Sie haben sich aber gut gehalten!
sich an wie früher, als sie noch zur Schule gingen – nur ohne Schnitzereien und Töpfervasen.
Charlie setzt sich ans Fußende. «Tut mir leid, Mama, wir haben kein Geschenk für dich.»
«Was wünschst du dir denn?», fragt Fabian, der neben seinem Bruder steht und nun genüsslich im anderen Ohr rumbohrt. «Ich könnte dir was Tolles schnitzen. Musst nur sagen, was dir gefallen würde.»
«Oooch …», antworte ich gedehnt, und noch ehe mir eine hübsche Ausrede eingefallen ist, klopft es erneut zaghaft am Türrahmen.
Marie lugt vorsichtig herein und zupft verlegen an ihrem Froschkönig-T-Shirt. «Charlie?» Ihr zartes Stimmchen klingt noch dünner als sonst.
Irgendwie sieht sie blass und übernächtigt aus, was zum einen an den dunklen langen Haaren, aber auch an ihrem blassen Teint liegt.
«Immer herein», fordert Lotte sie kichernd auf und lässt sich wieder neben mir in die Kissen plumpsen. Eine Tasse fällt um, und ein Rest Kaffee ergießt sich aufs Tablett, was sie nicht weiter kümmert. «Die Pyjama-Party hat gerade erst angefangen!»
Marie tippelt zu Charlie, legt ihm eine Hand auf die Schulter und wünscht mir lächelnd alles Gute zum Muttertag.
«Gleichfalls», erwidere ich und gebe eine Runde Mon Chéri aus.
Meine Söhne bedienen sich beidhändig, Marie lehnt dankend ab. «Da ist Alkohol drin, oder?»
«Entschuldige, daran hab ich nicht gedacht.» Verlegen wechsle ich das Thema und frage Lotte, was vorhin in der Küche los war.
«Volker hat versucht, die Kaffeemaschine in Gang zu setzen, wusste aber nicht, wie», erklärt sie.
«Oh ja, Kaffee!», stöhnt Fabian, wobei er gedankenverloren die zutage beförderten Bohrergebnisse aus seinem Ohr inspiziert.
Marie wendet sich angewidert ab und entschuldigt sich. «Ich geh mal unter die Dusche.» Sie stößt Charlie leicht an. Der erhebt sich wie auf Kommando, und gemeinsam verlässt das junge Paar meine
Party
.
Lotte gibt mir einen Seitenschubs. «Marie hat Charlie aber gut erzogen», kichert sie leise.
Fabian nimmt Charlies Platz am Bettende ein. «Also, ich wollte nur sagen, dass wir selbstverständlich ein Geschenk für dich haben, Mama.»
«Oh, wie schön», freue ich mich. «Und darf ich erfahren, was es ist, oder gedenkst du mich zu überraschen?»
«Keine selbstgeschnitzte Holzfigur», verrät er mir grinsend, steht wieder auf und verlässt mein Schlafzimmer. An der Tür dreht er sich nochmal um. «Aber trotzdem was Handgemachtes.»
«Na, das klingt ja spannend», rufe ich ihm hinterher.
«Der Pavillon wird dir gefallen», verkündet Lotte, als Fabian außer Hörweite ist und schlägt sich eine Sekunde später auf die Stirn. «Huch, das durfte ich wahrscheinlich gar nicht verraten.»
«Der Pavillon! Meine Güte …» Vor Rührung muss ich schlucken und kann kaum weitersprechen. «Bist du sicher, Lotte? Die Jugendstillaube war immer mein Lieblingsplatz an heißen Tagen. Sie zu restaurieren wäre wirklich ein ganz besonderes Geschenk. Aber die weiße Lackierung ist mindestens zehn Jahre alt und vollkommen verwittert. Ich habe ja nicht viel Ahnung von dergleichen Arbeiten, aber vermutlich muss man die gesamte Laube erst mal gründlich abschleifen, und das allein dürfte schon Tage dauern.»
Lotte greift nach einer Kirschpraline und wickelt sie beinahe andächtig aus. «Ach was, der Bub hat doch im Moment keinen Job, und wer weiß, ob überhaupt und wann er wieder einen bekommt. Ist doch gut, wenn er sich eine Beschäftigung sucht und nicht untätig rumhängt.»
«Wieso rumhängen?», wundere ich mich. «War nicht von der gemeinsamen Hausrenovierung die Rede, und anschließend wollte er doch nach Amerika? Oder hat er sich das anderes überlegt? Hat er mit dir darüber gesprochen?»
Meine Fragen bleiben unbeantwortet, denn Lotte kaut noch am Mon Chéri, als es wieder klopft.
Auf mein «Ja» öffnet sich die Tür einen Spalt, und der Herr Zahnarzt lugt vorsichtig herein.
«Guten Morgen, die Damen. Darf man eintreten?»
«Nur, wenn du vollständig bekleidet bist, Volker», stelle ich zur Bedingung.
Mit einem breiten Grinsen tritt er ein. «Bin ich doch immer.»
Diesmal stimmt es tatsächlich. In konservativen Hosen aus dunklem Tuch, einem weißem Hemd plus Krawatte und blankgewienerten Schuhen tritt er ans Bett zu Lotte. «Alles Liebe zum Muttertag!» Ungelenk beugt er sich zu ihr und küsst sie auf die Wangen.
«Und, steht die Küche noch?», fragt die Frau, die in zwei Sekunden so viel Chaos anrichten kann wie eine Schar
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