Shoal 01 - Lichtkrieg
sauste das Stück einer Bergflanke auf sie zu – auch dieser Klotz war mit silbernen Adern durchzogen –, um dann vor ihren Augen buchstäblich zu zerbröseln.
Natürlich war ihr klar, dass sie nur dem Iso-Anzug ihr Überleben verdankte. Sie hatte gewusst, dass er bis zu einem gewissen Grad auch kinetische Energie absorbieren konnte, aber dass er sie geschützt hatte, nachdem sie mit einem Berg kollidiert war, nötigte ihr eine Mischung aus Ehrfurcht und Staunen ab.
Ein stadiongroßes, rotierendes Trümmerstück raste von unten auf sie zu. Der Zusammenprall war unvermeidlich, doch sie klammerte sich an die Hoffnung, dass es auch dieses Mal gutgehen würde.
Der Brocken rammte mit unglaublicher Wucht ihre Füße, dennoch spürte sie nichts. Ein paar Augenblicke lang glühte ihr Iso-Anzug in einem stumpfen Rot, während der Felsen, mit dem sie zusammengestoßen war, zu dampfen anfing und Risse zeigte. Anscheinend vermochte der Iso-Anzug auf irgendeine Weise die enorme kinetische Energie eines Aufpralls zu reflektieren.
Dakota nutzte diese verblüffende Erkenntnis, beugte die Knie und stieß sich mit den Füßen von dem Asteroidenfragment ab. Ihr Iso-Anzug nahm langsam wieder seine normale schwarze Farbe an, als die restliche Energie in den Raum zurückstrahlte. Es war kaum zu glauben, dass der flüssige Schutzschild der Bandati zu derartigen Leistungen fähig war.
Nach und nach entfernte sie sich von Bourdains Rock, indem sie sich gegen vorbeitrudelnde Felsstücke stemmte und von ihnen abstieß. Schließlich wagte sie es, sich umzudrehen und einen Blick zurückzuwerfen. Reste des sterbenden Waldes waren immer noch sichtbar; zerfetzte Bäume und Sträucher klammerten sich an Bruchstücke des zertrümmerten Asteroiden, die langsam voneinander wegdrifteten oder gegeneinander stießen, wobei der Prozess der Zersetzung ständig weiterging.
Dakota durfte gar nicht daran denken, was mit den Menschen passiert war, die nicht rechtzeitig hatten flüchten können.
Sie sah zu, wie ein gigantisches Stück des Asteroiden, der einst den künstlichen Horizont gebildet hatte, sich inmitten eines Schauers aus grauem und schwarzem Pulver auflöste. Bäume und Flechten krallten sich immer noch an ein Segment, ein paar Schaltkreise der Notenergieversorgung funktionierten noch und beleuchteten das Innere von geborstenen Korridoren, Gerätekammern und Wohnquartieren.
Zusammen mit dem Schein sporadisch aufflackernder elektrischer Feuer erzeugten diese Lichter den Eindruck, als schaue man direkt in eine Hölle. Ab und zu erhaschte sie einen Blick auf die schockgefrorenen Kadaver von Rehen und Pferden, die durch das All trieben, ehe sie in den Mahlstrom aus Staub und Felsstücken gerieten, der sie zu Pulver zermalmen würde.
Die Piri teilte ihr die jüngsten Berichte über das Desaster mit, als örtliche Schiffe, die von Bourdains Rock flüchteten, die lokalen Tach-Netze mit Informationen versorgten. Ihre Ghost-Scanner fingen die Beschreibung einer Frau auf, die dringend für eine Vernehmung gesucht wurde. Eine Frau mit illegalen Maschinenkopf-Implantaten.
Aber ich habe doch gar nichts getan, protestierte sie in Gedanken. Vielleicht war ja auch irgendein anderer Maschinenkopf gemeint.
Sie wollten mich umbringen. Ich hatte gar keine Wahl …
Dabei hatte sie tatsächlich nichts unternommen, um den MegaKiller zu zünden. Sie hatte ihre Drohung nicht wahrgemacht. Der Bluff, mit dem sie Moss hatte täuschen wollen, war kläglich gescheitert.
Aber irgendwer hatte den MegaKiller zur Explosion gebracht. Sie hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass genau jener MegaKiller, den sie kurz zuvor hierhergebracht hatte, der Auslöser für die verheerende Katastrophe war.
Die Vorstellung, dass man sie dazu benutzt hatte, um diesen Kataklysmus stattfinden zu lassen, war schier ungeheuerlich. Dakota fühlte blanke Panik in sich aufsteigen. Jetzt würde man sie suchen, weil man glaubte, sie sei für das Unglück verantwortlich.
Und ihr würde man die Tat auch zutrauen, denn sie war ein Maschinenkopf, jemand, der sich mit illegaler Technik hochtunte, seine natürlichen Fähigkeiten künstlich optimierte.
Der vertraute Groll, die alte Frustration wallten wieder in ihr auf. Sie erinnerte sich nur allzu gut an den Tag, als man ihre originalen Ghost-Implantate gewaltsam entfernte, nachdem der fatale Fehler in der Technologie aufgedeckt worden war. Genauso lebhaft war die Erinnerung an die auf diesen Eingriff folgenden Depressionen, die fast zu
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