Shogun
zurück.«
»Das ist aber unerhört gefährlich«, warnte seine Gemahlin ihn. »Herr Toranaga hat uns strikte Befehle gegeben hierzubleiben. Wir könnten niemals völlig sicher sein, daß nicht doch irgendwer die Wahrheit argwöhnt – es wimmelt von Spionen. Falls Toranaga zurückkäme und Euch nicht vorfände, würde er Eure Abwesenheit falsch auslegen.«
»Jawohl«, ergänzte seine Lieblingsgattin. »Bitte, verzeiht, aber Ihr müßt Eurer Gemahlin schon Gehör schenken. Sie hat recht. Herr Toranaga würde es Euch niemals glauben, daß Ihr seinen Befehlen zuwidergehandelt habt, nur um ein Barbarenschiff anzusehen. Bitte, schickt jemand andern.«
»Aber es handelt sich nicht um ein gewöhnliches Barbarenschiff. Es ist kein portugiesisches. Omi berichtet, es komme aus einem anderen Land. Diese Männer sprechen eine Sprache, die sich ganz anders anhört als Portugiesisch; außerdem haben sie blaue Augen und goldenes Haar.«
»Omi-san hat den Verstand verloren. Oder er hat zuviel Saké getrunken«, erklärte seine Frau.
»Diese Angelegenheit ist zu wichtig, um darüber zu spaßen – zu wichtig für ihn und für euch.«
Seine Gemahlin hatte sich verneigt, sich entschuldigt und erklärt, er habe völlig recht, sie eines Besseren zu belehren, doch habe sie diese Bemerkung nicht im Spaß gemacht. Sie war eine kleine, schlanke Frau, zehn Jahre älter als er, und hatte ihm acht Jahre hindurch Jahr für Jahr ein Kind geboren, bis ihre Gebärmutter ausgetrocknet war; und fünf von diesen Kindern waren Söhne gewesen. Drei davon waren Krieger geworden und im Krieg gegen China eines heldenhaften Todes gestorben. Der vierte war buddhistischer Mönch geworden, und den letzten, jetzt neunzehn Jahre alt, verachtete er.
Seine Gemahlin, die Dame Yuriko, war die einzige Frau, vor der er je Angst gehabt hatte; aber auch die einzige, der er größte Hochachtung entgegenbrachte – bis auf seine inzwischen verstorbene Mutter. Sie regierte sein Haus mit einer seidenen Peitsche.
»Verzeiht abermals«, sagte sie. »Hat Omi-san Einzelheiten über die Ladung mitgeteilt?«
»Nein. Er hat sie nicht untersucht, Yuriko-san. Er schreibt, er habe das Schiff sofort versiegelt. Schließlich hat es nie zuvor ein nicht portugiesisches Schiff gegeben, neh? Außerdem handele es sich um ein Kriegsschiff. Mit zwanzig Kanonen an Deck.«.
»Ah. Dann muß in der Tat sofort jemand hin!«
»Ich werde selbst hingehen.«
»Bitte, überlegt es Euch noch einmal! Schickt Mizuno. Euer Bruder ist gewitzt und weise.«
»Mizuno ist ein Schwächling, man kann ihm nicht trauen.«
»Dann befehlt ihm, Seppuku zu begehen, dann seid Ihr ihn ein für allemal los«, sagte sie rauh. Seppuku, bisweilen auch Harakiri genannt, die rituelle Form des Selbstmords durch Entleibung, war die einzige Möglichkeit für einen Samurai, ehrenhaft für eine Schande, eine Sünde oder einen Fehler zu sühnen; sie stellte das allerhöchste Privileg des Samurai-Standes dar. Alle Samurai – Frauen wie Männer – waren von frühester Kindheit an darauf vorbereitet, sowohl selbst Seppuku zu begehen als auch als Sekundant am Seppuku eines anderen teilzunehmen.
»Später, nicht jetzt«, erklärte Yabu.
»Dann schickt Zukimoto. Ihm kann man gewißlich vertrauen.«
»Wenn Toranaga nicht befohlen hätte, daß sämtliche Frauen und Nebengattinnen gleichfalls hierzubleiben hätten, würde ich Euch hinschicken. Nein, ich muß schon selbst gehen. Es bleibt keine andere Wahl. Yuriko-san, Ihr sagt mir, meine Schatzkammer sei leer. Ihr sagt, ich besäße keinerlei Kredit mehr bei den elenden Geldverleihern. Zukimoto sagt, wir holten das Äußerste an Steuern aus den Bauern heraus. Ich brauche mehr Pferde, Rüstungen, Waffen und noch mehr Samurai. Vielleicht gibt mir das Schiff mit seiner Ladung die Mittel dazu an die Hand.«
»Die Befehle des Herrn Toranaga waren unmißverständlich. Falls er zurückkehrt und Euch nicht hier …«
»Gewiß. Falls er zurückkehrt. Ich bin immer noch der Meinung, er ist in eine Falle gegangen. Herr Ishido hat achtzigtausend Samurai in der Nähe des Schlosses von Osaka aufgestellt. Daß Toranaga nur mit ein paar hundert Samurai hingegangen ist, war eine Wahnsinnstat.«
»Er ist viel zu schlau, um sich unnötig in Gefahr zu bringen«, sagte sie zuversichtlich.
»Wenn ich Ishido wäre und ihn in der Hand hätte, ich würde ihn sofort umbringen.«
»Ja«, sagte Yuriko. »Aber noch ist die Mutter des Erben als Geisel in Yedo. Herr Ishido wird es nicht
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