Sie sind mein Glücksstern, Georgina (German Edition)
von der Leiter und verschwand in die hinteren Gefilde des Hauses. Georgie setzte sich auf die oberste Treppenstufe und wartete. Nichts geschah. Der Arbeiter kam nicht wieder, und sie wollte schon aufgeben, als eine Tür geöffnet wurde und ein langer, dünner, ganz in Schwarz gekleideter Mann erschien.
“Mrs Herron?”, fragte er mit einer Verbeugung.
“Ja.”
“Meine Name ist James Kite, Mr Fitzroys Sekretär. Ich soll Ihnen ausrichten, wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann würde Mr Fitzroy Sie gerne in der Küche empfangen.” Er verbeugte sich wieder.
Das war also der mysteriöse Mr Kite. Was aber tat Fitz in der Küche? Nun, um das herauszufinden, versicherte sie dem Sekretär, dass sie ihm genauso gerne in die Küche wie in den Salon folgen würde.
Kite verbeugte sich wieder. “Hier entlang, Madam.”
Am Ende eines langes Ganges lag die große düstere Küche. Eine Gruppe Arbeiter stand vor einem erkalteten Herd. Auf dem Boden lag ein auseinandergenommener Spieß, davor kniete – mit dem Rücken zu Georgie – ein weiterer Arbeiter, der das Teil zu begutachten schien. Jesmond konnte sie nirgendwo entdecken.
Kite räusperte sich. “Mrs Herron, Sir.”
Der Mann, der auf dem Boden kniete, stand auf, drehte sich um und verbeugte sich. “Mrs Herron, ich hoffe, Sie entschuldigen meine nachlässige Kleidung. Anzug und Krawatte sind sehr hinderlich beim Auseinanderbauen eines langen rußigen Spießes.”
Georgie nickte verwirrt. Fasziniert schaute sie auf seinen kräftigen Körper in dem alten groben Leinenhemd, der derben Kniehose und den Wollstrümpfen. “Natürlich nicht! Wie kommen Sie …”
“Zu so einer Arbeit? Der Mann, der den Herd ausbessern sollte, hat sich das Bein gebrochen. Also habe ich mich selbst daran gemacht. Als ehemaliger Soldat sollte ich doch fähig sein, so eine Aufgabe zu lösen. Wir waren gerade fertig damit, als Sie gemeldet wurden. Parsons”, er wandte sich an den Verwalter, “ich glaube, das Ding tut es jetzt wieder. Lassen Sie es einfetten und wieder einbauen. Dann kann man Feuer machen und den Jungen rufen, der den Spieß dreht. Kommen Sie, Mrs Herron, wir suchen uns einen angenehmeren Platz.”
Während er sie aus der Küche geleitete, entschuldigte er sich: “Leider kann ich Sie so schmutzig, wie ich bin, nicht in den Salon bitten. Können wir uns im Garten unterhalten?”
“Selbstverständlich. Oder soll ich ein anderes Mal wiederkommen?”
“Nein! Es sei denn, mein wildes Aussehen stört Sie.” Und bevor sie etwas antworten konnte, fuhr er fort: “Ich nehme aber an, eine Dame, die für sich selbst eine Hose für ein praktisches Kleidungsstück hält, räumt auch einem Gentleman gewisse Freiheiten ein.” Dabei schaute er sie so übermütig an, dass Georgie lachen musste.
Jesmond führte sie in den neu angelegten Kräutergarten. “Setzen wir uns auf die Mauer, während Sie mir erzählen, was so wichtig ist, dass Sie sich in die Höhle des Löwen gewagt haben?”
“Wie kommen Sie darauf?”, fragte sie verblüfft.
“Mittlerweile habe ich gelernt, in Ihrem Gesicht zu lesen, Mrs Georgie. Genau wie Sie in meinem!”
“Wie konnten Sie annehmen, dass ich nicht von Ihrem Anblick geschockt war?”
Er nahm ihre Hand in seine schmutzige und küsste ihre Fingerspitzen. “Weil Sie nicht so leicht zu schockieren sind und weil Sie auch nicht im Dorf ausposaunen, dass Mr Fitzroy selbst den Handwerker spielt.” Ihr Mienenspiel verriet ihm, dass er recht hatte. “Also, was führt Sie her? Sicher etwas sehr Wichtiges.”
“Ja”, gestand Georgie leise. “Woher wissen Sie das?”
“Aus Ihrem Äußeren, Ihrem Auftreten, Ihrem ernsten Gesicht – ich weiß es einfach.”
“Sie können Gedanken lesen?”, fragte sie verlegen lachend.
“Manchmal. Und nun erzählen Sie, was Ihnen Sorgen macht?”
Es war gar nicht so schwierig, ihm Caros traurige Geschichte zu erzählen, wie Georgie befürchtet hatte. Jesmond hörte aufmerksam zu. “Weder Caro noch Garth haben eine Ahnung, wie es nun weitergehen soll”, schloss Georgie ihren Bericht. “Ich bin der Meinung, dass man einen unabhängigen Gutachter zurate ziehen sollte. Vielleicht gibt es doch eine Lösung, Caros Vermögen zu retten. Aus einer Reihe von Gründen widerstrebt es mir, Mr Crane mit dieser Aufgabe zu betrauen. Außer Ihnen kenne ich in Netherton niemanden, mit dem ich über diese Angelegenheit sprechen könnte. Wenn Sie meine Bitte aber für unzumutbar halten, dann sagen Sie es freiheraus – ich
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