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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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verstehen konnten: »Was wäre Euch wichtiger – mein Körper oder Unverwundbarkeit im Glaubenskrieg?«
    Die Männer sahen sich erstaunt an. Der Alte stockte, schob seinen Turban hoch und kratzte sich den Nacken, bevor er stirnrunzelnd entgegnete: »Was soll diese Frage? Was hat das miteinander zu tun?«
    »Ich bin eure Gefangene und weiß, dass ihr mir Gewalt antun wollt. Aber ich könnte euch etwas bieten, das viel mehr wert ist, als eine kurze, geraubte Lust …«
    »So, und was könnte das wohl sein?«, erkundigte sich der Alte zweifelnd mit schräg gelegtem Kopf.
    »Ich besitze eine Salbe, die unverwundbar macht, wenn man sie mit den richtigen Zaubersprüchen aufträgt. Ich wäre bereit, euch zu verraten, wie man sie herstellt und wie der geheime Zauber lautet«, antwortete Thekla mit der Zuversicht einer Händlerin, die weiß, dass sie ein unwiderstehliches Angebot macht. »Euch allen hier.«
    Der alte Mann lachte meckernd, stemmte die Hände in die Hüften und bog sich zurück, bis sein Turban verrutschte. Doch als er merkte, dass die anderen seine Heiterkeit nicht teilten, entgegnete er spöttisch: »Unverwundbarkeit? Ach nein … und was willst du dafür?«
    »Nicht viel, jedenfalls nicht für einen so mächtigen Zauber.« Thekla sah sich um. »Nur dass mich niemand anrührt, denn ich habe das Gelübde der Keuschheit abgelegt, und dass ich morgen früh meine Pilgerfahrt zum Katharinenkloster am Mosesberg fortsetzen kann. Dem Berg, der auch euch Muslimen heilig ist.«
    »Solche Märchen kannst du einfältigen Kindern ins Ohr blasen.« Der Alte schüttelte abwehrend den Kopf. »Du willst dich nur herauslügen, um deine Haut zu retten …«
    »Und Ihr, Ammâr, der Ihr offenbar ein größerer Krieger seid als dieser alte Mann hier, glaubt Ihr auch, dass ich lüge?«, fragte Thekla mit leiser Trauer in der Stimme, während sie einen Schritt auf den dicken Mann zu machte und ihre gefesselten Hände auf den vergoldeten Knauf seines Schwertes legte.
    Der Angesprochene zögerte, zuckte mit den Schultern. »Ich falle jedenfalls nicht auf solcherlei Sprüche herein.«
    »Ihr sollt auch nicht daran glauben, nur weil ich es sage«, erwiderte Thekla und blickte ihm fest ins Gesicht. »Aber würdet Ihr mir glauben, wenn Ihr es mit eigenen Augen sehen könntet?«
    »Dass die Salbe unverwundbar macht?« Ammâr schüttelte abwehrend den Kopf. »Das ist unmöglich.«
    »Meint Ihr, für Allah sei irgendetwas unmöglich? Denn ohne ihn könnte mein Zauber nicht gelingen, da er doch zum Nutzen eures Glaubens wäre«, gab Thekla zurück und wandte sich ab. »Aber wenn Ihr nicht wollt …«
    »Schluss mit dem Gerede«, rief der Alte dazwischen. »Was schert mich Unverwundbarkeit? Für mich war das der letzte Feldzug, ich werde nie wieder das Schwert erheben …«
    »Na ja, und ob du sonst noch was hochkriegst, ist auch nicht sicher«, fertigte ihn Ammâr unter dem Gelächter der Umstehenden ab, um sich erneut der Frau zuzuwenden. »Du sagtest, du willst es uns beweisen – wie soll das geschehen?«
    Jetzt herrschte atemlose Stille in der großen Halle; nur das Zirpen der Zikaden war zu hören. Thekla schien kurz zu überlegen, bevor sie antwortete. »Einer von euch, vielleicht der Mann mit dem weißen Turban, müsste sich niederknien. Ich würde ihm die Salbe auf den Nacken streichen, den Zauber sprechen, und dann …«, bei diesen Worten lächelte sie Ammâr an, »dann würdet Ihr mit dem Schwert zuschlagen, so fest Ihr könnt …«
    »Sie ist toll geworden, die Nasranihexe«, kreischte der Alte und wich einen Schritt zurück. »Glaubt ihr etwa, ich setze mein Leben bei solcherlei Blendwerk aufs Spiel? Soll sie doch ihr eigenes Hälschen mit dem Scheitanszeug bestreichen …«
    »Ist schon gut«, nickte Ammâr beruhigend in seine Richtung, bevor er sich der Frau zuwandte. »Auf so etwas fallen wir nicht herein …«
    »Und wenn ich selbst niederkniete, wie er es vorgeschlagen hat?«, unterbrach ihn Thekla. »Würdet Ihr mir dann glauben?«
    Erneut erstarb das Gemurmel der Männer in der Halle, während sich Ammâr am Nacken kratzte. »Wärst du wirklich dazu bereit, nur um die Kraft deines Zaubers zu beweisen?«
    »Ja«, entgegnete Thekla. »Was könnte ich denn mehr tun, um euch zu überzeugen? Oder liegt euch wirklich so wenig an Unverwundbarkeit im Kampf?« Bei diesen Worten wandte sie sich den Männern im Raum zu, und plötzlich schallte ein Gewirr von Stimmen durch die Halle, während die Sitzenden

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