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Showdown

Showdown

Titel: Showdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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Aufprall auf dem weiten Feld der Europäischen Finanzkrise schützen möge. Wer nicht ganz so hoch hinauswill und ein wenig gemächlicher durchs Leben schreitet, hat vielleicht doch wenigstens die Hoffnung, dass dieser Rettungsschirm so ähnlich wie ein Regenschirm funktionieren möge, der, einmal aufgespannt, verhindert, dass wir nass werden.
    Doch bei unserem ESM -Schirm müssen Sie sich das genau umgekehrt vorstellen. Sie spannen den Schirm auf und stellen ihn dann umgedreht auf seine Spitze, so dass er eine Art Schüssel bildet. Um diese Schüssel stehen nun alle Schuldner herum. Sobald einer von ihnen seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, wirft er sie einfach in die Schüssel. Die anderen Umherstehenden nehmen sich jeder einen Teil davon heraus und haften fortan dafür.
    Wenn Sie an dieser Stelle den Sprung in jener Schüssel suchen, dürfen Sie nicht im Schirm nachsehen, sondern bei dem, der sich diesen Unfug ausgedacht hat. Denn wie muss man sich das ganz praktisch vorstellen?
    Da ist ein beliebiges Land, nennen wir es einmal … Griechenland. Griechenland hat ganz schön viele Schulden. Da kommt eine Rate-Agentur und sagt zu den Anlegern: »Hey, seht mal, Griechenland! Die haben aber ganz schön hohe Schulden. Wenn ihr denen weiter Geld leihen wollt, dann müsst ihr dafür ganz schön hohe Zinsen nehmen!« Das ist zwar in etwa so, als würden Sie jemandem, der gerade einen Herzinfarkt erlitten hat, als Erste-Hilfe-Maßnahme die Kehle zudrücken, aber weil jemand so etwas rät, ist er auch eine »Rate-Agentur«. Es kommt, wie es kommen muss: Aufgrund der hohen Zinsen kann Griechenland seine Schulden nicht mehr bezahlen und wirft diese in seiner Not in die Schüssel. Alle Umstehenden nehmen sich ihren Anteil davon heraus. Für Deutschland und Frankreich ist das noch kein Problem, aber nehmen wir den schwächsten der übrig gebliebenen 16 Staaten, nennen wir ihn … Spanien! Spanien hat jetzt zu seinen eigenen auch noch griechische Schulden dazubekommen. Da kommt eine Rate-Agentur und rät: »Hey, seht mal, Spanien! Die haben aber auf einmal ganz schön hohe Schulden. Wenn ihr denen weiter Geld leihen wollt, dann müsst ihr dafür ganz schön hohe Zinsen nehmen!« Es kommt, wie es kommen muss: Spanien kann seine Schulden nun ebenfalls nicht mehr bezahlen und wirft diese in höchster Not und erleichtert in die Schüssel. Alle Umstehenden nehmen sich ihren Abteil davon heraus. Für Deutschland und Frankreich ist das nach wie vor noch kein Problem, aber nehmen wir den schwächsten der übrig gebliebenen 15 Staaten. Nennen wir ihn … Italien!
    Sie ahnen, worauf ich hinauswill. Als ich noch zur Schule gegangen bin, nannten wir das »Reise nach Jerusalem«. Mit dem wichtigen Unterschied, dass derjenige, der am Ende übrig geblieben war, gewonnen hatte.
    Ich denke, dass die Funktionsweise des Rettungsschirms in all ihrem Glanz nun deutlich geworden ist, auch wenn der eine oder andere bei obiger Schilderung eine leicht vereinfachte Darstellung der Thematik unterstellen mag.
    An dieser Stelle wird von Befürwortern des Rettungsschirms – sie treten häufig mit solch großer Überzeugung, mit einem solch missionarischen Eifer und solcher Humorlosigkeit auf, dass man befürchtet, an Scientologen oder Zeugen Jehovas geraten zu sein – meist auf die segensreiche Wirkung des sogenannten Fiskalpakts verwiesen. Dieser Fiskalpakt soll eben genau jene Mitspracheregeln ersetzen, die unsere Nachbarn davon abhalten sollen, auf unseren Darlehen und Bürgschaften genauso liederlich weiter zu feiern wie bisher. Sollten Sie an einem langweiligen Tag ohne Wetten-dass-Übertragung nicht wissen, wie Sie den Abend totschlagen können, nehmen Sie sich eine Flasche – diesmal italienischen – Rotwein, ein Exemplar des Fiskalpakts und lesen Sie sich das in Ruhe durch. Vermutlich werden Sie im Anschluss noch eine weitere Flasche Rotwein samt Grappa benötigen, um sich wieder zu fassen. Dieser Fiskalpakt ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Im Wesentlichen wird darin festgelegt, dass sich alle unterzeichnenden Staaten verpflichten, eine Art Schuldenbremse in ihre nationalen Gesetze hineinzuschreiben. Das klingt zunächst sinnvoll, findet aber wie immer seine humoristische Note im Detail. Schuldenbremse heißt vereinfacht ausgedrückt, dass der Staat in »normalen Zeiten« nicht viel mehr ausgibt, als er einnimmt. Einmalige und befristete Geldausgaben werden da schon nicht mehr dazugerechnet. Wenn es aber zu Störungen der

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