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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ein billiger Trost, aber er half ihm über die Krisis hinweg. Erst, als er wieder am OP-Tisch stand und die Milzzertrümmerung ihm unter den Händen starb, starb an einer fehlenden Rillensonde und seinem Unvermögen, die Schlinge unter den Strang zu ziehen, erst da fand er sich wieder in seiner Welt zurecht und glaubte die Notwendigkeit seiner Anwesenheit inmitten des stöhnenden und wimmernden Haufens Mensch einzusehen.
    Bald werde ich bei dir sein … Der Satz ließ ihn nicht mehr los. Was bedeutete er? Wußte Renate in Rom mehr als er hier in den Trümmern eines vernichteten Klosters? Wußte sie von einer Ablösung, von einem Rückzug, einer Zurücknahme der Front, einem Urlaub, einem Heiratsurlaub, den er eingereicht hatte?
    Am Abend, nachdem die Gurkha sich zwischen den Höhen 444 und 569 festgesetzt hatten und den Morgen erwarteten, weil sie sich im Feuer der deutschen Fallschirmjäger aufrieben, machte Dr. Pahlberg bei Major v. Sporken einen Gegenbesuch. In dem Keller neben der Basilika war es weniger ›luxuriös‹ als im Lazarett. Ein Gewirr von Drähten und Feldtelefonen lag und stand auf dem zerstampften Boden, Munitionskisten stapelten sich an der Hinterwand, ein Klapptisch, mit Karten bedeckt, und eine Batterielampe bildeten die Hauptattraktion des Raumes, in dem es zu allem noch süßlich roch, als verwese unter den benachbarten Trümmern eine Leiche.
    »Lesen Sie das bitte einmal durch, Herr von Sporken.« Dr. Pahlberg reichte dem Major den Brief hinüber. Der las die Anrede und gab ihn sofort zurück.
    »Sie haben sich vergriffen, Herr Doktor«, bemerkte er verzeihend lächelnd. »Das ist ein Brief Ihrer Braut.«
    »Nein, nein. Durchaus nicht. Sie sollen gerade diesen Brief lesen. Und ich bitte um Ihre Ansicht vor allem über den letzten Absatz.«
    v. Sporken begann das Schreiben zu lesen und ließ es nach wenigen Sätzen wieder sinken. »Ich glaube, das ist wirklich nicht für meine Augen bestimmt«, sagte er ein wenig verlegen. »Sie machen mich zu Ihrem Intimus, Herr Doktor Pahlberg, und vergessen dabei, mit welchen Gefühlen Ihre Braut diese Zeilen geschrieben hat. Ich werde also nur die letzten Sätze lesen, auf die es ankommt, nach Ihrer Meinung.« Er las das Ende des Briefes und wölbte die Unterlippe nachdenklich nach vorn. Mit sinnenden Augen reichte er Pahlberg das Blatt Papier wieder zu.
    »Ein merkwürdiger Schluß. Nicht die verliebte Romantik … sie ist so süß, so wahrhaftig erfüllt, daß ich an meine Jugend denken muß und an die ersten Briefe zwischen meiner Frau und mir. Ich war damals Student der Kunstgeschichte in Jena, meine Frau studierte Philologie. Wir haben lange Briefe geschrieben über ungeheure Probleme, und wenn wir uns sahen, waren diese Probleme gleich Null, und wir liebten uns wie Millionen Menschen vor uns. Aber schön waren diese Briefe, wunderschön. Ich möchte sie nie aus meiner Erinnerung missen. Und nun dieses Schreiben Ihrer Renate – ich darf sie doch so nennen, mein Freund?«
    »Aber bitte, Herr von Sporken.«
    »Tja … Bald werde ich bei dir sein … Das ist es doch, was Sie umhaut, was?«
    »Ja.«
    »Es kann ein lapidarer Satz sein, eine Steigerung des Liebesgefühls, das Ihre Nähe bei ihr so körperhaft werden läßt, daß sie glaubt, wirklich bei Ihnen zu sein. Aber da gleiten wir in Freudsche Psychoanalytik hinab, und das ist bestimmt nicht die Wesensart Ihrer Braut. In diesem Satz, den sie zweimal wiederholt – das ist wichtig – steckt mehr!«
    »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß sie eine Möglichkeit ausnutzt, wirklich zu kommen? Nach hier, an die Front, an den Monte Cassino. Daß sie den Wahnsinn vollbringt, irgendwie durch die Frontsperre zu schlüpfen! Das wäre furchtbar!« Dr. Pahlberg war blaß geworden, in seinen Augen stand verzweifelte Sorge.
    Major v. Sporken sah an die bröckelnde Kellerdecke. Er versuchte, konzentriert hinter den Sinn von Renates Worten zu kommen.
    »Liebe versetzt Berge«, sagte er langsam. »Warum soll sie nicht zu einem Berg kommen?«
    »Aber das ist doch Irrsinn! Das ist glatter Selbstmord.«
    »Sagen Sie das mal einer liebenden Frau! Kommen Sie der Leidenschaft mit Vernunft! Versuchen Sie, das Gefühl mit dem realen Geist zu überzeugen! Es ist ein Unterfangen, vor dem selbst die alten Philosophen kapitulierten. Nicht umsonst flüchtete sich Plato in seine sogenannte ›Platonische Liebe‹. Sie war wenigstens ein Gebiet, auf dem man mit etwas Geist weiterkam. Die reale Liebe, die greifbare, die

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