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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gleichkommen.«
    »Auch Kälte kann dampfen, nicht wahr, Mildaschka?« fragte Sepkin leichthin. »Ein chemischer Vorgang – man kann sich an Eis verbrennen!« Er spielte damit auf Wolnow an, aber die Kabakowa reagierte nicht darauf.
    Duskow, der das Kommando übernommen hatte, immer in der Hoffnung, Sassonow könne doch noch auftauchen, setzte sich an den Tisch und klopfte mit der Faust auf die Platte. Wie in einem Wirtshaus war's, wo jemand auf den Tisch hämmert, um eine Rede anzukünden. Iwanow setzte sich auf das Sofa, wo Wolnow immer so gern gelegen und Milda bei der Hausarbeit zugesehen hatte, oder wo sie gemeinsam, oftmals mit verschlungenen Gliedern und leidenschaft-heißer Haut, der Musik aus dem Radio gelauscht und mit ihren Körpern gespielt hatten, als seien sie ein neues, alles andere übertönendes Instrument. »Was jeder von uns in der Zwischenzeit getan hat, darüber reden wir später«, sagte Duskow mit großer innerer Spannung. »Sepkin hatte recht, als er den Zeitplan durchbrach und unser Zusammenkommen vorverlegte.«
    »Ich wäre spätestens übermorgen gekommen«, sagte Iwanow. »Ich brauche eine Pistole und einige Handgranaten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß ich Stalin irgendwo im Kreml begegne. Als Mitglied der Baubrigade kann ich mich überall, auch im Sperrgebiet, bewegen. Wir tragen während der Arbeit eine Erkennungsmarke am Rock, die wie ein Passierschein wirkt.«
    »Die Ereignisse an den Fronten sind alarmierend.« Duskow blickte auf seine Hände. »Ich höre jeden Tag vier Rundfunksender: Moskau, Berlin, London und den hiesigen Sender ›Freies Deutschland‹. London und ›Freies Deutschland‹ bringen nach den Nachrichten immer Kommentare von deutschen Generälen, die einer nüchternen Lagebesprechung gleichkommen. Das Bild ist dunkel. Auf breiter Front stoßen die Sowjets vor, Panzerverbände kesseln unsere Truppen ein, beiderseits der Rollbahn zerschneiden Keile unsere Stellungen. Im gesamten Mittelabschnitt sind die deutschen Divisionen auf dem Rückzug. An der Invasionsfront in Frankreich ist es genauso. Rommel gelingt es nicht, die Ausweitung des Brückenkopfes der Alliierten zu verhindern. Überall fehlt es an Divisionen und Material. Der Nachschub ist kläglich, im Vergleich zu dem, was wirklich gebraucht wird. Im Klartext: Die Lage ist beschissen!«
    »Der Gröfaz wird's schon machen!« sagte Petrowskij sarkastisch. »Genies lassen sich von solchen kleinen Widerwärtigkeiten nicht abhalten.« Er betrachtete Mildas runden, in dem engen Rock sehr schmackhaften Hintern, während sie den Wein ausschenkte, den Petrowskij mitgebracht hatte. »Wie soll's nun weitergehen? Wir können Stalin nicht mit einem Honigbrötchen aus dem Kreml locken. Wir müssen warten, bis er seinen Bau verläßt – für eine Truppenparade, wenn er zu seiner Datscha fährt, eine Veranstaltung eröffnet, irgendwo eine öffentliche Rede hält. Er muß uns entgegenkommen. Wir können da gar nichts tun als warten.«
    »Ich kann ihn sehen!« Iwanow schnupperte an dem Weinglas. Es war ein saures Gesöff, das nach vergorenen Heidelbeeren roch. »In den nächsten drei Wochen wird es mir gelingen, Stalin so nahe zu kommen, daß der Anschlag gelingt.«
    Iwanow sagte das einfach, ohne Betonung, so wie man etwas dahinplaudert und auf Interesse hofft. Duskow und Boranow schüttelten gleichzeitig den Kopf.
    »Was ist?« fragte Sepkin. »Iwanow hat wirklich die größten Aussichten.«
    »Nicht allein!« Boranow stellte sein Glas ab, ohne zu trinken. »Der Unsicherheitsfaktor ist zu groß. Wenn Fjedor Pantelijewitsch nicht trifft, werden wir Stalin nie mehr begegnen. Er wird dann keinen Schritt mehr aus dem Kreml tun!«
    »Oder man transportiert ihn in einem Panzerwagen«, sagte der kleine Plejin. »Das hätte man schon jetzt getan, wenn Stalin nicht in einem Panzer von der Platzangst befallen würde, sagt Ljudmila.«
    »Wer ist Ljudmila?« fragte Sepkin.
    »Wir lieben uns. Sie ist Leutnant der Miliz.«
    »Da zuckt dir die Hose um die Lenden!« rief Petrowskij. »Unser Benjamin! Hat ein amtliches Bett erobert!«
    Duskow sah Petrowskij strafend an. Luka Iwanowitsch winkte ab, biß in ein Stück salziger Dauerwurst und kaute mit vollen Backen. »Kyrill Semjonowitsch hat einen guten Gedanken angeschnitten«, sagte Duskow. »Es müßten noch zwei von uns in den Kreml geschleust werden. Fjedor Pantelijewitsch, ist es möglich, daß du für die Baubrigade zwei Freunde empfehlen kannst?«
    Iwanow hob die Schultern. Seine

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