Sie fielen vom Himmel
er gerade rauchte. »Die schaffen wir auch noch!«
»Am Rapido stehen Maori und Rajputana-Füsiliere.«
»Jeijeijei!« Müller 17 deckte eine Zeltplane über den Lauf seines MGs 42. »Warum die noch nicht die Orang-Utahs mobil gemacht haben, wundert mich immer.«
Heinrich Küppers hockte in einer Ecke, gegen die Lehmwand gelehnt, und las einen Brief. Es war eines der letzten Schreiben, das die Trägerkolonne in der Nacht mit den Mulis zusammen mit Munition und Verpflegung auf den Berg gebracht hatte. Sieben Träger waren dabei gefallen. Sie lagen neben den anderen erschossenen Kameraden und verpesteten nach drei Tagen die Luft mit ihrem Verwesungsgeruch. – »Liebesbrief?« fragte Maaßen und stieß Küppers an.
»Man kann's so nennen.« Küppers faltete das Blatt zusammen und schob es in die großen Taschen seiner Kombination. »Es ist das Scheidungsurteil.«
»Mach keinen Quatsch!« Müller 17 hielt Küppers eine Zigarette hin. »Paff erst mal eine.«
»Ich bin geschieden wegen Trunkenheit, Mißhandlungen meiner Frau, Weigerung des Sorgerechts für meinen Sohn und ehewidrigen Verhaltens.« Küppers stieß den Rauch der Zigarette gegen die Bretterdecke des Unterstandes. »Das reicht doch, was, Jungens?«
Theo Klein schüttelte den Kopf. »So'n Blödsinn! Ehewidriges Verhalten? Was ist das?«
»Fremdgehen!« erläuterte Maaßen.
Theo Klein riß den Mund auf.
»Mensch!« Klein tippte an seine breite Stirn. »Dann sind wir ja alle schon im voraus geschieden …«
Vom Tal her rumste es. Es zischte durch die Luft, durchschnitt den Regen und krachte oberhalb des Unterstandes in die Felsen. Dreimal … siebenmal … zehnmal … Streufeuer.
»Die suchen uns.« Feldwebel Maaßen blickte hinunter zu den Panzern. Ihre langen Geschützrohre starrten zu ihnen herauf. Über ihnen, deutlich hörbar, hörten sie schreien. Es kam aus dem Kloster. Sie sahen Frauen außerhalb der Mauern durch die Sträucher rennen … ein Kind lief laut brüllend allein durch den Klostergarten. Vor ihm und seitlich schlugen die Panzergranaten ein.
»Sie sollen innerhalb der Mauern bleiben«, brummte Küppers. »Im Kloster sind sie sicher. Was rennen sie durch das Feuer?!« Er sah, wie eine Frau die Arme hochwarf und stürzte. Zwei andere Frauen bückten sich, faßten sie an den Beinen und Schultern und trugen sie rennend ins Kloster zurück.
Es wurde Abend, von Albanete herüber knatterten Maschinengewehre, dazwischen paffte es und schlug auf Metall, hell, kreischend, durch Mark und Bein gehend. Panzerfäuste. Erzabt Diamare hatte sich entschlossen, das Kloster zu räumen. Nicht er wollte gehen, sondern die 1.300 Flüchtlinge sollten ins Tal geschleust werden. Mit weißen Fahnen, über den Saumpfad nach Piedimonte. Gruppe nach Gruppe. Zwei Tage sollte die Räumung dauern … vom 15. bis 17. Februar. In der Nacht vom 15. zum 16. sollten die ersten Gruppen mit den beiden ältesten Mönchen als Führer das Heiligtum St. Benedikts verlassen.
Um diese Zeit, am Abend des 14. .Februar, machten auf den apulischen Flugplätzen die Monteure und Mechaniker bereits die ›Fliegenden Festungen‹ startklar und schoben die Bomben in die mächtigen Leiber der Maschinen. Im Kommandosaal wurden die Ziele angegeben. Die Wetterstationen waren zuversichtlich … der Morgen des 15. würde klar sein, ein wenig sonnig, bestes Flugwetter und beste Erdsicht. General Freyberg sprach zum letztenmal mit General Clark in dessen Kommandostelle. Er verlangte die völlige Zerstörung des Konvents, »der stärksten deutschen Festung, die wir je vor uns hatten«, wie er es nannte.
Stabsarzt Dr. Pahlberg hatte um diese Zeit zum erstenmal das Kloster betreten. Er allein, ohne Krankowski oder einen anderen Sanitäter. Er war der einzige Deutsche in der ›Festung‹, und er kam auf eindringliche Bitten des Erzabtes Diamare. Eine verletzte Frau mußte amputiert werden … ein Granatsplitter hatte den Oberschenkelknochen zertrümmert. Die große Oberschenkelarterie war zerfetzt, und die Mönche konnten die Blutung trotz Abbindens nicht zum Stillstand bringen.
Während die Flüchtlinge betend in den Kapellen und der Basilika hockten, sich in den unterirdischen Gewölben verkrochen und im Prioratshof rings an den Mauern lagerten, operierte Dr. Pahlberg in der Zelle des Sakristans Don Agostino. Ein Mönch, in Krankenpflege ausgebildet, aber nicht als chirurgischer Assistent, reichte ihm die Instrumente aus der Bestecktasche an, die Pahlberg mitgenommen hatte. Er operierte
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