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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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der
Bibliothek. Reeves, sein Butler, kam mit der Abendpost herein. Langford schaute
sich die drei Briefe an. Zwei stammten von befreundeten Gelehrten, der eine
von einem Deutschen, der andere von einem Griechen. Den letzten hatte seine
Cousine Caroline geschickt, dem Rest der Welt besser bekannt als Lady Avery.
Sie verfolgte die Sünden ihrer Bekannten mit geradezu religiösem Eifer und frohlockte
bei jedem neuen gesellschaftlichen Skandal. Insbesondere was Letzteres anging,
verfügte sie über ein geradezu enzyklopädisches Wissen.
    Langford schickte Reeves fort und
öffnete Carolines Brief. Endlich ein wenig anspruchslose Abwechslung. Früher hatten
Caro und ihre Schwester Grace, Lady Somersby, ihm immer gleich vormittags einen
Besuch abgestattet, um herauszufinden, mit welcher Dame er das Bett geteilt
hatte. Oder wie viele Kurtisanen – genaue Zahlen, bitte! – bei ihm daheim
gewesen waren. Er hatte persönlich das rein zufällige Ausschütten eines Eimers
kalten Wassers aus dem Fenster über der Eingangstür seines Hauses
beaufsichtigt, als die beiden wieder einmal davorstanden und klingelten. Leider
waren sie so leidenschaftliche Klatschbasen, dass sie schon am nächsten Tag
zurückkehrten – mit Schirmen bewaffnet.
    Wahrscheinlich schrieb Caro ihm aus
reiner Dankbarkeit einmal im Monat, weil er und sein Lebenswandel ihr früher
so wunderbare Anekdoten geliefert hatten. In ihren Briefen fanden sich stets
die neusten Klatschgeschichten. Zu Beginn seines selbstgewählten
Eremitendaseins hatte er die Briefe ungeöffnet ins Feuer geworfen. Doch mit
den Jahren hatte Caros Unermüdlichkeit ihn schließlich mürbe gemacht. Er gab es zwar nicht
zu, aber inzwischen war er richtig süchtig nach dieser monatlichen Dosis Ehebruch,
Eitelkeit und Wahnsinn.
    Diesmal wusste die Cousine zu
berichten, dass Lady Southwell ein weiteres Kind zur Welt gebracht hatte, das
keinerlei Ähnlichkeit mit Lord Southwell besaß, wohl aber mit Mr. Rumford. Sir
Ronald George hatte ein Haus eingerichtet, in dem seine beiden Geliebten
zusammen einziehen sollten. Und angeblich hatte Lord Whitney die Verlobte mit
seinem eigenen Bruder im Küchenschrank gestellt.
    Das Beste allerdings hatte sie bis zum
Schluss aufgehoben. Eine veritable Scheidung zwischen der reichsten Erbin des
Landes und dem ältesten Sohn eines Dukes, der auch selbst ein ansehnliches
Vermögen besitzen sollte. In allen Einzelheiten schilderte Caro, dass die
Erbin vorhatte, ihren jungen Liebhaber zu heiraten, die Motive des Marquess
bei der ganzen Sache indes rätselhaft blieben und wie alle Welt gespannt auf
den Ausgang der Geschichte wartete. In der Öffentlichkeit gab sich das Ehepaar
ausgesprochen freundschaftlich, aber wer wusste schon, was sich hinter
geschlossenen Türen abspielte? Versuchten die beiden, sich gegenseitig zu
vergiften? Oder den Ruf des anderen durch gezielt gestreute Gerüchte zu
zerstören? Möglicherweise lachten sie auch heimlich hinter seinem Rücken über
Lord Frederick Stuart, den armen Esel.
    Der Eisenbahn-Erbin, nun Marchioness
of Tremaine, wäre es vor Jahren beinahe gelungen, einen Duke zu heiraten. Nach
dessen plötzlichem Tod hatte sie dann aber den Cousin ihres verstorbenen
Verlobten genommen. Bisher war es ihr dennoch nicht vergönnt gewesen, die Erdbeerblatt-Tiara
einer Duchess zu tragen. Ihr eigentliches großes Ziel hätte sie mit der
angestrebten Scheidung also verfehlt.
    Langford runzelte die Stirn. Jetzt
fiel ihm wieder ein, woher er Mrs. Rowland kannte. Genau vor ihrem Cottage auf
der Landstraße waren sie einander schon einmal begegnet.
    Das musste jetzt gut dreißig Jahre
her sein. Er war gerade während der Ferien aus Eton zu Hause gewesen, tödlich
gelangweilt und in der Stimmung für wilde Abenteuer, von denen seine Eltern
freilich nichts erfahren durften.
    Sein Vater
war damals schon seit Jahren krank gewesen und sollte einige Wochen später
sterben. Das hatte Langford natürlich nicht gewusst. Er verachtete den Vater
für dessen Gebrechlichkeit, die ihn ans Bett fesselte, und machte in der Schule
geschmacklose Witze darüber. Derlei konnte er sich natürlich daheim in Ludlow
Court nicht erlauben. So hielt er sich nach Möglichkeit vom Haus fern.
    Er unternahm lange Spaziergänge. Und
bei einem dieser Ausflüge hatte er sie gesehen, wie sie gerade aus dem Cottage
kam und zu einer auf der Straße wartenden Kutsche hinüberging.
    Sie war atemberaubend schön gewesen.
Da er einige Monate zuvor seine Jungfräulichkeit eingebüßt

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