Sie haben sich aber gut gehalten!
wir Kaffee mit aufgeschäumter Milch schlürfen und kalten RühreiToast mümmeln, der mit (ungeschnittenem) Schnittlauch aus dem Garten belegt ist. Lotte hat wirklich an alles gedacht. Und irgendwie schafft sie es damit tatsächlich, meine Laune zu heben. Sie hat auch etwas Süßes organisiert: eine Schale Mon Chéri. Um ehrlich zu sein, sind die das Beste am Muttertags-Frühstück. Das Rührei war zu lange in der Pfanne und ist trocken. Dafür ist der Toast so labbrig, als wäre er nur am Toaster vorbeigelaufen. Aber ich will nicht ungerecht sein, der Kaffee schmeckt prima.
«Hmm … also, erzähl doch mal», beginnt sie und beißt herzhaft in ihr Toastbrot. «Wie war’s denn gestern Abend? Ich hatte dich nicht so schnell wieder zurückerwartet. Eigentlich dachte ich, du bleibst über Nacht. Habt ihr denn nicht … Na ja, du weißt schon …»
Ich verschlucke mich am Kaffee. Ein Hustenanfall rettet mich vorerst vor der Antwort. «Es war … nett», antworte ich ausweichend.
«Nett?» Sie blickt mich entsetzt an. «
Nett
bedeutet, es war stinklangweilig. Ist John etwa ein miserabler Liebhaber? Das tut mir aber leid.»
Verlegen schüttle ich den Kopf. «Nein, das heißt es nicht. Jedenfalls nicht in meiner Sprache. Außerdem war nie die Rede von Über-Nacht-Bleiben. Ich wollte ihn lediglich nach Hause fahren, weil er zu viel getrunken hat», versichere ich und überlege gleichzeitig, wie ich das Thema wechseln kann. Bei aller Dankbarkeit für den prima Frühstücksservice, aber mein nichtexistierendes Liebesleben oder gar den peinlichen Vorfall von gestern mit Lotte zu diskutieren, fände ich dann doch unangebracht.
Unsere «Pyjama-Party» wird plötzlich durch lautes Scheppern aus dem Erdgeschoss gestört.
«Was war das?», frage ich mehr mich selbst als Lotte.
«Volker!», antwortet Lotte. «Er mag ja ein begnadeter Zahnarzt sein, aber in der Küche benimmt er sich wie ’ne Horde Elefanten auf der Suche nach Wasser.»
Von wem er das wohl hat?
Lotte stemmt sich ächzend aus dem Bett. «Ich werde mal nach dem Rechten sehen, bevor er noch alles kurz und klein schlägt», verkündet sie und wackelt gemächlich von dannen.
Ich gönne mir ein Mon Chéri und lehne mich in den Kissen zurück. Eigentlich ganz gemütlich, so eine Muttertag-Pyjama-Party, denke ich zufrieden und überlege, vielleicht den ganzen Tag im Bett zu vertrödeln – oder zumindest den halben. Bevor hier die Familie angetanzt ist, habe ich das öfter mal getan. Ich angle nach der Wochenendzeitung, die vom Nachttisch gefallen ist. Ich könnte in Ruhe lesen, den Sekt süffeln und mir zwischendurch ein kleines Nickerchen …
Unvermittelt schwingt die Tür auf. Zwei barfüßige Jungs in Boxershorts und zerknitterten Shirts betreten den Raum.
«Morgen», brummeln sie nacheinander.
Charlie kratzt sich am Hintern – mit der «gebrochenen» Hand. Fabian bohrt im Ohr. Na, über solch wohlerzogenen Besuch am Ehrentag freut sich doch jede Mutter.
«Gibt’s heute kein Frühstück?» Fabian gähnt und streckt sich, dass die Knochen knacken.
«Guten Morgen», entgegne ich leicht angesäuert und blicke zur Tür, ob Juliane erscheint. Doch dann fällt mir ein, dass sie erst im Laufe des Vormittags von der Party zurück sein wollte.
«Mmm, mmm», murmelt Charlie, und beide fixieren mit hungrigen Blicken mein Frühstückstablett. Gleich darauf mustern sie mich, als wäre ich eine Rabenmutter von der übelsten Sorte.
Wie unter Zwang meldet sich mein Versorgungsimpuls. Dagegen war ich schon immer machtlos, und wie fremdgesteuert will ich aufspringen. Aber dann überlege ich es mir anders. Muttertag ist nur ein Mal im Jahr, sage ich mir, und den sollte jede Frau ausnutzen. Ich ziehe meinen Fuß zurück unter die Decke und bleibe eisern liegen.
«Na, ihr zwei Selfmade-Helden.» Lotte tänzelt mit schwingenden Rocksäumen ins Zimmer. Zur flapsigen Begrüßung klopft sie ihnen kräftig auf den Rücken. Dann wendet sie sich an Charlie. «Wie geht’s dem Daumen?»
Ertappt zuckt er zusammen. «Öhm …»
Lotte grinst mich an und zwinkert mir verschwörerisch zu. «Prima», lacht sie und schubst ihre Enkel vorwärts. «Dann gratuliert eurer Mutter und macht einen Diener, wenn ihr schon mit leeren Händen hier auftaucht.»
Schlagartig fällt den Helden ein, was heute für ein Tag ist. «Ohhh … Mist …»
Mit hängenden Köpfen schleichen sie an mein Bett. Ich bekomme aufrichtige Entschuldigungen und feuchte Schmatzer auf die Wangen. Es fühlt
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