Sherry Thomas
das
ernst meinte. Für diese Frau hatte er keinerlei Verwendung mehr. Er wollte sie
nicht zurück. Der Satz war nur so ein seltsames Stück Treibgut gewesen, das
seine Psyche an die Oberfläche gespült hatte. Ein Ausdruck männlichen
Reviergehabes.
Er nickte Frederick und einigen der
anderen Herren zu, holte Hut und Stock und verließ den Club. Es war ein
wunderschöner Nachmittag draußen, was überhaupt nicht zu seiner Stimmung passen
wollte. Der Himmel hätte von düsteren Wolken verhangen sein müssen, der Wind
eisig, dazu ein peitschender, eiskalter Regen. Damit hätte er sich wohlgefühlt.
Durchnässt, unglücklich und halb erfroren.
Stattdessen musste er nun den
gnadenlosen gleißenden Sonnenschein dieses Frühsommertages ertragen, den
zwitschernden Vögeln und lachenden Kindern zuhören, während seine Verdrängung
zu versagen drohte.
Gigi irrte sich. Es ging überhaupt
nicht um Theodora. Es war nie um Theodora gegangen. Immer nur um sie.
»Der Duke of Perrin.« Gigi
runzelte die Stirn. »Wie hast du den denn kennengelernt?«
Victoria Rowland hatte eigentlich
damit gerechnet, dass Gigi keine großen Schwierigkeiten machen würde. Wie nebenbei
hatte sie den Duke im Gespräch erwähnt, während sie ihre Tochter davon zu
überzeugen versuchte, dass die sich eine Pause vom hektischen Leben in London
gönnen sollte. »Wir sind Nachbarn und haben uns ganz zufällig bei seinem
täglichen Spaziergang getroffen.«
»Es wundert mich doch sehr, dass du
ihm gestattet hast, sich dir vorzustellen.” Ein Mädchen in weißem Hemd,
schwarzem Rock und langer Schürze kam herbei und füllte ihre Gläser mit
Mineralwasser. Victoria hatte sich mit Gigi in einer Teestube für Damen
verabredet, weil sie fürchtete, dass das Personal der Tochter klatschen könnte.
»Ich dachte, du hältst dich sonst von Verführern und Draufgängern fern.«
»Verführer und Draufgänger! «,
rief Victoria. »Wofür hältst du Seine Gnaden? Er ist ein sehr angesehener Mann,
damit du es nur weißt.«
»Vor fünfzehn Jahren hatte er einen
beinahe tödlichen Jagdunfall. Danach zog er sich vom gesellschaftlichen Leben
zurück. Bis dahin allerdings war dein angesehener Herr ein schlimmer
Schürzenjäger, Spieler und Tunichtgut.«
Schnell betupfte Victoria den Mund
mit der Serviette, um zu verbergen, dass der ihr vor Staunen offen stehen
geblieben war. Der Duke of Perrin war schon während ihrer Jugend ihr Nachbar
gewesen und nun wieder. Allerdings wusste sie nicht, was er in den zwanzig
Jahren dazwischen getrieben hatte.
»Na ja, schlimmer als Carrington
kann er sich kaum gebärdet haben.«
»Carrington?« Gigi starrte sie
an. »Wieso vergleichst du ihn mit Carrington? Willst du den Mann etwa
heiraten?«
»Nein, natürlich nicht!«,
stritt Victoria erregt ab. Das bereute sie gleich darauf, denn Gigi musterte
sie misstrauisch aus zu Schlitzen verengten Augen.
»Warum lädst du ihn denn dann zum
Dinner ein?« Mit jedem Wort klang ihre Stimme ein bisschen kühler als zuvor.
»Sag mir bitte nicht, dass du vollkommen wahnsinnig geworden bist und auf
einmal vorhast, mich zur Duchess of Perrin zu machen.«
Victoria seufzte. »Wäre das denn so
schlimm? Ein Versuch kann doch nicht schaden.«
»Mutter, ich glaube, ich habe dir
bereits mitgeteilt, dass ich Lord Frederick Stuart heiraten werde, sobald ich
von Tremaine geschieden bin.« Gigi sprach so langsam und deutlich, als
würde sie das Ganze einem sehr dummen Kind erklären.
»Aber bis
zu deiner Scheidung wird es noch eine ganze Weile dauern«, erklärte
Victoria. »Vielleicht haben sich deine Gefühle für Lord Frederick bis dahin ja
geändert.«
»Hältst du
mich für so wankelmütig?«
»Nein, natürlich nicht.«
Himmel, wie erklärte man einer jungen Frau, dass ihr Zukünftiger ungefähr so
intelligent war wie eine Walnuss? »Ich will damit nur sagen, dass ich mir nicht
sicher bin, ob Lord Frederick wirklich der richtige Mann für dich ist.«
»Er hat ein gutes Herz, einen
sanften Charakter und keinerlei Laster. Außerdem liebt er mich sehr. Welcher
Mann sollte da besser für mich sein?«
Herrje, das Mädchen machte es ihr
wirklich schwer. »Denk bitte gut darüber nach. Du bist eine sehr begabte und
kluge Frau. Könntest du wirklich einen Mann respektieren, der dir in dieser
Beziehung unterlegen ist?«
»Sag doch einfach offen, dass er
deiner Meinung nach ein Dummkopf ist.«
Dieses Kind! »Gut, ich halte ihn für
beschränkt, sehr beschränkt sogar. Ich kann den Gedanken, dass du
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