Shkarr (German Edition)
einzigartige Wirkung. Atemlos lauschte er und staunte über die unheimliche Klarheit und Reinheit des Gesangs. Unmerklich ließ der Heiler die Melodie enden, lauschte ihrem Nachklang und öffnete dann seine Augen.
‚Jetzt müssen wir warten. Morgen wird ein anstrengender Tag für den Menschen und er ist immer noch nicht wirklich bei voller Kraft. Wir sollten diesen Tag enden lassen.’ Mit diesen Worten erhob sich der Alte und wandte sich dem Ausgang zu.
Krischan war aufgeregt. Unruhig zupfte er an seinen Haaren, die ihm mittlerweile über die Schultern reichten und von Shkarr sorgfältig in Ordnung gebracht wurden. Die Nacht hatte er mit Shkarr in einem provisorischen Nest in den Bäumen nahe der Halle des Bundes verbracht. Truschan, Arusch und Zsoral hatten es ähnlich gehalten und waren schon in den frühen Morgenstunden zu einer kleinen Jagd aufgebrochen, um sich für den Tag zu stärken. Eine kurze Mitteilung an Shkarr informierte diesen darüber, dass sie auch für den Menschen etwas mitbringen würden.
‚Wenn du so weitermachst, werde ich nie fertig’, kam die milde Rüge. ‚Mangels einer Hypodusche werde ich im Übrigen auch den Rest von dir so säubern müssen. Also halt endlich still, sonst dauert das noch bis in alle Ewigkeit.’
Krischan erstarrte mitten in seiner Bewegung und drehte sich dann um. Er war sich nicht sicher, nicht doch trotz des neutralen Tonfalls, ein kleines, provokantes Funkeln in den smaragdgrünen Augen zu sehen.
‚Das ist nicht lustig’, meinte er kurz angebunden.
Shkarr schickte ihm ein mentales Schulterzucken. ‚Mag sein, aber du riechst nicht besonders gut. Also muss etwas dagegen unternommen werden. Wenn du einen anderen Vorschlag hast?’
Krischan überlegte zu Anfang mit nicht sehr viel Erfolg, während Shkarr ungerührt fortfuhr. Dann fiel ihm jedoch noch etwas ein: ‚Ich könnte mich auch mit Wasser waschen.’ Er kniff dabei seine Augenbrauen zusammen und überlegte, wie das vonstattengehen sollte. Aber er hatte schon davon gelesen, dass so etwas möglich war.
‚Wasser?’, Shkarr schüttelte sich. ‚Wasser ist zum Trinken da. Sich damit zu waschen, ist absurd. Manchmal wird man davon nass, wenn es regnet oder wenn man schwimmen muss, weil es keinen anderen Weg gibt. Aber sich freiwillig nass zu machen, darauf kann auch nur ein Mensch kommen. Im Übrigen gibt es hier nicht genug Wasser in der Nähe, mit dem du dich waschen könntest. Ich werde dich jetzt sauber machen und keine Widerrede.’
Damit fand sich Krischan zwischen den Beinen von Shkarr wieder, der seine Hygienemaßnahmen unbeeindruckt von seinem Widerstand fortsetzte.
‚Ach, so muss man das machen!’, hörten beide hinter sich, nachdem sich Krischan halb unter dem Kanarra herausgewunden hatte. Truschan legte seine Last ab und blinzelte in die grauen Augen des Menschen, der irgendwie die Farbe in seinem Gesicht geändert hatte. Truschan fand das faszinierend. Er wollte zu gern wissen, wie der Mensch das machte.
‚Was hat er gesagt?’, knurrte Krischan wütend, während er die Gelegenheit nutzte, sich vollends zu befreien. Shkarr ignorierte die Frage und inspizierte die Beute, die aus einem kleinen Skisch, diversem Obst, Blattwerk und Wurzeln bestand; alles sorgfältig in einem kleinen Netz zusammengebunden.
‚Danke’, schniefte er in Richtung Truschan und schnappte sich dann den Skisch. ‚Wir sind noch nicht fertig, Krischan. Nach dem Frühstück geht es weiter.’
Ehe Krischan eine passende Abfuhr einfiel, verschwand der silberfarbene Kater aus seinem Blickfeld.
„Verdammter ...“ Krischan verschluckte den Rest und biss sich auf die Zunge.
‚Ja?’, kam zuckersüß die Nachfrage, glasklar in seinem Geist, aus unsichtbarer Quelle.
‚Vergiss es! Lass mich nur in Ruhe!’
Truschan hatte Shkarr hinterher geschaut und blickte jetzt Krischan fragend an, als auch er den Zurückgekommenen nicht mehr riechen oder hören konnte. Stumm schob er Krischan das vegetarische Frühstück vor die nackten Füße. Eine Antwort konnte er immer noch nicht erwarten. Auch wenn es nicht sehr befriedigend war, so konnte er doch wenigstens die Gefühle spüren. Krischans Gefühle waren jetzt jedoch von Wut und Verletztsein geprägt, die sich aber allesamt auf Shkarr bezogen. Nicht sehr erquicklich zu so früher Morgenstunde, resümierte Truschan, als er dem nachging. Erforschend drang er in den Geist des Menschen ein. Er fand dort eine fremde Emotion, die sich zwischen so gegenteiligen Empfindungen
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