Sie haben mich verkauft
Das wollte er also – mich von meinen Sünden reinigen, ehe er mich benutzte. Ich starrte ins Leere, als er mir den Rücken mit einem Schwamm abrubbelte. Seifenschaum lief prickelnd über meinen ganzen Körper, und das Wasser war warm. Wenigstens war er sanft und betatschte mich nicht so grob, wie manche Männer das taten. Wir schwiegen.
Auf einmal fing er an, mir die Schultern zu massieren, und beinahe wäre ich zurückgezuckt. Seine Berührung war weich, sanft, anders als alles, was ich bisher erlebt hatte. Von dem Tag am Strand über Sergej und seine Freunde bis hin zu Serdar und all den anderen Grobianen, die mich bezahlt hatten, war ich noch von keinem so zart angefasst worden, so als wäre ich zerbrechlich. Mit den Händen fuhr er mir über den Rücken und um die Taille. Ich spürte seine Lippen auf meiner Schulter. Ich schwieg.
Ich fühlte mich lebendig.
Es war nicht so, dass ich Schmetterlinge im Bauch spürte, es war mehr als das – wie Wellen, die mich hochhoben und über mich hinwegdonnerten. Meine Haut war empfindlich, mein Körper gespannt. Ohne ein Wort zu sagen, drehte der Mann das Wasser ab, und wir verließen die Dusche. Ich legte mich aufs Bett.
»So geht das doch nicht«, flüsterte eine Stimme in mir. »Er ist ein Freier. Mehr nicht.«
Aber da war etwas in mir, das sich nicht abstellen ließ. Mein ganzes Leben hatte ich von der Art Zärtlichkeit geträumt, wie ich sie aus den Bollywood-Filmen kannte, und aus irgendeinem Grund, den ich nicht verstand, erlebte ich sie bei diesem Mann. Er berührte mich, wie man eine richtige Frau berührt – nicht eine gesichtslose Hure. Vielleicht stellte er sich ja vor, ich sei eine andere; vielleicht stellte er sich überhaupt nichts vor, aber ich wollte, dass es immer so weiterging, wie falsch es auch sein mochte.
Wir schwiegen, als er sich ein Kondom überzog und in mich eindrang. Er küsste mich auf den Mund. Ich fuhr mit den Fingern über seine Haut – er hatte eine Gänsehaut überall –, und ich fing an zu zittern, als er sich auf mir bewegte. Ich konnte an nichts mehr denken, mein Leben war vergessen, als sich für ein paar Augenblicke alles in mir anspannte und ich leise aufschrie. Ich verstand nicht, was da passierte. So hatte ich mich noch nie gefühlt. Ich fühlte mich frei, wohlig warm.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Lara, als sie sachte an die Tür klopfte.
»Ja, alles in Ordnung«, beeilte ich mich zu versichern.
Der Moment war vorüber, und ich stand auf und fing an, mich anzuziehen. Ich sah mich nicht um. Ich schämte mich. Was hatte ich da getan? Wie hatte ich so dumm sein können? Ich wurde wütend. Wie hatte mein Körper mich so hintergehen können? Wie hatte ich zulassen können, dass er Vergnügen an etwas hatte, das ich mit jeder Faser meines Herzens verabscheute? Vielleicht war ich ja, was alle diese Männer zu mir gesagt hatten – eine dreckige Nutte, die es so wollte.
Der Mann stand auf und trat wieder unter die Dusche.
»Wir gehen in ein Restaurant, das rund um die Uhr offen hat«, sagte er. »Willst du mitkommen?«
»Nein.«
»Wieso nicht?«
»Weil ich arbeiten muss. Es kommen andere nach dir.«
Ich verstand nicht, was er vorhatte. Er wusste doch, was ich war, wo ich arbeitete. Wollte er sich einen Scherz mit mir erlauben?
»Da«, sagte der Mann, als er sich angezogen hatte und auf mich zukam. Er drückte mir ein Stück Papier in die Hand und ging dann. Auf dem Blatt stand eine Telefonnummer.
Die Tür fiel zu, und ich setzte mich aufs Bett. Beinahe hatte ich Angst. Ich begriff nicht, was ich da gerade getan hatte. Ich wusste nur, dass es nie wieder passieren durfte.
KAPITEL 33
O bwohl ich nicht mit ihm telefonierte, wählte ich doch immer mal wieder seine Nummer. Ich wollte einfach nur seine Stimme hören. Mein Herz raste, wenn es anfing zu klingeln, und setzte dann einen Schlag lang aus, wenn ein Klicken und eine Pause mir sagten, dass gleich die Nachricht seines Anrufbeantworters kommen würde. Ich hörte ihn so gern sprechen, konnte aber selber nichts sagen. Stattdessen wartete ich jeden Tag darauf, dass er zurückkäme. Aber ich war so verwirrt. Wie konnte ich Gefühle hegen für einen Mann, der mich bezahlte?
»Trau ihm nicht«, riet mir Lara. »Er ist ein Freier. Was willst du denn machen? Ihn umsonst ficken lassen?«
Ich wusste, sie hatte recht, als die Wochen verstrichen und der Mann nicht wiederkam. Dann erzählte mir Lara, er sei da gewesen, als ich frei gehabt hatte, und habe ein anderes Mädchen
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