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Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Titel: Sie sehen aber gar nicht gut aus! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Strzoda
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Töne von sich.
    »Gut. Damit hatte ich zwar nicht gerechnet, aber jetzt brauchen wir wohl die Feuerwehr für den Transport«, sagte der Notarzt.
    »Gute Idee. Soll ich den Autopulse mit alarmieren lassen?«
    »Ja.«
    Der Autopulse ist eine mechanische Reanimationshilfe, die automatisch eine Herzdruckmassage durchführen kann. Der Effekt ist gerade während eines Transportes ungleich höher als die von Hand durchgeführte Massage.
    Von der Straße her hörten wir bereits ein Martinshorn. Feuerwehr auf dem Weg zu uns. Zunächst beschäftigte uns aber die Frage, wie wir Manja hinunterbringen sollten. Der Aufzug bot sich an, war jedoch gerade um ein kleines Stück zu kurz. Wir entschieden uns daher kurzerhand, ihre Beine anzuwinkeln und sie trotzdem mit dem Aufzug hinunterzufahren, anstatt 110 Kilogramm sechs Stockwerke hinunterzutragen. Das wirkte vielleicht sonderbar, erfüllte aber seinen Zweck. Unten angekommen, brach Hektik aus. Manjas Puls setzte immer wieder aus und hinderte uns daran, sie in den Rettungswagen zu bringen. Die kontinuierliche Herzdruckmassage ist während einer Reanimation der wichtigste Faktor überhaupt. Je kürzer der Blutfluss im menschlichen Körper unterbrochen wird, desto besser ist die Chance auf geringe Gehirnschäden. Ein Kollege der Feuerwehr stand neben der Aufzugtür, die Hände in die Hüften gestemmt. Der Zweite versuchte gerade, den Autopulse aufzubauen. Noch mehr Feuerwehrmänner hatten sich im Bereich der Eingangstür positioniert. Es gibt bei der roten Fraktion durchaus Leute, die selbstständig mitdenken können und dies auch tun. In unserem Fall unternahmen die Männer leider nichts eigenständig. Stattdessen lehnten sie locker am Türrahmen der Haupteingangstür und erwarteten hingebungsvoll unsere Befehle. Zur Entschuldigung sei gesagt: Während Rettungsdienst Teamarbeit auf nahezu gleicher Ebene bedeutet, ist die Feuerwehr sehr hierarchisch organisiert. Natürlich gibt es auch bei uns unterschiedliche Qualifikationen, jedoch spielt das in der täglichen Arbeit im Rettungsdienst keine sonderlich große Rolle. Bei der Feuerwehr hingegen existieren unzählige Dienstgrade, deren Inhaber jeweils in direkter Abhängigkeit voneinander agieren. Eine strenge Hierarchie ist auch zwingend notwendig, da sonst zum Beispiel bei einem Großbrand ein heilloses Chaos ausbrechen würde. Würden Löschmeister Schmid und Wasserpumpenexperte Meier gleichzeitig versuchen, den Schlauch XY zu bedienen, würde ein Mann an anderer Stelle fehlen. Die Rettungskette ist aber nur so stark wie das schwächste Glied. Somit würde nach diesem Prinzip der ganze Ablauf gefährdet sein.
    Ein paar klare Worte an die Löschknechtefraktion reichten aber, und schon packten acht weitere Hände am Tragetuch an und hoben Manja auf den Autopulse, der uns ab sofort die Reanimation abnahm.
    Trotz winterlicher Außentemperaturen war es heiß im Rettungswagen. Wir verließen das dunkle Ghetto und taten alles, um Manja lebend ins Krankenhaus zu bringen. Bis dahin hört sich alles actiongeladen und hochdramatisch an. Und jetzt erwarten Sie als Leser vielleicht das große Wunder. Dass Manja bereits kurze Zeit später aufwachen und nach einer Mahlzeit verlangen würde. Dass Manja in Baywatch -Manier die Augen aufschlagen würde und nicht der geringste Hirnschaden eingetreten wäre. Stattdessen würde sie flüstern: »Liebe Retter, danke. Lasst uns zusammen einen Kaffee trinken gehen.« Aber nein. Leider ist die Realität nicht so.
    »16 Uhr 13 – Zeitpunkt des Todes.« Der Spruch, den ich hasse wie meine Englischlehrerin der neunten Gymnasialklasse. Manja starb, eine Stunde nachdem wir sie ins Krankenhaus gebracht hatten. Das Bewusstsein hatte sie währenddessen nicht mehr wiedererlangt. Der kurze Hoffnungsschimmer war schnell wieder erloschen.

Charline
    »1/83/1. Frage: Standort?«
    »Sankt-Martin-Straße. Direkt auf Höhe der Polizeiwache.«
    Ich hätte kotzen können. Sollten die aus der Leitstelle doch endlich mal den zweiten Rettungswagen zu einem Einsatz schicken. Die hatten an diesem Tag noch gar nichts getan. Aber nein. Der Computer in der Leitstelle schlug unseren Rettungswagen vor, weil wir uns im sogenannten Status eins befanden und gerade auf dem Weg in die Wache waren. Das bedeutete: Wir waren über Funk einsatzklar. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass das rollende dem stehenden Fahrzeug vorgezogen werden muss. Also hatten wir diesen Einsatz bekommen – Lenny und ich. Jackpot. Das Mittagessen musste wohl

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