Shoal 01 - Lichtkrieg
prallen, wäre sie nicht fest angeschnallt gewesen. Ihr Kopf war mit Klemmen fixiert, während winzige, nadelähnliche Geräte an gutgeölten Gelenkarmen um ihren Schädel rotierten und ihre Implantate prüften. Ultraschallbilder wurden an eine nahe gelegene Wand projiziert.
»Na ja, diese Attacke war viel schlimmer als alle anderen verdammten Schaltkreis-Kopfschmerzen, die ich je hatte«, beklagte Dakota sich erbittert.
O’Neill schüttelte den Kopf. »Sehen Sie, und aus genau diesem Grund sollte man Maschinenköpfe so lange wie möglich voneinander getrennt halten. Wenn so viele von euch auf einem Haufen zusammengepfercht sind wie jetzt, bleiben solche Phänomene, wie Sie sie gerade erleben, einfach nicht aus. Es muss sich nur ein einziger Maschinenkopf unwohl fühlen, und alle anderen stecken sich in null Komma nichts an.«
»Ich weiß, dass Chris Severn dieselben Probleme hatte wie ich. Ist sonst noch jemand betroffen?«
O’Neill drückte auf einen Knopf, und mit leisem Summen richtete sich die Rückenlehne des Stuhls wieder auf. »Sie sind heute Morgen nicht meine erste Patientin«, erwiderte er, während eine Krankenschwester die Gurte löste, die Dakota festhielten.
Gespannt beobachtete Dakota den Arzt, der die Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpresste. »Ist es dann nicht viel zu riskant, unsere Missionen wie geplant durchzuziehen? Ware es nicht besser, die Angelegenheit zuerst zu untersuchen und zu prüfen, was genau dahintersteckt?«
»Ja, das wäre wirklich angebracht. Aber wenn wir jetzt einen Rückzieher machen, bricht die Hölle los. Wir würden ein bedeutendes ›Opportunitätsfenster‹ verlieren, wie die da oben sich auszudrücken belieben.«
Dakota war entsetzt. »Und so was gibt Commander Marados von sich?«
O’Neill klappte den Mund auf, doch es dauerte eine Weile, bis er antwortete. »Nein, ich denke, das kommt von einer viel höheren Ebene«, gab er schließlich zu.
»Das Ganze erscheint mir recht dubios.«
»Tja«, O’Neill umfasste ihren Ellenbogen und führte sie aus dem Behandlungszimmer, »so ist das nun mal beim Militär. Eine große, glückliche, bürokratische Familie. Wenn irgendwas schiefgeht, ist immer jemand anders schuld.«
An der Tür blieb Dakota stehen und blickte den Arzt vorwurfsvoll an.
»Hören Sie«, meinte O’Neill, »es besteht wirklich kein Anlass zur Sorge, ist das klar? Andernfalls hätte der Kommandostab längst den Befehl erteilt, die Mission zu verschieben. Wenn die da oben glücklich sind, sind wir auch glücklich.«
Als Dakota das Labor verließ, fragte sie sich, ob es nicht besser gewesen wäre, auch ihre Halluzinationen zu erwähnen.
Sie hatte von Engeln mit Flügeln geträumt. Diese Wesen waren vom Himmel heruntergeschwebt und mitten auf dem Marktplatz einer Stadt gelandet, an den sie sich aus ihrer Kindheit erinnerte. Das schimmernde Licht, das von ihrer herrlichen, goldenen Haut abstrahlte, vermittelte ein Gefühl von Warme, Schönheit und Geborgenheit. Einer der Engel, eine Frau mit langen, wehenden Haaren und einem so gütigen Gesichtsausdruck, dass Dakota selbst im Schlaf die Tränen gekommen waren, schwebte nur wenige Millimeter über das Kopfsteinpflaster und betrachtete sie voller Mitgefühl.
Der Engel hatte in einem seltsamen, unverständlichen Dialekt zu ihr gesprochen, aber im selben Moment, in dem sie die fremden Laute hörte, erschloss sich ihr deren Sinn.
Als sie des Morgens aufgewacht war, konnte sie sich an kein einziges Wort erinnern, das der Engel gesagt hatte. Doch das Gefühl, an einem realen Ort gewesen zu sein, war immerhin so stark, dass sie Heimweh nach diesem Platz mit seinen Lichterwesen empfand.
Dakota zögerte und spielte mit dem Gedanken, in das Labor zurückzugehen. Aber was genau sollte sie O’Neill erzählen? Dass sie einen besonders plastischen Traum gehabt hatte? Sie würde sich höchstens blamieren.
Also setzte sie ihren Weg fort. O’Neill wusste sicher, was er tat, und ein Befehl war ein Befehl. Vielleicht würde der Arzt ihr gar vorwerfen, sie vergeude seine Zeit. Der Traum selbst war wirklich nichts weiter als ein Hirngespinst – vermutlich erzeugt durch ihre innere Anspannung wegen des bevorstehenden Einsatzes beim Angriff auf Cardinal Point.
Auf ihrem Weg zum morgendlichen Briefing durchquerte Dakota einen großen, kreisförmigen Raum, dem man den Spitznamen »Zirkusmanege« gegeben hatte. Hier befand sich nun die Operationszentrale des Kommandostabs der vom Konsortium gestellten
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