Shogun
Freuden mein Leben und das meines Klans hergeben, heute noch – öffentlich oder heimlich, wie Ihr wollt. Tut mir leid, aber ich verstehe nicht, warum man zulassen sollte, daß Ihr das Bemühen eines ganzen Lebens in den Wind schlagt.«
»Dann weigert Ihr Euch also, meinem Befehl zu gehorchen und die Eskorte anzuführen?«
Eine Wolke trieb vor der Sonne dahin, und beide Männer blickten zum Fenster hinaus. »Bald wird es regnen«, sagte Toranaga.
»Ja, es hat zuviel geregnet dieses Jahr, neh? Wenn der Regen nicht bald aufhört, ist die Ernte gefährdet.«
Sie sahen einander an. »Nun?«
Eisenfaust sagte schlicht: »Ich bitte Euch in aller Form, Euer Gnaden: Gebt mir Befehl, Euch von Yedo aus zu eskortieren und übermorgen nach Osaka aufzubrechen.«
»Da alle meine Ratgeber zum Gegenteil raten, nehme ich ihren Rat an und werde die Abreise ein paar Tage hinausschieben.«
Darauf war Hiro-matsu überhaupt nicht vorbereitet. »Eh? Ihr wollt nicht fort?«
Toranaga lachte, die Maske fiel, und er war wieder der alte! »Ich hab' nie daran gedacht, nach Osaka zu gehen. Warum sollte ich so dumm sein?«
»Wie bitte?«
»Meine Zustimmung in Yokosé war nichts weiter als eine Finte, um Zeit zu gewinnen«, sagte Toranaga leutselig. »Ishido hat nach dem Köder geschnappt. Der Narr erwartet mich in ein paar Wochen in Osaka. Und Zataki hat gleichfalls angebissen. Und Ihr und alle meine kühnen, argwöhnischen Vasallen habt gleichfalls angebissen. Ohne das geringste echte Zugeständnis habe ich einen ganzen Monat gewonnen und Ishido und seine dreckigen Verbündeten in hellen Aufruhr versetzt. Wie ich höre, schlagen sie sich bereits um den Kwanto. Nicht nur Zataki hat ihn versprochen bekommen, Kiyama auch.«
»Ihr habt niemals die Absicht gehabt hinzugehen?« Hiro-matsu schüttelte den Kopf, und dann, als ihm der ganze Plan in aller Klarheit aufging, breitete sich plötzlich ein gewaltiges Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Alles nichts als eine List?«
»Selbstverständlich. Hört, ich mußte sie ja alle, alle täuschen, neh? Zataki, durch die Bank alle, sogar Euch. Sonst hätten die Spione Ishido alles berichtet, und er wäre sofort gegen uns vorgegangen; kein Glück auf Erden noch die Götter im Himmel hätten mich vor einer Katastrophe bewahren können.«
»Das ist wahr … Ach, Herr, verzeiht mir! Ich bin ja so dumm! Ich habe verdient, den Kopf zu verlieren. Dann war es also alles Unsinn. Ich bitte Euch, verzeiht mir, daß ich an Euch gezweifelt habe.«
»Was sollte ich Euch verzeihen, alter Freund? Ich brauchte Euch. Es war nötig für mich, daß Ihr tatet, was Ihr getan, und sagtet, was Ihr gesagt. Jetzt brauche ich Euch mehr denn je. Ich muß jemand haben, dem ich trauen kann. Deshalb ziehe ich Euch in mein Vertrauen. Alles muß ein Geheimnis zwischen uns beiden bleiben.«
»Ach, Euer Gnaden, Ihr macht mich so glücklich …«
»Ja«, sagte Toranaga. »Das ist das einzige, wovor ich Angst habe.«
»Euer Gnaden?«
»Ihr seid Oberkommandierender. Ihr allein könnt diese dumme, lauernde Meuterei aufhalten, während ich warte. Ich vertraue Euch. Mein Sohn kann meine Generäle nicht in Schach halten, obwohl er sich nach außen hin niemals Freude über ein Geheimnis anmerken lassen würde … falls er darum wüßte … Aber Euer Gesicht ist das Tor zu Eurer Seele, alter Freund.«
»Dann gestattet, daß ich mir das Leben nehme, nachdem ich mit den Generälen fertig bin.«
»Das hilft nichts. Ihr müßt sie, solange meine vorgebliche Abreise noch in der Schwebe ist, zusammenhalten, neh? Ihr müßt nur Euer Gesicht und Eure Zunge hüten. Ihr seid auf der ganzen Welt der einzige, der es weiß, der einzige, dem ich vertrauen kann, neh?«
»Vergebt mir meine Begriffsstutzigkeit. Ich werde Euch nicht enttäuschen. Erklärt mir, was ich zu tun habe.«
»Sagt den Generälen, was ja auch der Wahrheit entspricht … daß Ihr mich überredet hättet, Euren Rat anzunehmen, in dem sie sich ja einig sind, neh? Ich befehle in aller Form, daß meine Abreise um sieben Tage verschoben wird. Später werde ich sie dann nochmals verschieben, aus Krankheitsgründen.«
»Und dann? Dann also doch ›Blutiger Himmel‹?«
»Nicht so, wie ursprünglich geplant. ›Blutiger Himmel‹, das war immer ein allerletzter Ausweg, neh?«
»Wie könnten wir einen Keil zwischen Ishidos Leute treiben? Wie steht es mit Kiyama und Onoshi?«
»Nein, die beiden stehen unversöhnlich gegen mich. Alle Christen werden sich gegen mich stellen –
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