Shkarr (German Edition)
Befragung. Besser war, wenn er auf der Stelle die Flucht ergreifen würde. Doch er konnte sich nicht bewegen. Gebannt wie das Kaninchen vor der Schlange sah er seinem Unheil entgegen und konnte doch nur die Augen aufreißen. Während Geromes telepathische Sondierung sich wie sanfte Flügelschläge ausgemacht hatten, hatte Krischan jetzt das Gefühl, dass der Mensch ihn verbrennen wollte. Mit gelähmten Stimmbändern stöhnte er auf und erneuerte verzweifelt die Barriere. Kühl tasteten die Finger über seine Stirn und seine Schläfen.
‚Es wäre einfacher, wenn Sie sich nicht dagegen wehren würden. Ich bekomme so oder so raus, was ich möchte. Schade, dass Sie nicht für uns arbeiten. Sie sind wirklich ein starker Telepath.’ Tief beugte sich der Mann über ihn, sah in die weit geöffneten Augen und musterte den zum Schrei geformten Mund. ‚Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass bei Ihnen nichts festzustellen war. Nicht das Geringste. Spätestens in der Pubertät erlangen die Begabten unter uns Wissen darüber. Aber bei Ihnen ... Nichts! Absolut gar nichts! Wie ist es passiert? Kommen Sie, zeigen Sie es mir! Es ist einfacher, wenn Sie nachgeben.’
Immer wieder trommelten die Worte gegen die Blockade und versuchten ihn zur Aufgabe zu zwingen. Erbarmungslos jagte der messerscharfe Verstand durch den von Krischan, richtete eine Menge Schaden an und ließ diesen sich vor Schmerz winden. Aber dennoch gelang es dem Mann nicht, dorthin vorzustoßen, wohin er wollte.
Der menschliche Telepath wurde darüber wütend und verlor einen Teil seiner Ruhe. Mit so viel Widerstand hatte er nicht gerechnet und das war er eigentlich auch nicht gewohnt. Krischan bemerkte das und versuchte trotz allem, sich irgendwie zu entziehen, die Schwäche des anderen ausnutzend.
Aber plötzlich war er wieder frei. Beraubt jeglicher Kontrolle über seinen Körper rutschte er von der Liege und schlug hart auf. Erst auf dem Boden erinnerte er sich daran, dass er halb aufgestanden war. Aber diese Erinnerung war unwirklich.
Blind versuchte er auf allen vieren zu fliehen, weg von dem Mann, dorthin, wo er die Tür vermutete.
Wie er schon befürchtet hatte, wurde er jedoch schnell daran gehindert. Arme schlangen sich von hinten um ihn und zogen ihn auf seine Beine. Von Wut und Angst gleichermaßen beflügelt, schlug er um sich.
„Nicht!“, hörte er eine vertraute Stimme nahe seinem Ohr. „Nicht, Sie tun sich nur selbst weh, Krischan.“
Zitternd hörte er auf. Sich an die Arme klammernd nahm er das Angebot an und beruhigte sich.
„Wo ist er?“, flüsterte er außer Atem.
„Er wird Ihnen nichts mehr tun. Heute fliegen wir nach Kesz. Sie können schon heute Abend dort sein.“ Gerome setzte ihn auf der Liege ab und hockte sich vor ihn hin. Besorgt und prüfend sah er den Menschen an, befühlte vorsichtig die beigebrachten mentalen Wunden. Krischan zuckte immer wieder zusammen und versuchte Gerome daran zu hindern.
„Ich werde Sie einschlafen lassen, dann wird es nicht so wehtun.“ Krischan wich zurück. Er wollte das nicht. Sein erschrockener Blick fiel auf den Fremden, der sich gerade mithilfe zweier SkarraSHrá vom Boden erhob. Ein hämisches Grinsen verunzierte dessen Gesicht und in Krischan blitzte das Bild seiner Schwester auf.
Ehe er auf den Mann zustürzen konnte, entmaterialisierten sich alle drei vor seinen Augen und präsentierten ihm nur Luft und die dahinterliegende Wand.
„Ich muss zu meiner Schwester!“, stieß er aus. „Sie werden ihr was antun!“
„Beruhigen Sie sich! Ihrer Schwester geht es gut. Glauben Sie mir. Seit Sie verschwunden sind, stand sie unter unserem Schutz.“
„Aber ...“
Gerome fing den außer sich geratenen Krischan ein. „Es geht ihr gut. Warum laden Sie sie nicht hierher ein?“ Diese Frage brachte ihm einen verzweifelten Blick und geistiges Zusammenzucken ein. Gerome kniff die Augen zusammen. ‚Darf ich?’, fragte er in Gedanken. Er erhielt keine Zustimmung, aber auch keine Ablehnung.
‚Warum haben Sie nichts gesagt?’, fragte er nach einer Weile. Krischan sah ihn ungläubig an.
„Warum sollte ich etwas sagen? Sie können doch Gedanken lesen“, flüsterte er.
Gerome zwinkerte verblüfft mit seinen Augen. Dann lachte er und Krischan fühlte, dass der SkarraSHrá wirklich so empfand. Kein Vortäuschen menschlicher Gefühle.
‚Sie sind wirklich gut. Wenn ich nicht gerade jemandem auf den Zahn fühle, kann ich nicht alles lesen. Das wissen Sie aber auch aus eigener Erfahrung. Aber
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