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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Strümpfe. Ah, und sein Hemd. Nicht einen Flecken hat er drauf. Ganz natürlich, daß solch ein Genosse eine wichtige Stellung hat!
    Die beiden Bauern überlegten kurz, straffen sich dann und hoben stumm die Faust zum Gruß. Was bei der Maifeier gut ist, kann auch hier nicht falsch sein! Schaden kann's auf keinen Fall, es macht immer einen guten Eindruck. Dann warteten sie ab, was der vornehme Genosse antworten würde, aber da Duskow schwieg und sie nur mit angezogenem Kinn musterte, wurde es ihnen warm unter den Haaren.
    »Na?« fragte Duskow endlich. Die Bauern zuckten zusammen, als habe man ihnen mit einem Peitschenhieb zwischen die Beine gezielt.
    »Alles für das Vaterland!« sagte der linke und grinste verhalten. Das klang gut, das konnte man keinem übelnehmen. Der rechte beeilte sich, den gleichen guten Wind abzulassen, und rief mit heller Greisenstimme: »Wir werden siegen!«
    Duskow nickte verhalten. »Ich habe nichts anderes erwartet«, sagte er mit strenger Miene. »Aber was soll das hier? Was habt ihr anzubieten?«
    Die beiden Bauern schielten sich an und waren sich einig. Ein guter Mensch ist er, man kann mit ihm sprechen. Auch an einem Inspektor nagt die schlimme Zeit, vor allem bei einem so schweren Amt. Man muß herumfahren und in alle Tröge schnüffeln, ob auch alles – wie befohlen – abgeliefert wird und nicht doch noch ein Kälbchen in einem verborgenen Stall quäkt. Muß ausrechnen, wieviel Gemüse ein Feld trägt, und ackert sich durch Listen durch, die beim Dorfsowjet in einem verschlossenen blechbeschlagenen Schrank liegen, den Kusma Mrychin stolz Tresor nennt.
    »Wenn wir helfen können …«, sagte der linke und kratzte seine Nase. Helfen ist ein umfassender Begriff, man kann sich alles darunter vorstellen, es ist ein höflicher Antrag und riecht nicht nach Beeinflussung. Ausgesprochen menschenfreundlich klingt es.
    Duskow erkannte die Situation sofort und atmete innerlich auf. »Wie wollt ihr helfen?« fragte er mit harter Stimme zurück. »Vorschläge, Genossen!«
    Eine mistige Aufforderung war das! Vorschläge. Das mußte reiflich überlegt werden, denn bot man ihm zuwenig, verschärfte der Genosse Inspektor die Kontrollen, weil man ihn beleidigt hatte – bot man zuviel, konnte das den gleichen bösen Eindruck hinterlassen. Aha, würde der Inspektor sich denken, so reich sind sie also? Soviel haben sie beiseite geschafft! Können bieten wie die großen Sowchosen, wo die Natschalniks im Fettopf sitzen und jeden, der sie kontrolliert, dick einreiben können.
    »Bestimmen Sie, Genosse!« sagte der rechte. »Wenn es uns möglich ist.«
    »Ich brauche ein Fahrzeug!« sagte Duskow finster. Die Bauern glotzten ihn an, als habe er sie bespuckt. Das Mütterchen wackelte mit dem Kopf und setzte sich auf die Ofenbank. Ein Fahrzeug? Was, ihr lieben Seelen, versteht er unter einem Fahrzeug? Einen Traktor etwa? Er weiß doch, daß wir die Traktoren von der Kolchose gestellt bekommen. Alle Maschinen, die Mähdrescher, die Rübenköpfer, die Kartoffelernter. Ist doch alles zentralisiert, Genosse.
    »Ein Fahrzeug!« Der linke Bauer nickte schwer. »Wieso?«
    »Wieso? Frage ich, wieso in abgedeckten Gruben unsichtbare Schweine leben? Frage ich, wie seltsam sich bei euch die Hühner vermehren, obwohl es eine genau Brütequote gibt? Wieso? Ha!« Duskow hieb mit der Faust auf den Tisch.
    Das Mütterchen zog den Kopf ein und schnuffelte erregt vor sich hin. Er weiß einfach alles, stellte sie mit Bedrückung fest. Wie konnte man versuchen, ihn zu täuschen? Gebt ihm ein Fahrzeug, Brüderchen!
    »Wir haben nur einen Rübenwagen hier, einen Anhänger!« Der rechte Bauer sah Duskow an, als müsse er um sein Leben betteln. »Aber man könnte eine Kuh davorspannen. Gewiß, das ist möglich. Mit Stricken kann man sie vorbinden. Das letzte Pferd ist vor sechs Wochen abgeholt worden. An die Front, Genosse! Dabei hatte es nur ein Auge. Aber der Genosse Offizier sagte: ›Es soll ja nicht auf Spähtrupp gehen, sondern einen Karren ziehen!‹ Und weg war er. Wenn eine Kuh genügt …«
    »Es ist so«, sagte Duskow, milder gestimmt, und die Bauern hörten es mit Zufriedenheit, »daß das Auto, das mich hierher gebracht hat, sofort zurück mußte nach Kolschugino, weil noch ein anderer Genosse nach Jurjew-Polsski fahren wollte. Dort haben die Halunken von Bauern drei Rinder geschlachtet, ohne sie anzugeben!«
    Die Bauern nickten voll Mitgefühl. Arme Genossen, dachten sie still. Wird das eine Untersuchung geben!

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