Shoal 01 - Lichtkrieg
entlangpirschten.
Sie warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, ob Corso, der sich immer noch wie willenlos von seinen Sicherungsleinen mitschleifen ließ, auch nicht zu weit zurückfiel. Doch wenigstens hatte er mittlerweile aufgehört, sich gegen diese Art von Führung zu sträuben.
»Der entscheidende Punkt ist, dass überall, wohin ich mich begebe, irgendeine Katastrophe passiert. Der Alien verwischt seine Spuren, indem er mich wie eine Marionette benutzt und mich exakt das ausführen lässt, was seinen eigenen Zielen – wie auch immer die aussehen mögen – förderlich ist. Und wenn ich von vornherein als Schuldige feststehe, fällt niemandem ein, tiefer nachzuforschen. Warum sollte man auch, da doch sämtliche Indizien auf mich deuten.«
Schließlich verharrte sie an ihrem Platz und wartete darauf, dass er sie einholte. Während sie Corso über die gekrümmte Außenhülle der Hyperion gelotst hatte, war Theona teilweise hinter dem Schiffskörper verschwunden. Hundert Meter weiter in Richtung des Bugs kreiste das Gravitationsrad immer noch um die Achse des Rumpfs. Sie hörte, wie Corsos Schnaufen sich verstärkte, und nahm an, dass auch er soeben einen Blick auf den Eismond geworfen hatte. Ihm musste es so vorkommen, als würde er von Drähten, denen er nicht zutraute, dass sie sein Gewicht aushielten, die Fassade eines kilometerhohen Turms hinaufgezogen, an dessen Spitze sich ein rotierendes Rad befand.
Sie beschloss, weiterzureden, um ihn von dem beklemmenden Anblick abzulenken.
»Ich finde, es stellt sich eine interessante Frage. Die Ghost-Technologie hat man erst entwickelt, als nach rund fünfhundert Jahren Computerwissenschaften immer noch keine Vorrichtung in Sicht war, die man auch nur halbwegs als eine echte Künstliche Intelligenz bezeichnen könnte. Mithilfe der Ghost-Implantate hat man dieses Problem einfach umgangen, richtig?«
»In der Tat«, krächzte Corso. »Ghost-Implantate sind im Wesentlichen ein Künstliches Unterbewusstsein, das Daten verarbeitet und nur die wirklich wichtigen Informationen durchlässt. So könnte man diese Technologie doch treffend beschreiben, oder?«
»Ganz recht, Corso. Und deshalb könnten die Datenspeicher an Bord der Hyperion – oder an einem x-beliebigen anderen Ort -eigentlich nichts enthalten, das so hochentwickelt ist wie die Intelligenz, die mit mir kommuniziert hat. Das lässt den Schluss zu, dass es eine externe Quelle gibt, die sich via der herkömmlichen Datenspeicher mit mir in Verbindung setzt.«
Sie gewahrte eine Einstiegsluke und hatte abermals den Eindruck eines Déjà-vu. Eilig steuerte sie auf die Luke zu, während ihre Sicherungsleinen wie Peitschenschnüre hin und her schwangen.
Zwischendurch spähte sie immer wieder nach hinten, um sich davon zu überzeugen, dass Corso auch mit ihr Schritt hielt. Mittlerweile bewegte er seine Gliedmaßen überhaupt nicht mehr, sondern ließ sich einfach von den Sicherungsleinen mitnehmen. Unwillkürlich musste sie schmunzeln; er sah aus wie irgendein sehr dürrer Meeresbewohner, der sich vorsichtig über den Grund des Ozeans tastet. Mit ein wenig Fantasie glich er einer dünnbeinigen Spinne oder Krabbe, die auf ihrem winzigen Kopf eine Beute in Menschengestalt transportiert. Aber das Tempo, das er vorlegte, war zufriedenstellend.
»Und das ist einer der Gründe, weshalb wir hier draußen herumkrabbeln?«, ächzte er.
»Ja. Halte durch, Corso. Es kann nicht mehr lange dauern.«
Die Service-Luke war mit einem simpel aussehenden Schließmechanismus ausgestattet. Dakota hatte keine Probleme, ihn zu öffnen. Sie öffnete die Klappe und spähte hinunter auf etwas, das in etwa einer Neuronenzelle glich, jedoch zu der Größe eines menschlichen Kopfes aufgebläht und silbergrau gefärbt war. Der Korpus bestand offenbar aus kristallinen, semitransparenten Fasern. Ausgehend davon reichten Dutzende von Strängen tief in ein Kontrollpaneel innerhalb der Luke hinein.
»Mist!«, fluchte Corso, als er zu ihr aufschloss. »Hast du eine Ahnung, was das sein könnte?«
Auch Dakota starrte auf das seltsame Objekt und kämpfte gegen den aufsteigenden Ekel an. Sie konnte es kaum fassen, dass sie selbst dieses Ding anmontiert hatte.
»Das ist ›der Händlers Lucas, dieser Alien, der mich zu seinem Werkzeug umfunktioniert hat. Genauer gesagt eine Kopie seines Geistes, die durch dieses Paneel in die Subsysteme der Hyperion eingespeist wird. Wir müssen das Ding zerstören.«
Allmählich erinnerte
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