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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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geboren worden waren.
    Niun liebkoste die samtpelzige Schulter des Dus und betrachtete den Menschen, dessen Gesicht im weißen Licht des Schirmes lag. Der Mann schlief in drogenbetäubter Vergessenheit, nachdem er ihnen das Schiff, sein Leben und seine Person gegeben hatte. Niun rätselte darüber und sorgte sich, dachte an all die Worte und Taten, die jemals zwischen ihnen stattgefunden hatten und daran, daß er den Menschen zu solch einer verzweifelten Handlung getrieben haben konnte. Entgegen der Weisheit des Volkes hatte er einen Gefangenen gemacht; und dies war das Resultat davon – daß Duncan ihnen jetzt verbunden war, hartnäckig wie die Dusei, die einfach einen Mri wählten und bei ihm blieben oder aus Kummer starben.
    Sicherlich liefen die Instinkte der Menschen nicht in diese Richtung. Vierzig Jahre lang hatte das Volk gekämpft, um die Menschen zu erledigen, und war dafür gemordet worden; Kel'ein, hingeschlachtet durch diese Rasse, die nur in Massen und mit Fernwaffen kämpfte. Vierzig Jahre, und schließlich, mit dem Sieg der Menschen, kam Duncan, der, schlecht behandelt, die gesamte lähmende Maschinerie menschlicher Barmherzigkeit über sie brachte, der sich und seine Freiheit zu ihrem Ermessen in ihre Hände legte.
    Tsi'mri-Dummheit , tobte Niun innerlich und wünschte, sich überhaupt von allen Tsi'mri fernhalten zu können.
    Und doch erinnerte er sich an einen langen und schrecklichen Traum, in dem Duncan eine treue Gegenwart gewesen war, in dem er um seine geistige Gesundheit und sein Leben gekämpft hatte und Duncan bei ihm geblieben war.
    Sühne?
    Vielleicht, dachte Niun, hatte das, was Duncan bewegte, die Gelegenheit aufgegriffen, die das von den Mri Gebliebene bot; vielleicht gab es letztlich bei den Tsi'mri einen seltsamen Sinn für Ehre, der sich nicht mit dem vertragen konnte, was die Regul getan hatten – als ob Menschen einen so übel gewonnenen Sieg nicht haben wollten; als ob der Untergang des Volkes eine Verkleinerung des Universums wäre, die auch die Menschen empfanden und die sie aus Furcht um sich selbst wiedergutzumachen trachteten.
    Eine Reise, wie sie sie jetzt machten, war nichts für Tsi'mri; aber wenn ein solcher jemals einen Anspruch gegenüber den Mri gehabt hatte, unentrinnbar in die Belange des Volkes verwickelt gewesen war, dann Duncan – von dem Zeitpunkt an, als er selbst, Niun, das Leben dieses Menschen in der Hand gehabt und die Chance versäumt hatte, es ihm zu nehmen.
    Niun, er ist Tsi'mri, hatte Melein argumentiert , und was immer er auch getan hat, er gehört nicht zu uns, nicht in der Dunkelheit.
    Und doch nehmen wir die Dusei mit, hatte er gesagt , und auch sie gehören zum Dazwischen; und sollen wir sie töten, die, die uns vertrauen?
    Melein hatte darüber die Stirn gerunzelt; allein der Gedanke war furchtbar, denn die Partnerschaft zwischen Mri und Dusei war so alt wie Kesrith. Und schließlich hatte sie das Gesicht abgewandt und nachgegeben. Du kannst ein Dus nicht in einen Mri verwandeln , hatte sie als letztes gesagt, und ich denke, daß du damit auch bei deinem Menschen keinen Erfolg ha ben wirst. Du wirst die Dinge nur qualvoll verzögern; du wirst ihn gegen uns bewaffnen und uns in Gefahr bringen. Aber versuche es wenn du dich fest entschlossen hast; ma che einen Mri aus ihm, mache einen Mri aus ihm, oder wir müssen eines Tages etwas Grausames und Furchtbares tun.
    »Duncan«, sagte Niun in die Dunkelheit und sah, wie sich Duncans lichtgebadetes Gesicht reagierend straffte. »Duncan.«
    Augen gingen auf, Schattenbrunnen im matten Licht des Schirms. Langsam, als ob die Droge immer noch seine Sinne umwölkte, setzte sich der Mensch auf. Er war nackt bis zur Hüfte, und seine seltsame Behaarung bildete einen merkwürdigen Kontrast zu seinem Gesicht. Er beugte den Kopf auf die Knie und fuhr mit der Hand durch das unordentliche Haar. Dann wandte er den Blick Niun zu.
    »Es ist eigentlich Zeit«, sagte Niun. »Du siehst nicht gut aus, Duncan.«
    Der Mensch zuckte die Achseln, und Niun ersah daraus, daß seine Krankheit ebenso eine des Herzens war wie des Körpers. Das konnte er gut verstehen. »Es gibt Dinge, die getan werden müssen«, meinte Niun. »Du hast gesagt, daß sich Handelsgüter an Bord befinden.«
    »Ja«, sagte Duncan, dessen Geister sich etwas hoben, als hätte er etwas Abscheulicheres gefürchtet. »Nahrung, Kleidung, Metalle, alles, was es auf der Station gab und was für den Mri-Handel vorgesehen war. Ich fand, daß es eigentlich euch

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