Shopping and the City
Barneys.
Nun, das wäre erst einmal alles. Ich wünsche euch allen einen wunderbaren Sommer. Tanti baci a tutti!!! (Was, wenn ihr denn fragen müsst, heißt: »Küsschen, Küsschen, ihr alle!!!«)
Liebe Grüße
Eure Imogene
Ich zündete eine schwarze Diptyque-Kerze an (ein Überbleibsel einer extrem kurzlebigen Goth-Phase). Zum allerersten Mal kam mir meine Kolumne flach und fade vor. Es fehlte einfach die übliche übersprudelnde Lebhaftigkeit, was mir langsam ehrlich Angst machte. Also tat ich das einzig Logische: Ich schmollte. Was in meinem konkreten Fall bedeutete, meine innere Naschkatze mit den letzten Petit Fours von Pierre Hermé zu füttern, während ich Frühstück bei Tiffany guckte – mein zweitbestes Heilmittel (nach Lipgloss) gegen »den Frust«.
»Ich weiß, dass es hier irgendwo sein muss«, jammerte ich laut, während ich das Regal hinter meinem Bett durchwühlte und Toy aufgeschreckt darunter Schutz suchte. »Mist!«
Merken: Nächste Netflix-DV D -Bestellung – Frühstück bei Tiffany .
Das war der letzte Tropfen! Ich riss die zweiflügelige Lamellentür auf und betrat meinen begehbaren Kleiderschrank – mein Refugium -, in dem ich all die Dinge aufbewahrte, die mir zu irgendeinem Zeitpunkt einmal
viel bedeutet haben. Ich hielt schnurstracks auf meine unfehlbaren Machen-mich-garantiert-glücklich-und-lassen-mich-alles-Schlimme-vergessen-Dinge zu, die ich seit meinen Vorschulzeiten hatte – meine Hello-Kitty-Sammlung. Ich holte alles von den in dreifacher Tiefe angelegten Borden: T-Shirts, Münzportemonnaies, Anstecknadeln, Armbanduhren, Haarspangen, Schmuck, Briefpapier, Mützen, Geldbörsen, Schlüsseletuis, sogar meinen Hello-Kitty-Koffer. Doch statt des üblichen Aufwallens tröstlicher Nostalgie gab es nur einen winzig kleinen Nadelausschlag auf der Glücksgefühlskala.
Ich stöberte weiter alles andere in meinem Kleiderschrank durch – die Klamotten, die Schuhe, die Handtaschen. Schließlich holte ich meine alten Sammelalben hervor. (Ja, so streberhaft es auch klingt, ich führe ein Sammelalbum.) Ich hockte mich auf den weichen pistaziengrünen Teppichboden, um mich in die Bilder meiner Vergangenheit zu versenken.
Da waren Bilder von Mom, Dad, Tante Tamara und mir in Union-Jack-T-Shirts vor dem Big Ben. Mom in ihrem Garten. Dad als Trainer meiner Lacrosse-Mannschaft in der vierten Klasse. Irre, Dad und ich beim Schnorcheln; ich mit einem riesigen Seestern in der Hand am Strand auf Eleuthera; Mom und Dad in Halloween-Kostümen als Cruella de Vil und Lord Byron; Dad in seinem Atelier – seine Kleidung mit Farbe bespritzt und mit einem alten Pinsel eingeklemmt zwischen seiner Oberlippe und seiner Nase, so als wäre es ein komischer Schnurrbart, was mich zum Lachen
brachte. Dann stieß ich unvermittelt auf ein altes Bild von meinen Eltern. Es war ausgeblichen und etwas unscharf, aber ich konnte erkennen, dass sie vor unserem Haus standen. Mom sah so jung und hübsch aus. Sie schaute liebevoll lächelnd auf das Baby, das sie in ihren Armen hielt. Dad lächelte ebenfalls. Sie sahen beide so stolz und glücklich aus. Plötzlich wünschte ich mir nichts mehr, als in der Zeit zurückzureisen und wieder dieses Baby zu sein.
Ich hob das Letzte der Fotos vom Boden auf – es war ein Bild von dem bodenlangen, mit Spitzenborte besetzten Fünfzigerjahre-Abendkleid mit passendem Bolerojäckchen, das Tante Tamara und ich vergangenen Sommer in einem Secondhand-Laden in London entdeckt hatten. Ich hatte es Evie als Souvenir mitgebracht. Sie revanchierte sich, indem sie ihre eigene Version anfertigte, die sie Audrey nannte (sie gab all ihren Kleidern Namen, meistens als Hommage an alte Filmstars) und mir schenkte, damit ich sie in diesem Sommer in Paris tragen konnte. Aber ich schätze, dass ich dazu wohl keine Gelegenheit haben werde.
Die Tränen flossen jetzt hemmungslos.
Schließlich knallte ich die Kleiderschranktür zu, stürzte zu meinem Bett und begann, alles von meinem Bett wieder in meinen Rucksack zu schmeißen, als ich mein Handy vibrieren fühlte. Es war Evie. »Oh mein Gott.« Ich hatte sie völlig vergessen.
»Wo bist du gewesen, ich habe mir die Finger mit deiner Handynummer wund gewählt!«, sagte sie, ohne mich zu Wort kommen zu lassen. »Als ich nach Hause
kam, ist mir das Allerschlimmste passiert, das du dir vorstellen kannst. Versprich mir, dass du nicht ausrastest. Zuerst einmal fahre ich in diesem Sommer nicht mit dir nach Paris!« Sie fing an zu heulen.
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