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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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einem zur anderen, fand Schmerz in Niuns Augen, erkannte plötzlich den Grund für das Gefühl des Verlustes.
    »Es ist nötig«, meinte er, »daß ich im Schiff bleibe – um für euch Wache zu halten, She'pan. Ich werde diesen Stern nicht verlassen. Ich werde bleiben. Aber möglicherweise kann ich sie aufhalten.«
    »Die Marker, die du zurückgelassen hast – sind sie dafür gedacht?«
    Er erschrak in der Erkenntnis, daß Melein nicht getäuscht worden war.
    »Ja«, sagte er rauh. »Um sie wissen zu lassen, daß hier Freunde sind. Und vielleicht hören sie darauf.«
    »Dann wirst du nicht im Schiff bleiben«, sagte sie. »Die zurückgelassene Botschaft genügt. Wenn sie sie nicht beachten, gibt es nichts mehr zu sagen. Das Schiff hat keine Waffen.«
    »Ich könnte mit ihnen reden.«
    »Sie würden dich zurückholen«, sagte sie.
    Das stimmte. Er starrte sie an, durchfroren bis auf die Knochen durch den Wind, der sie peitschte.
    »Du könntest nicht kämpfen«, sagte sie, wandte den Blick zum weiten Horizont und streckte den Arm dorthin aus. »Wenn sie in all dieser Weite nach uns suchen, dann würden sie dir nicht zuhören; und wenn sie uns nicht suchen, ist alles gut. Komm mit uns, Kel Duncan!«
    »She'pan«, sagte er ruhig, akzeptierte es.
    Und er drehte sich um und stieg die Rampe hinauf.
    * * *
    Sie holten die Vorräte vom Schiff. Niun gab an, was gebraucht wurde, und gemeinsam fügten sie Aluminium-Rohrwerk zu etwas zusammen, das einen recht guten Schlitten abgab. Sie luden ihn in den Frachtfahrstuhl und sicherten die Ausrüstung darauf, die Niun aussuchte: Wasserbehälter, Nahrung, die leichten Matten, die zum Schlafen dienten, Aluminiumstangen zum Errichten eines Zeltes und Wärmedekken. Wenn sie auch Tsi'mri-Luxus darstellten, so fand doch sogar Niun die Kälte draußen das überzeugendere Argument.
    Sie suchten sich Extrakleidung aus und Stiefel zum Wechseln und zogen sich zweite Siga über die ersten.
    Und als letztes und wichtigstes von allem suchten sie den Schrein des Pan'en auf, und Niun nahm das Ovoid ehrfürchtig in die Arme und trug es zum Schlitten hinab, verstaute es dort an der Stelle, die dafür vorgesehen war.
    »Bring uns hinab!« sagte Melein.
    Duncan drückte den Schalter, und der Frachtfahrstuhl senkte sich langsam zum Erdboden hinunter, wo sie hinaus auf den roten Sand traten.
    Es war bereits später Nachmittag.
    Hinter ihnen stieg der Fahrstuhl wieder auf und hielt krachend an seinem Platz, ein fremdartiges Geräusch in dieser Ödnis, und danach gab es kein anderes Geräusch mehr als das des Windes. Die Mri stapften los und wandten den Blick kein einzigesmal zurück; aber einmal, zweimal, ein drittesmal konnte Duncan nicht an sich halten und sah über die Schulter zurück. Die gewaltige Masse des Schiffes wurde kleiner hinter ihnen, und sie nahm dabei eine seltsame, gefrorene Qualität an, schimmerte in dem rotgelben Licht, verschwamm mit der Landschaft: kein Licht, keine Regung, kein Geräusch.
    Dann geriet eine Bodenerhebung dazwischen, und das Schiff verschwand aus dem Blickfeld. Duncan spürte einen plötzlichen Stich der Verlassenheit, spürte die Berührung der Mri-Kleidung auf seiner Haut, die für ihn natürlich geworden waren, spürte die scharfe Kälte des Windes, die er sich ersehnt hatte, und war sich immer noch dessen bewußt, daß er allein war. Sie gingen auf die Sonne zu, auf die Quelle der Energie, die die Instrumente aufgespürt hatten, und es kam Duncan in den Sinn, daß er, sollten sie andere Mri finden, es schwer haben würde, seinen Gefährten seine Anwesenheit unter ihnen zu erklä- ren.
    Daß eine Zeit kommen konnte, wenn seine Anwesenheit sich für Niun und Melein mehr als nur unbequem erweisen würde.
    Das wäre ein schlechtes Ende, allein und als Fremder.
    Es traf ihn, daß er in seiner Verrücktheit mit denen die Plätze getauscht hatte, die er bemitleidet hatte, und am schmerzlichsten von allem war, er mochte nicht glauben, daß Niun ihn willentlich im Stich lassen würde.
    * * *
    Na'i'in ging unter und versorgte sie mit einem rötlichen Dämmerlicht, das das sterbende Meer in dunstige Vergessenheit tauchte, ein großer und erschrekkender Abgrund zu ihrer Linken, mit Felsspitzen, die durch den Dunst hochragten und den Eindruck vermittelten, als ob sie nicht in der Erde verankert wä- ren. Zu Beginn dieses Sonnenuntergangs legten sie eine Pause ein, trugen zweifache Gewänder gegen die Kälte und waren noch warm vom Gehen, und sie nahmen gemeinsam eine

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