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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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musste, es sei ein guter Ort, um Kinder großzuziehen. Danach ist mir die Zeit einfach entglitten. Ich glaubte immer, wir hätten noch Zeit. Noch mehr Zeit.
    Ich könnte springen. Ich habe darüber nachgedacht. In meiner Branche – im Börsenhandel – ist der Sprung in die Tiefe unser Harakiri. Ich kenne einige Typen, die das für die einzig ehrenhafte Konsequenz halten. Oder wenn es ein Sprung nicht tut, dann ein vermessingter Revolver. Ich bin tatsächlich bei drei verschiedenen Gelegenheiten mit der Absicht hierhochgekommen, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Aber ich konnte es nicht tun. Ich konnte es einfach nicht. Und heute Abend kann ich es wieder nicht. Am Samstag ist Ronnys Hochzeit. Das ist kaum ein guter Zeitpunkt, um eine Riesensauerei auf dem Bürgersteig zu veranstalten. Am Samstag ist auch die große feierliche Wiedereröffnung dieser Mühle und die ganze Stadt ist zu einem Rundgang durch das Gebäude eingeladen. Am Samstag werde ich einen schicken Anzug anziehen (wenn auch ohne Schlips), eine kurze Rede halten, Plastikbecher mit Freibier verteilen und ein paar von den Besichtigungstouren leiten. Und am Abend werden dannin einer der noch nicht vermieteten Räumlichkeiten, einer wunderschönen Fläche mit großartigem natürlichem Sonnenlicht, Fußbodenheizung und sauberen, großzügigen Toilettenräumen, Ronny und Lucy heiraten. Ich habe ihnen keinen einzigen Penny berechnet. Die ganze Stadt ist eingeladen. Den Gästen wurde nahegelegt, ein Geschenk und irgendwelche nicht verderblichen Speisen mitzubringen. Ich dachte, wenn man schon mal bankrottgeht, dann kann man auch genauso gut zur Feier des Tages eine Party veranstalten.
    Wie schon gesagt, ich gebe mir Mühe.
    Lucy ist im sechsten Monat schwanger, aber da würde man nie drauf kommen. Sie sieht großartig aus. Felicia hat vor ein paar Wochen in unserem Haus eine Babyparty für sie veranstaltet. Es war sehr nett. Henry und Beth waren da. Die Girouxs – ohne Begleitung. Eddy Moffitt und seine Frau und ihre Kinder. Lee war auch da, aber natürlich ohne Chloe. Man weiß in der Stadt überhaupt nicht, was man davon halten soll. In den Boulevardblättern, die es unten im Supermarkt zu kaufen gibt, kann man Fotos von Chloe sehen, unscharfe, schlechte Bilder, auf denen sie mit irgendwelchen Rappern, Gitarrengöttern oder coolen Drummern abgebildet ist. Und dabei sind sie wohl noch nicht mal geschieden.
    Die Frauen bildeten in unserem Wohnzimmer einen Kreis und bauten vor Lucy einen anderthalb Meter hohen Stapel mit Geschenken auf. Wir hatten einen Partyservice bestellt, und in der Küche standen lauter kalte Platten, frisches Obst, Nudelsalate, Wein und Bier. Es war kalt draußen, aber die Männer hatten sich trotzdem um ein Lagerfeuer versammelt und vor dem ganzen Brimborium ausGeschenkpapier, Schleifen, dezenten Manieren und Fingerfood die Flucht ergriffen. Es war seltsam still um das Feuer. Ich glaube nicht, dass Lee und Henry auch nur ein einziges Wort gewechselt haben. Normalerweise kleben die beiden zusammen wie Pech und Schwefel. Wir bildeten Teams und warfen mit Hufeisen, spielten Boccia und rauchten Zigarren.
    »Was ist denn mit Lee los?«, fragte ich Eddy. »Er macht einen ziemlich mürrischen Eindruck.«
    »Wenn meine Frau mit allen bumsen würde, die es bis auf die Titelseite eines Klatschblattes geschafft haben, dann wäre ich bestimmt auch ziemlich mürrisch.«
    Also beließ ich es dabei. Auch damit gebe ich mir Mühe: die Dinge einfach öfter zu belassen, wie sie sind.
    Nachdem alle gegangen waren und der Partyservice die Reste wieder mitgenommen hatte, war es sehr still im Haus. Felicia kroch an diesem Abend sehr früh ins Bett und als ich ihr ein wenig später folgte, weinte sie.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    »Geh weg«, sagte sie. »Okay? Lass mich einfach in Ruhe.«
    Ich setzte mich auf die Bettkante, schaute zum Fenster hinaus auf unseren riesigen dunklen Rasen und die dahinterliegenden Felder, auf die Sterne, die über ihnen funkelten, und auf ein Paar Autoscheinwerfer, das durch die Landschaft kroch. Ich seufzte.
    »Sie sind schwanger und wir sind es nicht«, sagte ich.
    »Ronny Taylor wird Vater und du nicht! Klingt das in deinen Ohren irgendwie richtig ? Ronny hat einer Stripperin ein Kind gemacht und du weigerst dich, dasselbe für mich zu tun. Verdammt noch mal, Kip. Es ist wie dieses Brettspiel, das ich als kleines Mädchen immer gespielt habe.Weißt du, welches ich meine? Das mit den kleinen Autos und den bunten Kärtchen

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