Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
Vom Netzwerk:
Mann mit einem hochherzigen Geist – ein Mann des shibumi.«
    »Ein Mann des – was?«
    »Lassen Sie nur. Ihr Onkel hat nie in die Terrorszene gepasst. Er war emotional dafür nicht geeignet, und das spricht sehr für ihn als Menschen. In besseren Zeiten hätte er das ruhige Leben eines Philosophen oder Gelehrten geführt. Doch er besaß einen leidenschaftlichen Sinn für Gerechtigkeit, und zwar nicht nur im Hinblick auf sein eigenes Volk. So wie die Dinge vor fünfundzwanzig Jahren in Israel lagen, standen leidenschaftlichen und hochherzigen Männern, die keine Feiglinge waren, nur sehr beschränkte Möglichkeiten offen.«
    Hannah war nicht an Hels leise, beinahe flüsternde Gefängnisstimme gewöhnt, daher musste sie sich ziemlich weit vorneigen, um ihn verstehen zu können.
    »Wenn Sie meinen, ich hätte Ihren Onkel nicht geschätzt, dann irren Sie sich sehr. Es gab vor sechzehn Jahren in Kairo eine Situation, in der er seine Sicherheit, möglicherweise sogar sein Leben riskierte, um mir zu helfen. Und was noch wichtiger ist, er riskierte darüber hinaus den Erfolg eines Projekts, dem er sich verschrieben hatte. Mich hatte eine Kugel in die Seite erwischt. Die Lage war so, dass ich es nicht wagen konnte, ärztliche Hilfe zu suchen. Als ich ihn traf, war ich zwei Tage lang mit einem blutdurchtränkten Stofffetzen unter dem Hemd durch Hintergassen geschlichen, weil ich mich nicht in ein Hotel traute. Ich war vom Fieber benommen. Nein, ich schätze ihn wirklich sehr. Und ich stehe in seiner Schuld.« Hel sagte es mit leiser monotoner Stimme, freilich ohne die Dramatik, die Hannah mit Aufrichtigkeit verbunden hätte. Er erzählte ihr diese Dinge, weil sie – um ihres Onkels willen – ein Anrecht darauf hatte, das Ausmaß seiner Ehrenschuld kennenzulernen. »Nach dieser Sache damals in Kairo habe ich Ihren Onkel nie wiedergesehen. Unsere Freundschaft wuchs im Laufe der Jahre aufgrund eines Briefwechsels, den wir beide als Ventil benutzten, um Ideen zu prüfen, Ansichten über Bücher auszutauschen, die wir lasen, über das Schicksal und das Leben an sich zu klagen. Wir waren zwei einander sehr nahestehende Fremde.« Hel fragte sich, ob das junge Mädchen eine derartige Verbindung überhaupt begreifen konnte. Nachdem er diese Frage verneint hatte, konzentrierte er sich auf das anstehende Problem. »Nun gut, nachdem sein Sohn in München ermordet worden war, bildete Ihr Onkel eine Zelle, die ihm bei seiner Strafexpedition helfen sollte. Wie viele Mitglieder, und wo sind sie jetzt?«
    »Ich bin die Einzige, die übrig ist.«
    » Sie haben mit zu der Zelle gehört?«
    »Ja. Warum? Erscheint Ihnen das …«
    »Spielt keine Rolle.« Jetzt war Hel endgültig überzeugt, dass Asa Stern in drogenumnebelter Verzweiflung gehandelt hatte, als er dieses weiche College-Häschen in eine Aktionszelle aufnahm. »Wie groß war die Zelle?«
    »Wir waren fünf. Wir nannten uns die Munich Five.«
    Wieder ließ er die Lider sinken. »Wie dramatisch! Es gibt doch nichts Schöneres, als einen Stunt lauthals zu proklamieren.«
    »Wie bitte?«
    »Zu fünft in der Zelle? Ihr Onkel, Sie, die beiden in Rom Ermordeten – und wer war der fünfte? David O. Selznick?«
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen. Der fünfte Mann kam bei einer Bombenexplosion in einem Café in Jerusalem um. Er und ich, wir waren … wir waren …« In ihren Augen glänzten Tränen.
    »Natürlich waren Sie! Die aufregendere Variante einer Urlaubsromanze! Und eine der hübschen Nebenwirkungen, wenn man eine überzeugte junge Revolutionärin ist und die Verantwortung für die ganze Menschheit auf seinen Schultern trägt. Na schön. Erzählen Sie, wie weit Ihr Projekt gediehen war, als Asa starb.«
    Hannah war verwirrt und verletzt. Dies war ganz und gar nicht der Mann, den ihr Onkel beschrieben hatte, der ehrliche Profi, der darüber hinaus ein kultivierter Mensch war, der seine Schulden bezahlte und sich weigerte, für die brutalsten unter den nationalen und kommerziellen Machthabern zu arbeiten. Wie konnte ihr Onkel nur einen Mann geschätzt haben, der so wenig menschliches Mitgefühl erkennen ließ? Der so wenig Verständnis zeigte?
    Hel verstand sie natürlich nur allzu gut. Er hatte schon öfter hinter diesen fanatischen Amateuren aufräumen müssen. Er wusste, wenn der Sturm losbrach, liefen sie entweder feige davon oder sie schossen, wiederum aus Feigheit, jeden nieder, der ihnen vor die Waffe geriet.
    Überrascht stellte Hannah fest, dass sie nicht weinen konnte,

Weitere Kostenlose Bücher