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Siddharta

Siddharta

Titel: Siddharta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Trost und Rat erbat. Es
    geschah zuweilen, daß einer um Erlaubnis bat, einen Abend
    bei ihnen zu verweilen, um dem Flusse zuzuhören. Es ge-
    schah auch, daß Neugierige kamen, welchen erzählt worden
    war, an dieser Fähre lebten zwei Weise oder Zauberer oder
    Heilige. Die Neugierigen stellten viele Fragen, aber sie bekamen keine Antworten, und sie fanden weder Zauberer noch Weise,
    sie fanden nur zwei alte freundliche Männlein, welche stumm
    zu sein und etwas sonderbar und verblödet schienen. Und die
    Neugierigen lachten und unterhielten sich darüber, wie töricht
    und leichtgläubig doch das Volk solche leere Gerüchte
    verbreite.
    Die Jahre gingen hin, und keiner zählte sie. Da kamen einst
    Mönche gepilgert, Anhänger des Gotama, des Buddha, welche
    baten, sie über den Fluß zu setzen, und von ihnen erfuhren die
    Fährmänner, daß sie eiligst zu ihrem großen Lehrer
    zurückwanderten, denn es habe sich die Nachricht verbreitet,
    der Erhabene sei todkrank und werde bald seinen letzten
    Menschentod sterben, um zur Erlösung einzugehen. Nicht
    lange, so kam eine neue Schar Mönche gepilgert, und wieder
    eine, und sowohl die Mönche wie die meisten der übrigen
    Reisenden und Wanderer sprachen von nichts anderem als
    von Gotama und seinem nahen Tode. Und wie zu einem
    Kriegszug oder zur Krönung eines Königs von überall und
    allen Seiten her die Menschen strömen und sich gleich Ameisen
    in Scharen sammeln, so strömten sie, wie von einem Zauber
    gezogen, dahin, wo der große Buddha seinen Tod erwartete, wo
    das Ungeheure geschehen und der große Vollendete eines
    Weltalters zur Herrlichkeit eingehen sollte.
    Viel gedachte Siddhartha in dieser Zeit des sterbenden
    Weisen, des großen Lehrers, dessen Stimme Völker ermahnt
    und Hunderttausende erweckt hatte, dessen Stimme auch er
    einst vernommen, dessen heiliges Antlitz auch er einst mit
    Ehrfurcht geschaut hatte. Freundlich gedachte er seiner, sah
    seinen Weg der Vollendung vor Augen und erinnerte sich mit
    Lächeln der Worte, welche er einst als junger Mann an ihn,
    den Erhabenen, gerichtet hatte. Es waren, so schien ihm, stolze und altkluge Worte gewesen, lächelnd erinnerte er sich ihrer.
    Längst wußte er sich nicht mehr von Gotama getrennt, dessen
    Lehre er doch nicht hatte annehmen können. Nein, keine
    Lehre konnte ein wahrhaft Suchender annehmen, einer, der
    wahrhaft finden wollte. Der aber, der gefunden hat, der konnte
    jede, jede Lehre gutheißen, jeden Weg, jedes Ziel, ihn trennte
    nichts mehr von all den tausend anderen, welche im Ewigen
    lebten, welche das Göttliche atmeten.
    An einem dieser Tage, da so viele zum sterbenden Buddha
    pilgerten, pilgerte zu ihm auch Kamala, einst die schönste der
    Kurtisanen. Längst hatte sie sich aus ihrem vorigen Leben zu-
    rückgezogen, hatte ihren Garten den Mönchen Gotamas ge-
    schenkt, hatte ihre Zuflucht zur Lehre genommen, gehörte zu
    den Freundinnen und Wohltäterinnen der Pilgernden. Zu-
    sammen mit dem Knaben Siddhartha, ihrem Sohne, hatte sie
    auf die Nachricht vom nahen Tode Gotamas hin sich auf den
    Weg gemacht, in einfachem Kleide, zu Fuß. Mit ihrem Söhnlein
    war sie am Flusse unterwegs; der Knabe aber war bald ermüdet,
    begehrte nach Hause zurück, begehrte zu rasten, begehrte zu
    essen, wurde trotzig und weinerlich. Kamala mußte häufig mit
    ihm rasten, er war gewohnt, seinen Willen gegen sie zu
    behaupten, sie mußte ihn füttern, mußte ihn trösten, mußte ihn
    schelten. Er begriff nicht, warum er mit seiner Mutter diese
    mühsame und traurige Pilgerschaft habe antreten müssen, an
    einen unbekannten Ort, zu einem fremden Manne, welcher
    heilig war und welcher im Sterben lag. Mochte er sterben, was
    ging dies den Knaben an?
    Die Pilgernden waren nicht mehr ferne von Vasudevas
    Fähre, als der kleine Siddhartha abermals seine Mutter zu
    einer Rast nötigte. Auch sie selbst, Kamala, war ermüdet, und
    während der Knabe an einer Banane kaute, kauerte sie sich am
    Boden nieder, schloß ein wenig die Augen und ruhte. Plötzlich
    aber stieß sie einen klagenden Schrei aus, der Knabe sah sie
    erschrocken an und sah ihr Gesicht von Entsetzen gebleicht,
    und unter ihrem Kleide hervor entwich eine kleine schwarze
    Schlange, von welcher Kamala gebissen war.
    Eilig liefen sie nun beide des Weges, um zu Menschen zu
    kommen, und kamen bis in die Nähe der Fähre, dort sank
    Kamala zusammen, und vermochte nicht weiterzugehen. Der
    Knabe aber erhob ein klägliches Geschrei, dazwischen küßte
    und

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