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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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etwas Fremdartiges war, persönlicher und stärker fordernd als alles, mit dem er bisher kalkuliert hatte. Er zog Niuns Geschicklichkeit in Erwä- gung und die Mri-Reflexe, die ganz einfach einen tödlichen Bruchteil schneller zu sein schienen als die der Menschen, und plötzlich fürchtete er, daß er für einen solchen Wettkampf nicht bereit war und Niun nur darauf wartete, daß er es zugab.
    »Es scheint«, meinte Duncan, »daß ziemlich viele Kel'ein beim Erlernen dieser Waffen sterben können.«
    »Es ist ein ehrenvoller Tod.«
    Er blickte dem Mri in das nackte Gesicht und suchte dort nach einer Spur von Humor, fand jedoch keine.
    »Ihr seid eine Rasse«, sagte Niun langsam, »die in Gruppen kämpft. Wir nicht. Die Gewehre, die Za hen'ein , sind euer Weg. Ihr versteht unseren nicht, das sehe ich. Und oft, Duncan, oft haben wir versucht, uns der Menschheit anzunähern; wir dachten, daß es in euch Ehre geben könnte. Vielleicht gibt es sie. Aber ihr wolltet nicht allein im Kampf antreten. Ist das zwischen Menschen niemals geschehen? Oder warum nicht, Duncan?«
    Duncan fand keine Antwort, denn er erkannte eine große Trauer in dem Mri, eine so tiefe Trauer und Verwirrung, als er das fragte – als ob, wenn diese eine Sache verstanden worden wäre, so viele Dinge nicht hätten geschehen müssen.
    »Es tut mir leid«, sagte Duncan und fand es ein wenig pathetisch.
    »Was willst du? Willst du spielen?«
    Der Kummer blieb. Urplötzlich fürchtete Duncan die scharfen Waffen während ein solches Gefühl in der Luft lag. Er blickte auf die kleinen Klingen hinab, die er in der Hand hielt, versuchte aber trotzdem vorsichtig, den richtigen Griff an ihnen zu finden.
    Niun streckte die schlanken Finger aus und half ihm sorgsam dabei, zog sie dann wieder zurück. Er wich zurück, bis zwischen ihnen ein passender Abstand war.
    »Immer nur eine Klinge, Duncan.«
    Er zögerte.
    »Das ist nicht gut«, meinte Niun. »Wirf!«
    Die Klinge flog. Niun fing sie und warf sie sanft zurück.
    Duncan griff daneben. Sie traf seine Brust und fiel ihm in den Schoß. Er rieb sich die wunde Stelle über dem Herzen und dachte, daß sie trotz der Gewänder bluten mußte.
    Er warf, und Niun erwiderte. Ungeschickt packte er den Griff, warf erneut; sie kam zurück, vor, zurück, vor, zurück – und plötzlich fiel ihm ein, daß es eine Waffe war, und er erstarrte und ein zweitesmal wurde er auf den Rippen getroffen. Mit zitternder Hand hob er die Klinge von seinem Schoß und warf.
    Niun fing sie auf, schloß die Hand und behielt sie.
    »Ich möchte weiterspielen«, sagte Duncan.
    »Später.« Niun streckte die Hand nach der anderen Klinge aus, und Duncan gab sie ihm zurück. Der Mri steckte beide wieder in den Gürtel.
    »Ich bin nicht so schwer verwundet.«
    Die Bernsteinaugen des Mri musterten ihn sachlich und lasen ihn von den zitternden Händen bis zum unverschleierten Gesicht. »Du hast jetzt bemerkt, daß du verletzt wirst. So geht es uns allen, Kel Duncan. Denke eine Weile darüber nach! Dein Herz ist gut. Dein Wunsch ist gut. Deine Selbstkenntnis ist fehlerhaft. Wir werden wieder spielen, manchmal mit Stä- ben, manchmal mit den Klingen. Ich werde dir alles zeigen, was ich kann. Aber du kannst nicht alles heute lernen. Zeig mir die Verletzungen. Ich habe meine Würfe sorgfältig abgewogen, aber ich könnte einen Fehler gemacht haben.«
    Duncan runzelte die Stirn, öffnete das Gewand und fand zwei winzige Einstiche, einen über dem Herzen, einen über den Rippen, weder gequetscht noch tief. »Ich nehme an, daß ich derjenige bin, der wahrscheinlich eher einen Fehler macht«, gab er zu.
    Niun betrachtete ihn sachlich.
    »Das ist wahr. Du kannst deine Kraft nicht zurückhalten. Ich muß meine immer noch zügeln, wenn wir mit den Stäben spielen.«
    Er blickte den Mri unwillig an.
    »Nicht sehr«, gab Niun zu. »Aber ich kenne deine Grenzen, und du kennst meine nicht.«
    Duncan preßte die Kiefer zusammen. »Was ist arro gant auf Hal'ari?«
    Niun lächelte. »Ka'ani-nla. Aber das bin ich nicht, Kel Duncan. Wenn ich arrogant wäre, dann hättest du mehr als zwei kleine Schnitte. Einen Gegner zu miß- brauchen, das ist arrogant. Das Spiel über die eigenen Grenzen hinauszutreiben, das ist Dummheit. Und du bist nicht dumm, Kel Duncan.«
    Es dauerte mehrere Augenblicke, bevor Duncan auch nur versuchte, zu antworten. Die Dusei schwankten unruhig hin und her.
    »Wenn ich dich zornig machen kann«, sagte Niun, als er den Mund zum Sprechen öffnete,

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