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Siddharta

Siddharta

Titel: Siddharta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Mund wie eine frisch aufge-
    brochene Feige, Augenbrauen gepflegt und gemalt in hohen
    Bogen, dunkle Augen klug und wachsam, lichten hohen Hals
    aus grün und goldenem Oberkleide steigend, ruhende helle
    Hände lang und schmal mit breiten Goldreifen über den
    Gelenken.
    Siddhartha sah, wie schön sie war, und sein Herz lachte.
    Tief verneigte er sich, als die Sänfte nahe kam, und sich
    wieder aufrichtend blickte er in das helle holde Gesicht, las
    einen Augenblick in den klugen hochüberwölbten Augen,
    atmete einen Hauch von Duft, den er nicht kannte. Lächelnd
    nickte die schöne Frau, einen Augenblick, und verschwand
    im Hain, und hinter ihr die Diener.
    So betrete ich diese Stadt, dachte Siddhartha, unter einem
    holden Zeichen. Es zog ihn, sogleich in den Hain zu treten,
    doch bedachte er sich, und nun erst ward ihm bewußt, wie
    ihn die Diener und Mägde am Eingang betrachtet hatten, wie
    verächtlich, wie mißtrauisch, wie abweisend.
    Noch bin ich ein Samana, dachte er, noch immer, ein
    Asket und Bettler. Nicht so werde ich bleiben dürfen, nicht
    so in den Hain treten. Und er lachte.
    Den nächsten Menschen, der des Weges kam, fragte er
    nach dem Hain und nach dem Namen dieser Frau, und erfuhr,
    daß dies der Hain der Kamala war, der berühmten Kurtisane,
    und daß sie außer dem Haine ein Haus in der Stadt besaß.
    Dann betrat er die Stadt. Er hatte nun ein Ziel.
    Sein Ziel verfolgend, ließ er sich von der Stadt einschlür-
    fen, trieb im Strom der Gassen, stand auf Plätzen still, ruhte
    auf Steintreppen am Flusse aus. Gegen den Abend
    befreundete er sich mit einem Barbiergehilfen, den er im
    Schatten eines Gewölbes hatte arbeiten sehen, den er betend
    in einem Tempel Vishnus wiederfand, dem er von den
    Geschichten Vishnus und der Lakschmi erzählte. Bei den
    Booten am Flusse schlief er die Nacht, und früh am Morgen,
    ehe die ersten Kunden in seinen Laden kamen, ließ er sich
    von dem Barbiergehilfen den Bart rasieren und
    das Haar beschneiden, das Haar kämmen und mit feinem Öle
    salben. Dann ging er im Flusse baden.
    Als am Spätnachmittag die schöne Kamala in der Sänfte
    sich ihrem Haine näherte, stand am Eingang Siddhartha, ver-
    beugte sich und empfing den Gruß der Kurtisane. Demjenigen
    Diener aber, der zuletzt im Zuge ging, winkte er und bat ihn,
    der Herrin zu melden, daß ein junger Brahmane mit ihr zu
    sprechen begehre. Nach einer Weile kam der Diener zurück,
    forderte den Wartenden auf, ihm zu folgen, führte den ihm
    Folgenden schweigend in einen Pavillon, wo Kamala auf einem
    Ruhebette lag, und ließ ihn bei ihr allein.
    »Bist du nicht gestern schon da draußen gestanden und
    hast mich begrüßt?« fragte Kamala.
    »Wohl habe ich gestern schon dich gesehen und begrüßt.«
    »Aber trugst du nicht gestern einen Bart, und lange Haare,
    und Staub in den Haaren?«
    »Wohl hast du beobachtet, alles hast du gesehen. Du hast
    Siddhartha gesehen, den Brahmanensohn, welcher seine
    Heimat verlassen hat, um ein Samana zu werden, und drei
    Jahre lang ein Samana gewesen ist. Nun aber habe ich jenen
    Pfad verlassen, und kam in diese Stadt, und die erste, die mir
    noch vor dem Betreten der Stadt begegnete, warst du. Dies zu
    sagen, bin ich zu dir gekommen, o Kamala! Du bist die erste
    Frau, zu welcher Siddhartha anders als mit niedergeschlagenen
    Augen redet. Nie mehr will ich meine Augen niederschlagen,
    wenn eine schöne Frau mir begegnet.«
    Kamala lächelte und spielte mit ihrem Fächer aus Pfauenfe-
    dern. Und fragte: »Und nur um mir dies zu sagen, ist Sid-
    dhartha zu mir gekommen?«
    »Um dir dies zu sagen, und um dir zu danken, daß du so
    schön bist. Und wenn es dir nicht mißfällt, Kamala, möchte
    ich dich bitten, meine Freundin und Lehrerin zu sein, denn
    ich weiß noch nichts von der Kunst, in welcher du Meisterin
    bist.«
    Da lachte Kamala laut.
    »Nie ist mir das geschehen, Freund, daß ein Samana aus
    dem Walde zu mir kam und von mir lernen wollte! Nie ist
    mir das geschehen, daß ein Samana mit langen Haaren und in
    einem alten zerrissenen Schamtuche zu mir kam! Viele Jüng-
    linge kommen zu mir, und auch Brahmanensöhne sind dar-
    unter, aber sie kommen in schönen Kleidern, sie kommen in
    feinen Schuhen, sie haben Wohlgeruch im Haar und Geld in
    den Beuteln. So, du Samana, sind die Jünglinge beschaffen,
    welche zu mir kommen.«
    Sprach Siddhartha: »Schon fange ich an, von dir zu lernen.
    Auch gestern schon habe ich gelernt. Schon habe ich den Bart
    abgelegt, habe das Haar

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