Sie sind mein Glücksstern, Georgina (German Edition)
auch gedacht, dass dieser zurückhaltende, besonnene Jesmond Fitzroy so aggressiv werden könnte?
“Zu Ihrer Information”, sagte Jesmond fast freundlich – wieder ganz der Mann, den Garth Manning und die Nethertoner kennengelernt hatten. “Diese Leute vermuten Umstürzler hinter jeder Straßenecke und unter jedem Bett. Ich plane bestimmt keine Verschwörung – weder jetzt noch in Zukunft. Und nun hören Sie mir genau zu. Sie werden mit niemandem darüber sprechen, was sich heute Abend ereignet hat. Diesem Tölpel Beauchamp werden Sie weiter berichten, aber ich werde Ihnen sagen, was Sie zu schreiben haben. Morgen informieren Sie ihn, dass ich ganz aufgeregt bin, da ich am Wochenende nach London reisen muss. Ach ja, und dass ich eine kleine Meinungsverschiedenheit mit Dr. Maynard Shaw hatte – das wird sie ins Grübeln bringen.”
“Ich schreibe alles, was Sie wollen.”
Jesmond trat zurück. “Sollte ich herausfinden, dass Sie Ihren Mund nicht gehalten haben, dann Gnade Ihnen Gott! Das ist keine leere Drohung, Manning!”
“Selbstverständlich, Fitzroy. Ich habe wirklich nichts gegen Sie persönlich. Verstehen Sie doch, ich bin nur in diese unselige Angelegenheit verwickelt worden, weil man mir drohte, mich zu ruinieren.”
Jesmond grinste ihn zornig an. “Ich habe aber eine Menge gegen Sie persönlich. Vergessen Sie das nicht, Manning. Und noch etwas. Lassen Sie Mrs Herron in Ruhe. Sollte ich erfahren, dass Sie sie belästigen, mache ich Hackfleisch aus Ihnen.”
Verängstigt und unsicher ging Garth Manning ein paar Schritte zurück. “Kann ich jetzt gehen?”
“Scheren Sie sich fort!” Jesmond beobachtete ihn, bis er die Straße wieder erreicht hatte. Er musste lachen. Manning die Wahrheit zu entlocken, war leichter gewesen als erwartet. Obendrein hatte er noch erreicht, dass der Kerl Mrs Herron nicht mehr belästigen würde.
Am folgenden Morgen beim Frühstück hörte Georgie nur mit halbem Ohr zu, was Caro an Nethertoner Klatsch zu berichten hatte. “Mr Fitzroy reist morgen früh nach London, um seinen Schneider aufzusuchen. Wusstest du das, Georgie?”
“Ja, ich glaube, er hat es erwähnt, als er mich von den Firths nach Hause kutschierte.”
Garth saß den beiden Frauen gegenüber und trank mit leidender Miene seinen Kaffee. Mit fispelnder Stimme hatte er ihnen erklärt, dass er schlimme Halsschmerzen habe.
“Soll ich den Arzt rufen, Garth?”, fragte Caro besorgt.
“Nein, nein!”, weigerte sich Garth. Die Würgemale an seinem Hals würde ein halbwegs fähiger Arzt sofort als solche identifizieren. “Nicht nötig. Lass mich einfach in Ruhe.”
Seine Stimme klang so verzweifelt, dass Georgie interessiert aufschaute. Sofort regte sich ihr Mitleid. “Caro hat recht, Sie sehen wirklich blass und krank aus.”
“Ich gehe wohl besser auf mein Zimmer”, krächzte Manning und stand auf, um weiteren Fragen seiner fürsorglichen Verwandten aus dem Weg zu gehen.
Sobald ihr Bruder die Tür hinter sich geschlossen hatte, sagte Caro bekümmert: “Ich habe das Gefühl, ihn bedrückt etwas anderes als eine Halsentzündung. Er war immer so unbekümmert, aber in letzter Zeit kommt er mir richtig gehetzt vor.”
Im Stillen musste Georgie ihrer Schwägerin recht geben: Es war schon seltsam, dass der sonst so verzärtelte Garth sich weigerte, einen Arzt zu konsultieren. Gar zu gerne hätte Georgie Fitz’ Meinung dazu gehört.
Nachdem Jesmond die frische Landluft genossen hatte, fiel ihm umso mehr auf, wie schmutzig es in London war. Der Gestank der Themse, die überfüllten Straßen hatten ihn früher, als er selbst noch in London lebte, nie gestört. Dazu kam in diesem Sommer noch, dass der Mob, der Königin Caroline unterstützte, auf Londons Straßen sein Unwesen trieb, Kutschen anhielt und die Insassen bedrohte, wenn sie nicht in den Ruf “Lang lebe die Königin!” einfielen. Es war bereits so weit gekommen, dass der Duke of Wellington dem Innenminister Lord Sidmouth bewaffneten Geleitschutz hatte stellen müssen.
Sein erster Weg führte Jesmond zu Ben Wolfe, denn eigentlich war es eine Nachricht von ihm gewesen, die ihn zu der Reise veranlasst hatte.
“Deine Vermutung war richtig”, sagte Ben, nachdem man sich begrüßt hatte. “Smythe hat alle Schuldscheine und Wechsel des Bankiers Bowlby aufgekauft. Wie verabredet bin ich als Ihr Mittelsmann aufgetreten, und Smythe war überglücklich, Bowlbys Papiere wieder loszuwerden.” Der Preis, den Ben gezahlt hatte, war so gering, dass
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