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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Junior auf der Straße gesehen haben  – DJ Huff  –, und meinten, dass er womöglich mit Ihrem Sohn unterwegs gewesen sein könnte?«
    »Ja.«
    »Ich habe mich gerade mit seinem Vater unterhalten. Wissen Sie, dass er auch bei der Polizei ist?«
    »Ja.«
    »Er hat mir erzählt, dass sein Sohn die ganze Nacht zu Hause war.«

    Tia sah Mike an. Irgendwo in seinem Hinterkopf explodierte etwas. Seine Pupillen zogen sich zu winzigen Punkten zusammen. Diesen Blick hatte sie schon ein paarmal bei ihm gesehen. Sie legte ihm eine Hand auf den Arm, aber er ließ sich nicht beruhigen.
    »Er lügt«, sagte Mike.
    Der Polizist zuckte die Achseln. Tia sah, dass Mikes dick geschwollenes Gesicht dunkler wurde. Er sah erst sie, dann Mo an und sagte: »Lasst uns gehen. Jetzt gleich.«
    Der Arzt wollte Mike noch einen Tag zur Beobachtung im Krankenhaus behalten, aber daran war nicht zu denken. Tia wusste, dass sie jetzt nicht die besorgte Ehefrau spielen durfte. Sie wusste, dass Mikes Körper wieder heilen würde. Er war verdammt hart im Nehmen. Das war seine dritte Gehirnerschütterung  – die ersten beiden hatte er auf dem Eishockeyfeld erlitten. Mike hatte Zähne verloren und mehr Nähte im Gesicht, als ein Mann haben sollte, er hatte sich zweimal die Nase und einmal den Kiefer gebrochen, trotzdem hatte er nicht ein einziges Spiel verpasst  – und meistens hatte er die Spiele, in denen er sich die Verletzungen zugezogen hatte, sogar noch zu Ende gespielt.
    Tia wusste auch, dass es keinen Sinn hatte, über diesen Punkt einen Streit mit ihrem Mann anzufangen. Das wollte sie auch gar nicht. Sie wollte, dass er aufstand und ihren Sohn suchte. Außerdem würde es ihm viel mehr wehtun, wenn er nichts tun konnte.
    Mo half Mike beim Hinsetzen. Tia half ihm beim Anziehen. Die Kleidung war blutverschmiert. Mike war das egal. Er stand auf. Auf dem Weg zur Tür spürte Tia, dass ihr Handy vibrierte. Sie betete darum, dass es Adam war. Er war es nicht.
    Hester Crimstein sparte sich die Begrüßung.
    »Haben Sie etwas von Ihrem Sohn gehört?«
    »Nein. Die Polizei hält ihn für einen Ausreißer.«
    »Ist er das denn nicht?«
    Das nahm Tia den Wind aus den Segeln.

    »Ich glaube nicht.«
    »Brett hat mir erzählt, dass Sie ihm nachspioniert haben«, sagte Hester.
    Brett und sein großes Mundwerk, dachte sie. Na toll. »Ich habe seine Internetaktivitäten überwacht.«
    »Das sag ich doch.«
    »Adam würde nicht einfach so ausreißen.«
    »Wow, das ist bestimmt das erste Mal, dass Eltern so etwas sagen.«
    »Ich kenne meinen Sohn.«
    »Das ist auch so ein Satz«, legte Hester nach. »Ich habe schlechte Nachrichten. Die Vertagung wurde abgelehnt.«
    »Hester …«
    »Lassen Sie mich erst ausreden, bevor Sie sagen, dass Sie nicht nach Boston zurückfahren. Ich habe eine Limousine bestellt, die Sie abholt. Sie steht schon vor dem Krankenhaus.«
    »Ich kann nicht …«
    »Hören Sie mir einfach zu, Tia. Das sind Sie mir schuldig. Der Fahrer bringt Sie zum Teterboro-Airport. Der liegt bei Ihnen um die Ecke. Ich habe ein Privatflugzeug. Sie haben ein Handy. Sobald es irgendwelche Neuigkeiten gibt, kann der Fahrer Sie da hinbringen. Im Flugzeug ist auch ein Telefon. Wenn Sie in der Luft etwas hören, kann mein Pilot sie blitzschnell an einem Flughafen in der Nähe absetzen. Vielleicht taucht Adam in, was weiß ich, Philadelphia wieder auf. Dann kann es nicht schaden, ein Privatflugzeug zur Verfügung zu haben.«
    Mike sah Tia fragend an. Tia schüttelte den Kopf und bedeutete ihnen mit einer Geste, dass sie weitergehen sollten. Das taten sie.
    »Wenn Sie in Boston sind«, fuhr Hester fort, »führen Sie die Befragung durch. Wenn während der Befragung irgendetwas passiert, brechen Sie sofort ab und fliegen mit dem Privatflugzeug zurück. Von Boston nach Teterboro braucht man vierzig Minuten. Und höchstwahrscheinlich wird Ihr Junge irgendwann mit
einer typischen Teenager-Ausrede vor Ihnen stehen, weil er mit ein paar Freunden was getrunken hat. In jedem Fall sind Sie nach spätestens zwei Stunden wieder zu Hause.«
    Tia massierte ihre Nasenwurzel.
    Hester sagte: »Klingt doch plausibel, oder?
    »Ja.«
    »Gut.«
    »Aber ich kann nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Ich könnte mich nicht konzentrieren.«
    »Ach, das ist doch Unsinn. Sie wissen, was ich mit dieser Befragung erreichen will.«
    »Sie wollen, dass ich mit ihm kokettiere. Mein Mann liegt im Krankenhaus …«
    »Er wurde schon wieder entlassen. Ich weiß alles, Tia.«
    »Gut, mein Mann

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