Sie haben sich aber gut gehalten!
deponieren.
«Cola kommt sofort», verkündet John, als ich mich zu ihm vor den Kamin geselle. Er ist gerade dabei, das Holz zu entzünden.
Ich sinke in das überraschend weiche Sofa. Aus den Augenwinkeln beobachte ich John, wie er dann an die München-Skyline tritt. Zu meiner Überraschung schiebt er die Wand nun auseinander. Dahinter verbirgt sich eine hellgraue Küche! Aus einem extrabreiten Kühlschrank entnimmt er zwei Cola-Dosen. Danach macht er sich an dem Holzelement zu schaffen. Ich vernehme das leise Klicken einer Tür, sehe ihn auf einer Fernbedienung rumdrücken und kurz darauf erklingt leise:
Love and Happiness
. Das dunkle Timbre des Sängers passt wie kein anderes zu einem romantischen Rendezvous. Doch das hier ist nichts dergleichen, wiederhole ich in Gedanken wie ein Mantra. John und ich sind nur gute alte Bekannte. Ich sitze einzig und allein hier, weil ich keine Lust auf Geschirrspülen habe. Ich trinke nur eine Cola mit ihm, unterhalte mich ein bisschen und verschwinde danach wieder.
«Warum wohnst du eigentlich so spartanisch?», frage ich, als er mit den Getränken zurückkommt.
Er reicht mir eine Cola und setzt sich dicht neben mich. Der Clipverschluss zischt, und wir nehmen einen Schluck.
«Du hattest ja schon gesagt, dass du bescheiden wohnst», füge ich hinzu. «Doch selbst wenn du dir ein, zwei Möbelstücke zusätzlich anschaffst, würde man immer noch keine Platzangst kriegen.»
«Stimmt», sagt er, dreht sich zu mir und streicht mir mit der freien Hand über den Hals. «Ich habe auch schon darüber nachgedacht, etwas aufzustocken. Es soll ja nicht ungemütlich wirken.» Er dreht sich zu mir um. «Würdest du mich beim Möbelkauf begleiten, Rosy? Ich brauche dringend ein Bett. Ein richtig bequemes, in dem man auch zu zweit Platz hat. Im Moment schlafe ich nämlich auf dem Sofa, und das ist auf Dauer kein Zustand.» Sein Lächeln spricht Bände.
Ich kann nicht genau sagen, was ich erwartet habe, als ich mich von John in seine Wohnung habe einladen lassen. Aber eine Bitte, mit ihm Möbel zu kaufen, ganz sicher nicht.
«Was ist denn mit den anderen Sachen passiert?», frage ich, um abzulenken. «Du wohnst doch schon länger hier.»
Zwischen seinen Brauen entsteht eine Furche. «Alles weg.» Er trinkt einen großen Schluck Cola.
Offensichtlich ist ihm das Thema unangenehm. Doch seine knappe Antwort hat meine Neugier geweckt. Jetzt will ich es genau wissen.
«Sperrmüll?», frage ich provokant. «Oder wurdest du ausgeraubt?»
Ein Grinsen huscht über sein Gesicht. «Nein, keines von beiden.»
«Dann wolltest du einfach mal deinen Einrichtungsstil wechseln?», tippe ich. «Ich kenne solche Phasen. Nach meiner Scheidung wollte ich auch nicht mehr in den ‹Erinnerungen› schlafen und habe mich deshalb neu eingerichtet.»
«Ja, so ähnlich», antwortet John. Er atmet tief ein und aus. «Ehrlich gesagt, habe ich den ganzen Krempel meiner Ex überlassen. Wir haben doch hier zusammen gewohnt, und da sie keine eigenen Möbel hatte …»
«Wie großzügig», entgegne ich spöttisch. «Dann scheint ihr euch ja im Guten getrennt zu haben. Wie lange wart ihr nochmal –»
«Ach, genug von meiner unerfreulichen Vergangenheit», unterbricht er mich, nimmt mir die Cola aus der Hand und stellt sie zusammen mit seiner Dose zur Seite. Er nimmt seine Brille ab und legt sie dazu.
Seine plötzliche Umarmung kommt so überraschend wie der zärtliche Kuss.
«Was hältst du davon, einfach hierzubleiben?», flüstert er mir viele leidenschaftliche Küsse später ins Ohr. «Wir füllen den Kühlschrank mit Leckereien auf, verschließen die Tür, schalten unsere Handys aus und holen alles nach, was wir in den letzten fünfundzwanzig Jahren versäumt haben.»
«Hmm …» Seufzend schmiege ich mich in seine Arme.
Johns Finger fahren langsam meinen Hals entlang, hinunter zu den Blusenknöpfen. «Sag ja, Rosy», bettelt er heiser, während er langsam die Knöpfe öffnet. «Du wolltest doch deiner Familie entkommen.»
Wie gerne würde ich mich hier mit ihm einsperren – zumindest für ein paar Stunden. Aber was sage ich den Kindern und der neugierigen Lotte? Die würde garantiert ein Riesending aus der Sache machen.
«Bleib wenigstens über Nacht», drängt er und knabbert zärtlich an meinem Ohr.
«Ach, John», stöhne ich, hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen nach ihm und meinem ewig mahnenden Familien-Gewissen, das es mir nicht erlaubt, einfach alles stehen und liegen zu lassen. Das
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