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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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dabei die Effizienz der Verbrennung.«
    »Korrekt.«
    »Das Problem dabei ist natürlich,
genau das richtige Drehmoment zu finden«, führte sie weiter aus. Ihre Ingenieure
hatten sich verzweifelt die Köpfe zerbrochen, während sie versuchten, die
angemessene Voltstärke des Starkstromgleises der neuen Londoner U-Bahn zu entwickeln.
    »Das ist leider immer so«,
erwiderte er. »Man kann den Bauplan bedauerlicherweise nicht beliebig abändern.
Ich habe jetzt zwei Alternativen entwickelt und den Winkel auf 1,2 Grad bestimmt.
Meine Ingenieure in New York werden den Motor anpassen und ihn dann
testen.«
    »So ein Glück, dann musst du dir
zumindest nicht selbst die Hände schmutzig machen.«
    »Aber das macht gerade Spaß dabei.
Ich baue meine Pläne meistens selbst nach. Ganz gleich, was es ist.« Er
lächelte sie stolz an. Ihr Herz blieb beinahe stehen. Es stimmte: Wenn er
lächelte, schien die Sonne wirklich noch etwas heller. »Wärst du gern die erste
vornehme englische Dame, die in einem Automobil über die Rotten Row
fährt?«
    Gegen ihren Willen lächelte nun auch
sie, und ihr wurde ganz warm. »Deine ungeheuren handwerklichen Fähigkeiten
sind mir wohl bewusst. Ich kenne nämlich dein kleines Geheimnis, Camden.«
    Erstaunt schaute er sie an.
»Geheimnis?«
    »Das Kleid, das Claudia zu ihrem
ersten Ball getragen hat.«
    »Ah, das meinst du.« Er
entspannte sich sichtlich. »Genau genommen ist das ihr Geheimnis und
nicht meins. Es war ihr schrecklich peinlich, dass sie ein von ihrem Bruder
zusammengestümpertes Kleid anhatte, während die anderen Gäste in Kreationen von
Monsieur Worth erschienen.«
    »Nur keine falsche
Bescheidenheit.«
    »Nein, nein, es war wirklich
Stümperei. Ich hatte keine Ahnung, wie ich den Saum oben so hinbekommen sollte,
wie sie es sich vorstellte, ohne dass ihr der obere Teil des Kleides
herunterrutschte. Also holte ich mir ein paar Metallgestelle für Reifröcke von
meiner Mutter und habe das gesamte Dekolleté auf Draht gezogen. Claudia stand
beim Ball schrecklich Ängste aus, dass ihr Kleid sie entweder erstechen oder
aber sich der Draht in einen attraktiven Verehrer bohren könnte.«
    »Als sie vor ein paar Jahren nach
England kam, hat sie mir das Kleid gezeigt«, erzählte Gigi. »Ich wollte
ihr schlicht nicht glauben, dass du es genäht hattest, bis sie es mir mit der
Hand auf der Bibel geschworen hat.«
    »Mein erster und letzter Ausflug in
die Welt der Mode«, sagte er trocken. »Damals war ich neunzehn und glaubte
noch, ich könnte einfach alles. Claudia weinte stundenlang, weil wir kein Geld
hatten, um ihr zum ersten Ball ein neues Kleid zu kaufen. Also dachte ich mir,
wie schwer kann das schon sein? Schließlich hatte ich oft genug den Stoff für
meine Modelschiffe ausgeschnitten und zusammengenäht. Die Schneiderei ist
schließlich nichts anderes als Maschinenbau mit weichen Materialien.«
    »Sie findet, du hast ein wahres
Wunderwerk vollbracht.«
    »Offenbar verklärt sie die Episode
arg in ihrer Erinnerung. Zwei Tage vor dem Ball hatte ich immer noch keine
Ahnung, wie ich den riesigen Rock an der Taille raffen sollte. Da halfen mir
auch meine intimen Kenntnisse euklidischer Mathematik nicht weiter. Bis zu dem
Augenblick wusste ich nicht, was Panik wirklich bedeutet.«
    Gigi musste an das Kleid denken, wie
es liebevoll in Seidenpapier gehüllt noch immer in Claudias altem Zimmer auf
Twelve Pillars aufbewahrt wurde. Ich habe den besten Bruder der Welt, hatte
Claudia zu ihr gesagt. Es war ein nicht sonderlich dezenter Fingerzeig gewesen,
dass Gigi sich so schnell wie möglich in Richtung New York einschiffen sollte.
    »Das Ergebnis ist trotzdem sehr ansehnlich
geworden.«
    »Den Rock habe ich ebenfalls auf Draht gezogen.«
    Sie brachen in Gelächter aus. Die
Lachfältchen um seine Augen hatte sie nie zuvor gesehen, sie waren ein Geschenk
von Sonne und See.
    Plötzlich wurde er still und schaute
sie an. »Dein Lachen hat sich nicht verändert. Bis du zum ersten Mal gelacht
hast, fand ich dich schrecklich vornehm und weltgewandt. Aber du lachst noch
immer wie ein kleines Mädchen, wenn man es kitzelt.«
    Was sollte man darauf erwidern? Von
jedem anderen hätte sie diese Bemerkung wenn schon nicht unbedingt für eine
Liebeserklärung, dann immerhin wenigstens für einen Ausdruck großer Zuneigung
gehalten. Doch wie sollte sie eine solche Bemerkung von
ihm deuten?
    Er beeilte sich, dem Gespräch eine
andere Wendung zu geben. »Bevor ich es wieder vergesse, muss ich dir

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