Showman
schwerfiel.
»Ich muß nur, ich muß nur – meine Güte, ich muß mal zur Toilette. Das ist menschlich und…«
»Dann gehe ich mit.«
»Bist du verrückt?«
»Laß mich ausreden! Ich werde zuvor in den Raum schauen, ob alles okay ist. Oder sollen John Sinclair und Suko mitgehen?«
»Auf keinen Fall.«
»Dann gehe ich mit, und es bleibt dabei.«
Doris verdrehte die Augen. »Wenn deine Seligkeit davon abhängt, bitte. Du kannst mitgehen.«
»Nicht meine Seligkeit, sondern deine. Komm jetzt hoch!« Er hielt ihr die Hand hin, die sie ergriff. Dann ließ sie sich von Steven in die Höhe ziehen.
Das bekamen auch die beiden Yard-Beamten mit, die sich nur kurz umdrehten. Steven wollte sie über sein Tun nicht im unklaren lassen und sagte leise: »Ich begleite Doris nur zur Toilette und werde sicherheitshalber vor der Tür warten.«
Auch das noch, dachte Doris und hatte Mühe, sich zu beherrschen und ruhig zu bleiben.
John Sinclair und Suko waren einverstanden. Sie nahmen Doris und ihren Freund kaum zur Kenntnis, als die beiden die Polizisten passierten.
Doris mußte den Polizisten einfach einen Blick zuwerfen und wunderte sich über den Eindruck, den sie auf sie machten. Zwar wirkten sie nicht apathisch, sie kamen ihr schon nachdenklich vor, als wären sie dabei, über irgend etwas nachzudenken. Die Gesichter waren dabei dem Fenster zugewandt, hinter dem der Showman erschienen war. Eigentlich hätten auch sie ihn gesehen haben müssen, aber sie hatten nicht reagiert und kümmerten sich auch jetzt nicht um die Bewohner der Wohnung.
Das war seltsam, aber nicht schlecht.
Steven blieb an Doris’ Seite. Er sah nicht ihr Lächeln, weil sie den Kopf gesenkt hielt. »Sonst geht es dir aber gut, nicht wahr?«
»Ja, kann man sagen.«
»Die beiden werden den Showman bestimmt packen.« Er ballte die rechte Hand zur Faust. »Ich spüre es. Ich bin mir sicher. Ich glaube fest daran, daß das in Ordnung geht.«
»Mal sehen.«
Nichts gab Doris von ihren eigenen Gedanken bekannt. Auf keinen Fall wollte sie ihren Freund einweihen. Obwohl sie den Showman nicht sah, stand sie nach wie vor unter dem Eindruck des Erlebten. Sie war geprägt worden, und sie würde auch das tun, was man von ihr verlangte, das stand fest. Der Showman hatte in ihr eine Helferin gefunden. Als sie daran dachte, mußte sie lächeln.
Beide betraten den Flur. Steven drückte die Frau etwas zurück, er wollte zunächst hineinschauen und erfahren, ob dort auch alles in Ordnung war. Der Flur sah aus wie immer. Von den Innenlichtern des Spiegels fiel ein schwacher Schein zu Boden. Die Tür zum Bad war geschlossen.
Steven ging darauf zu, öffnete, schaute in das Bad hinein und war zufrieden, denn er winkte seiner Freundin zu, ihm zu folgen.
Doris Carter ging mit langsamen Schritten. Auch jetzt gab sie durch nichts zu erkennen, wie es tatsächlich in ihr aussah. Sie sprach kein Wort, sie war einfach nur da, und sie hatte auch das Gefühl, den Befehlen des Showman zu folgen.
Dancer blieb in der offenen Tür stehen und deutete mit einer Hand in das Bad. »Du kannst.«
»Danke.«
Als Doris das Bad betreten hatte, schloß Steven die Tür und holte tief Luft. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Auf seiner Stirn spürte er den kalten Schweiß. Er klebte auch an anderen Stellen des Körpers, und der Zeichner fragte sich, was mit ihm los war. Er kam mit seinem eigenen Zustand nicht zurecht. Vergeblich versuchte er, ihn zu beschreiben, was ihm allerdings nicht gelang, denn beschreiben hieß für ihn auch, sich zu erinnern. Genau da klaffte eine Lücke.
Und plötzlich wußte er Bescheid. Er kam sich vor wie jemand, dem eine gewisse Zeitspanne fehlte. Eine Zeit, die nicht lange zurücklag. Sie war plötzlich nicht mehr vorhanden. Vergessen hatte er sie nicht. Es war einfach eine Lücke da. Da mußte etwas passiert sein, was er nicht mitbekommen hatte. So jedenfalls dachte er.
Komisch…
Er wischte über seine Stirn, horchte an der Tür, aber unnormale Geräusche waren nicht zu hören. Das Wasser lief, wahrscheinlich wusch sich Doris die Hände.
Das tat sie tatsächlich. Dabei überlegte sie, wie sie ihren Plan in die Tat umsetzen konnte. Sie schaute sich im Spiegel an. Ihr Gesicht hatte sich nicht verändert, denn Gedanken konnten sich eben nicht auf Leinwand oder Spiegelflächen abzeichnen.
Es kochte in ihr.
Sie mußte raus.
Der Showman wartete.
Steven Dancer war vergessen, denn ihr ging es einzig und allein um den Showman.
Er war derjenige,
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