. Das Stemmeisen hatte er vergessen.
    »Was haben Sie damit vor?«
    »Ich habe vor, den Sarg von Monsieur Garnier zu öffnen und –«
    Weiter kam ich nicht. Der arme Ponelle sprang auf wie eine erschrockene Gazelle und wollte an mir vorbeilaufen. Ich hielt ihn am Revers fest und ließ mein Instrument mit einem sanften Aufschlag in das nasse Gras fallen.
    »Ponelle.«
    »Das ist unglaublich!«
    »Ponelle!«
    »Monströs! Unerträglich!«
    »Das einzige, was ich von Ihnen will, ist, daß Sie die Leiche identifizieren.«
    » Was? «
    Ich wiederholte meine Bitte.
    »Das ist der reine Wahnsinn! Der Mann ist seit zwei Jahren tot!«
    »Ich glaube nicht.«
    Er starrte mich an. »Ich glaube, Daedalus ist noch immer im Zentrum seines Labyrinths.«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen. Man wird uns verhaften und verurteilen –«
    »Ponelle,

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