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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Himmel! Wünsche können Sie natürlich äußern, aber sie werden natürlich auf gar keinen Fall erfüllt, weil sie geäußert wurden! Hinter jedem Wunsch steckt eine krumme Hoffnung … Mißtrauische Genossen sind das auf den Ämtern, Fjedor Pantelijewitsch! Man wird Sie also einweisen, wo Sie notwendig sind, vielleicht beim Schienenbau oder an der Moskwa-Regulierung, was weiß ich! Aber bei uns? Wir haben keinen Mangel.«
    »Wir brauchen Einschaler!« sagte Wanda laut. » Vitja – nur einen Vermerk in die Papiere …«
    Skamejkin rollte mit den Augen und seufzte. Wenn ihn jemand weiblichen Geschlechts statt Viktor zärtlich Vitja nannte, klopfte es in seinem Unterleib, und er wurde zugänglicher. Er beugte sich auch jetzt noch einmal über Iwanows Papiere, starrte die vielen Stempel an und traute sich kaum, das imposante Bild durch seine Anmerkung zu verunzieren. Schließlich schrieb er scheu an den Rand: »Wird angefordert für die Baubrigade – Aufbaukombinat III, Moskau Innenstadt, als Betonschaler …«, und schob alles zu Iwanow zurück.
    »Aber zum Arbeitsamt müssen Sie trotzdem!« sagte er sehr dienstlich. »Zement, Sand und Bretter kann man nicht fressen! – Gehen Sie hinaus! Nein, nicht Sie, Iwanow. Sie, Wanda Semjonowna.« Er wartete, bis Wanda zögernd und mit fragenden Augen das Büro verlassen hatte, und winkte dann Iwanow näher an den Tisch. »Saufen Sie?«
    »Sehe ich so aus, Viktor Leontijewitsch?«
    »So war es nicht gemeint. Jeden Monat bekommt die Brigade eine Sonderzuteilung Wodka. Als Anerkennung, daß wir bei Wind und Wetter …« Skamejkin grinste mit seinen schmalen, bleichen Lippen. »Es könnte ja sein, Fedja, daß Sie sich vor Alkohol schütteln! Daß Ihnen der Ekel in der Kehle zuckt! Daß allein der Geruch Sie schwindlig werden läßt. In diesem Fall könnte man sich einigen … Ich möchte nicht, daß Sie uns krank werden.«
    »Jeder die Hälfte, Genosse«, sagte Iwanow und blinzelte Skamejkin wie einem alten Verschwörer zu. »Ich liebe den Duft von Wodka. Aber weil wir uns so gut verstehen: die Hälfte also.«
    »Ich denke, Sie lieben Wandaschka?«
    »Anders als Wodka.«
    »Wie anders? Wie denn?« Der kleine, mickrige, geile Skamejkin beugte sich über den Tisch. »Wie ist das mit ihrer Liebe? Wie macht sie es? Von Freund zu Freund, Fedja: Vertrauen Sie mir eine kleine Einzelheit an …«
    Es kann nicht schaden, dachte Iwanow. Skamejkin hat einen Schlüsselposten inne – so widerlich er ist, so wichtig ist er auch. Eine Kumpanei mit ihm ist wie eine Tarnkappe. In meinem Fall.
    »Sie pustet!« sagte er leise und geheimnisvoll. Skamejkin zuckte im Stuhl zurück. Seine Nase blähte sich.
    »Was tut sie?«
    »Sie pustet! Im richtigen Augenblick spitzt sie die Lippen und bläst einem ins Gesicht. Es ist, als entweiche aus ihr alle Luft.«
    »Phantastisch!« stotterte Skamejkin und wischte sich über die Stirn. »Sie pustet! Man lernt nie aus, Fedja! Ein Rätsel bleiben sie immer, diese Weibchen! Wandaschka pustet, haha! Ich glaube, Genosse Iwanow, wir werden uns gut aneinander gewöhnen.«
    Später fragte Wanda Semjonowna neugierig: »Was wollte er noch von dir?«
    Iwanow machte eine wegwerfende Handbewegung. »Er wollte wissen, ob ich noch gute Papyrossi aus Armeebeständen habe.«
    »Hattest du?«
    »Nur noch drei. Ich habe sie ihm geschenkt.«
    »Das ist gut, Fedja! Das war klug. Jetzt mag er dich leiden!«
    Sie hakte sich bei ihm unter und zog ihn mit. Sie trug schon ihre Maurerkleidung, mörtelbespritzte blaue Hosen, dicke Schuhe, einen Pullover und ein Halstuch. Die Haare hatte sie unter einem Kopftuch verborgen. »Komm mit! Ich zeige dir die Baustelle.«
    »Im Kreml?« Iwanow atmete ganz langsam, obwohl sein Herz heftig zu klopfen begann. »Die Wachen werden mich sofort verhaften!«
    »Dich doch nicht, Fedja! Wir fahren mit einem Materialwagen! Den kennt jeder von den Wachen. Den lassen sie ohne Kontrollen durch.«
    »So einfach ist das?«
    »Hast du gedacht, man muß sich ausziehen und darf nur nackt in den Kreml?« Sie lachte und küßte ihn auf die Backe.
    »So ähnlich.«
    »Aber warum denn? Wegen Stalin? Stalin hat keine Angst!« Sie sah ihn mit plötzlich leuchtenden Augen an. »Stalin ist unverwundbar! Und wir von der Brigade sind seine treuesten Freunde …«
    »Das sind wir!« sagte Iwanow und legte den Arm um Wandas Hüfte. »Bekommt ihr ihn manchmal zu sehen?«
    »Fast jeden Tag! Einmal hat er zu mir ins Gerüst hinaufgerufen: ›Wirst du nicht schwindelig?!‹ Und

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