Sheylah und die Zwillingsschluessel
du kein Schwert, was?“ „Ich möchte nicht gegen dich kämpfen“, antwortete er und hob abwehrend die Hände. „Du hast ihn umgebracht, du hast ihn umgebracht, indem du Morthon getötet hast. Da hättest du ihm auch eigenhändig den Kopf abschlagen können“, schrie sie, doch er zuckte nicht einmal mit der Wimper. „Sheylah, wenn Andrey es so gewollt hat, dann kannst du Sou nicht die Schuld geben“, sagte Djego leise. „Wir brauchen eure Hilfe, lange können wir sie nicht mehr halten“, rief Arlindinho und alle schauten in seine Richtung. Er hatte recht. Die letzten Überlebenden kämpften erbittert gegen die Übermacht an Kreaturen und sie waren am Verlieren. „Sheylah, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um zu trauern! Wir müssen ihnen helfen“, sagte Neela. Und obwohl ihre Worte mehr als schmerzhaft waren, hatte sie doch recht. Sheylah warf Sou noch einen langen Blick zu, dann sagte sie: „Entschuldige, ich habe es nicht so gemeint.“ Sou lächelte schwach und kam auf sie zu. „Doch das hast du und es tut mir leid. Wirklich.“ Er berührte sie ganz leicht an der Schulter und Sheylah zuckte zurück. Doch nicht vor der Berührung, sondern vor dem Klang seiner Stimme. Denn zum ersten Mal hörte sie echtes Mitleid darin. Sie kämpfte darum, die Fassung zu bewahren und blinzelte ihre Tränen weg.
Ihre Freunde kämpften sich bis zu Raqui vor und erschlugen die Kreaturen, die versuchten, die Kiste an sich zu bringen. Die Truhe von Guanell sah nicht gerade spektakulär aus. Sheylah hatte eine prunkvolle Truhe erwartet, aber diese hier war vollkommen schmucklos und höchstens aus hochwertigem Holz. Sheylah nahm ihr Schwert und ging zu Tuga, den Andrey ihr zugeworfen hatte. Er lag immer noch auf dem Boden. „Tränke das Schwert mit deinem Blut, dann kannst du Tuga spalten und zerstören“, sagte Sou. Sheylah tat es und schnitt sich tief in den Arm. Neela zog hörbar die Luft zwischen den Zähnen ein, doch Sheylah selbst spürte nichts. Als die Schwertspitze nass von ihrem Blut war, stieß Sheylah sie mit ganzer Kraft in den Schlüssel. Ein heftiger Energiestoß ließ sie wanken und ihr Schwert wurde davon geschleudert. Aus dem Innern des gespaltenen Tuga quoll eine schwarze zähe Flüssigkeit. Der Großteil versickerte im Boden, doch einige Tropfen spritzen auf ihr Kleid - es war ihr egal. Sie hatten gesiegt und der Schlüssel des Dunkels war zerstört. Sheylah nahm Tarem ab und steckte ihn in das Schlüsselloch der Truhe.
HEIMWEG
Als Sheylah die Augen aufschlug, lag sie ausgestreckt auf dem Boden. Alles, woran sie sich erinnerte, war, dass sie ihren Schlüssel in die magische Truhe gesteckt hatte, sonst nichts. Sie stand auf und klopfte sich den Sand von den Kleidern, dann ließ sie ihren Blick umherschweifen. Alle Kreaturen waren verschwunden, als hätten sie sich in Staub aufgelöst. Es gab keine Leichen, keine Waffen und keine Blutlachen auf dem Erdboden, auch nicht vom Kampf davor. Es war, als hätte es die Schlacht nie gegeben. Neela, Djego, Berger und Sou neben ihr waren ebenfalls erwacht und schauten sich verwirrt um. Sogar Raqui hatte es umgehauen. „Was ist geschehen?“, fragte Neela und rieb sich den Hinterkopf. „Keine Ahnung, aber alle Monster sind weg“, antwortete Sheylah. „Und nicht nur sie“, fügte Djego hinzu. Zuerst verstand Sheylah nicht und folgte seinem Blick, dann sah sie es. Es waren nicht nur alle Kreaturen verschwunden, sondern auch die Leichen ihrer gefallenen Kameraden. Als hätte das Licht nicht nur alles Böse, sondern auch das, was davon berührt worden war, ausgelöscht. „Unglaublich“, murmelte Berger. Die restlichen Überlebenden, Sheylah schätzte so um die eintausend Mann, bewegten sich erschöpft in ihre Richtung. Arlindinho humpelte auf Neela zu und schloss seine Schwester in die Arme. Medäha und Berger, welche die Monster für sie aufgehalten hatten, nickten sich anerkennend zu und Sheylah schöpfte neue Hoffnung in Bezug auf seinen Hass gegenüber den Basa. Tarem steckte noch in der Truhe und Sheylah zog ihn heraus. Dann ging ihr Blick zu Andrey, doch er war ebenfalls verschwunden. Alles, was er zurückgelassen hatte, war sein Schwert. Sheylah näherte sich dem Schwert und verlor mit jedem Schritt neue Tränen. Als sie an der Stelle angelangt war, konnte sie nichts mehr sehen, egal, wie oft sie sich mit dem Handrücken über die Augen fuhr. Jemand bückte sich und drückte ihr sein Schwert in die Hand. Es war Neela, sie roch ihren unverkennbaren
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