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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schmalfilmapparat, 16 mm, stand auf einem hohen Bock. Eine große Filmrolle war bereits eingespannt. Die Stalins rauchten, tranken Tee und schwiegen sofort, als Smolka hereinkam.
    »Der erste Auftritt war gut«, sagte Smolka mit Anerkennung in der Stimme. »General Radowskij ist ein guter Freund des Genossen Stalin. Ich glaube, wir haben ihn überzeugen können.« Er trat hinter den Filmapparat und drückte auf einen Knopf. Über die Leinwand flimmerten die Vorspannummern. 5 – 4 – 3 – 2 – 1. Dann erschien das erste Bild: Jubelnde Soldaten. »Stalins Besuch bei einer siegreichen Armee. Eines der seltenen Dokumente, wo sich Stalin frei unter Menschen bewegt. Beobachten Sie seine Bewegungen, seinen Gesichtsausdruck, vor allem seine Haltung beim Gehen und Grüßen. Nachher, in der Zeitlupe sehen Sie es noch einmal in allen Phasen. Die kleinste Variante ist wichtig!«
    Der Film zeigte jetzt Stalin in einem langen Mantel, die Militärmütze auf dem kantigen Schädel. Smolka blickte zur Seite und betrachtete seine drei Doppelgänger.
    Radowskij hat recht, dachte er und zollte sich selbst großen Beifall. Es ist unfaßbar, wie vollkommen sie Stalin gleichen.
    Unheimlich ist es, beim Teufel!
    2. Juli 1944
    Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
    An der mittleren Ostfront setzen unsere tapferen Divisionen den mit überlegenen Kräften angreifenden Sowjets weiterhin hartnäckigen Widerstand entgegen. Im Raum von Ssluzk konnten die Bolschewisten erst nach schweren Kämpfen Boden gewinnen. Der Ort wurde aufgegeben. Bei Ossipowitschi behaupteten unsere Truppen ihre Stellungen gegenüber allen feindlichen Angriffen. Die Kampfgruppen aus dem Raum von Bobruisk haben sich zu unseren Hauptkampfkräften durchgeschlagen. An der mittleren Beresina sind schwere Kämpfe mit den ununterbrochen angreifenden Sowjets im Gange. Im Raum westlich Polozk hält der feindliche Druck an. Südwestlich und südlich Polozk wurden starke feindliche Angriffe abgeschlagen oder in Riegelstellungen aufgefangen …
    Ein guter Gedanke war es gewesen – das zeigte sich jetzt –, daß Milda Ifanowna ihre Wohnung in der Lesnaja uliza Nr. 19 genommen hatte. Auf einer so belebten Straße fiel es nicht auf, wenn einige Männer in ein Haus gingen oder erst an ihm vorbeischlenderten, es interessiert musterten, umkehrten, in den Hausflur blickten und sich dann entschlossen, es zu betreten. Eine Babuschka – ein Großmütterchen, wie man zärtlich die alten Frauen nennt, die zum Straßenfegen angestellt worden sind – kehrte mit einem Reisigbesen den Gehsteig und schob die Schmutzhäufchen in einen aufklappbaren Blechkasten, den sie an einem langen Stiel neben sich herschob.
    Iwanow, immer ein freundlicher Mensch, grüßte sie wie sein eigenes Mütterchen, bevor er das Haus Nr. 19 betrat. Aber im Treppenflur blieb er stehen, lauschte nach oben und benahm sich wie ein sichernder Wolf. Von oben ertönte schwach, aber deutlich Musik. Iwanow war kein großer Kenner von klassischen Werken; wer wie er so schöne weißblonde Locken besaß, unterhielt sich mit weiblichen Wesen auf andere Art. Immerhin ahnte er soviel, daß es sich um Tschaikowskij handeln mußte, und da über längere Passagen hinweg ein Klavier spielte, wohl um ein Klavierkonzert.
    Die Tür flog wieder auf. Iwanow tat, als binde er sich einen Schnürsenkel zu, und wartete. Dann blickte er hoch, als der Mann neben ihm stand. Es war Sepkin.
    Iwanows Herz tat einen Sprung. Er breitete die Arme aus und fiel Sepkin um den Hals. »Peter!« stieß es aus ihm hervor. Sepkin drückte ihm die Hand auf den Mund.
    »Schnauze!«
    »Piotr Mironowitsch …«, stammelte Iwanow. »Du hast es erreicht! Mein Gott, wie freue ich mich.«
    »Gehen wir hinauf zu Milda«, sagte Sepkin. »Wir sind zehn Minuten zu früh, aber das schadet nichts.« Er sah Iwanow an und nickte anerkennend. »Gut siehst du aus. Braun gebrannt.«
    »Ich arbeite in der frischen Luft. Einschalungs- und Gerüst-Brigade. Wir rüsten gerade einen Teil des Großen Kremlpalastes ein.«
    »Meine Gratulation, Fjedor Pantelijewitsch.« Sie faßten sich um die Hüften und stiegen die Treppe hinauf, den Tschaikowskij-Klängen entgegen.
    Milda, die sofort öffnete, begrüßte Iwanow mit einem strahlenden Lächeln. »Unser Blondköpfchen!« sagte sie und zog Iwanow in die Wohnung. »Sieht aus, als wenn er am Schwarzen Meer gefaulenzt hätte! Ihr seid die ersten. Es kommen noch vier …«
    »Vier?« Sepkin blickte Milda fragend an. Sie hob die Schultern

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